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WÜRZBURG: Heilung bei über 900 Grad

WÜRZBURG

Heilung bei über 900 Grad

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    Porzellandoktor mit Patient: Aus München bekam Earl Erickson dieses Erbstück geschickt. Nach der Behandlung ist von der Bruchstelle bei der Hummelfigur aus dem Jahr 1948 nichts mehr zu sehen.
    Porzellandoktor mit Patient: Aus München bekam Earl Erickson dieses Erbstück geschickt. Nach der Behandlung ist von der Bruchstelle bei der Hummelfigur aus dem Jahr 1948 nichts mehr zu sehen. Foto: Foto: Theresa Müller

    Wie schnell ist es geschehen: Einmal nicht aufgepasst beim Staubwischen oder Putzen, und die von Oma geerbte Tasse oder Porzellanfigur fällt herunter und zerspringt. Wohl dem, der dann einen Porzellandoktor kennt. Ab diesem Montag bietet Earl Erickson in Würzburg seine Dienste als solcher an.

    „Scherben bringen Glück“, grinst der gebürtige US-Amerikaner, „zumindest mir“. Porzellandoktor ist ein beim deutschen Patentamt in München geschützter Begriff, erklärt er. Nur vier Menschen gibt es in Deutschland, die sich offiziell so nennen dürfen. Gelernt hat er sein Handwerk in Bremen, wo der „Doktorvater“ schon seit 1948 praktiziert.

    Mit weißem Kittel steht Earl Erickson in seiner „Praxis“ in der Augustinerstraße und doziert: „Porzellan ist eine Art Keramik, es wird nur bei höheren Temperaturen gebrannt. Porzellan besteht aus Feldspat, Quarz und Kaolin, das feine durchscheinende China Bone hat zudem noch einen Anteil von fünf Prozent Rinderknochenasche. Das gibt ihm die Transparenz.“

    Wer zählt zur Kundschaft? „Nun, wenn ein Stück nicht mehr nachkaufbar ist, es ein Erbstück ist, oder der Neukauf teurer als eine Reparatur wäre, wie zum Beispiel bei Figuren aus Meißner Porzellan oder den beliebten Hummel-Figuren, dann lohnt es sich auf jeden Fall“, erzählt Erickson. „Wenn da nur ein Finger fehlt, würde ich persönlich ihn weglassen“, sagt er. „Aber größere Teile kann man auch nachmodellieren.“

    Bis auf rund 1400 Grad könnte er sein großen, vier Zentner schweren Brennofen erhitzen, eine Reparatur erfolgt aber bei nur etwas über 900 Grad. Gebrauchsgeschirr kann der „Doktor“ auf diese Weise wieder spülmaschinenfest herrichten. „Manchmal, wenn es nur gesprungen ist, muss ich es erst ganz kaputt machen, um die Scherben wieder zusammenfügen zu können“, erklärt er. Was bleibt, ist eine kleiner sichtbarer Strich in der Glasur, aber das „gute Stück“ ist wieder wasserdicht und spülmaschinenfest.

    Was genau beim Brennvorgang vorgeht, und welche Materialien er dazu mischt und mit dem Pinsel auf die Bruchflächen aufträgt, bleibt ein Betriebsgeheimnis. Earl Erickson mischt eigene Farben, schleift mit Werkzeugen aus der Zahntechnik Fehlstellen aus oder erneuert sie mit dem Pinsel oder mittels der Airbrush-Technik. „Das ist natürlich auch immer eine Frage des Preises, ob es das einem wert ist“, sagt er. Wenn ja, dann gibt es ein Tassenreparatur schon für unter 50 Euro.

    Entweder kommen sein Kunden direkt zu ihm oder bestellen einen ersten, unverbindlicher Kostenvoranschlag per E-Mail. „Wichtig beim Versand ist die gute Verpackung, aber am Besten nach dem Schachtel-in-der-Schachtel-Prinzip, sonst verschickt der Kunde zwei Teile und fünf kommen an“, weiß er.

    Bis zu 16 Stunden auf verschiedene Wärmestufen dauert ein Reparaturbrand beim „Porzellandoktor“. Dann aber gibt Erickson sogar eine Garantie: „Die Stücke können zwar selbstverständlich wieder zerbrechen, aber nie an der reparierten Stelle!“

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