Marktgemeinderätin Johanna Schmitt (CSU) ist nicht mehr alleine. Fünf neue Kolleginnen sind dabei, der Frauenanteil damit von sechs auf 35 Prozent gestiegen. Die Hälfte der 16 Räte ist neu, der Randersackerer Gemeinderat auf "U 50" leicht verjüngt. Das Spektrum von weiter fünf Parteien ist für einen 3400-Einwohner-Ort wieder ungewöhnlich hoch, wie auch das Interesse der Bürger, von denen mehr als 50 zur konstituierenden Sitzung gekommen waren. Nicht mehr dabei ist die Lindelbacher Liste. Stattdessen sind neu dabei Bündnis90/Die Grünen – mit einer dreiköpfigen Fraktion.
Die feierliche Abschlusssitzung für die scheidenden acht Marktgemeinderäte entfiel wie überall wegen Corona. Bürgermeister Michael Sedelmayer musste sich vor den umfangreichen Regularien zur Konstitution des neuen Marktgemeinderates kurz fassen – und das, obwohl "103 Jahre Erfahrung, großes Wissen und Besonnenheit zu würdigen" waren. Allein 36 Jahre engagierte sich Dritter Bürgermeister Dr. Peter Rost. Sein Lebenswerk verdiene eine andere Bühne und solle sie auch noch bekommen.
Bürgermeister Michael Sedelmayer verabschiedete Ulrich Schmitt (SPD, 18 Jahre Gemeinderat, glänzte immer mit alten Beschlüssen und Fakten), Bruno Schmitt (CSU, 18 Jahre, stetiger Helfer, immer klare Worte), Hermann Schenk (SPD, zwölf Jahre, der Kümmerer für selbst das kleinste Bürgeranliegen), Andreas König (CSU, zehn Jahre, das wachsame Auge auf die Geldmittel), Zweiter Bürgermeister Oliver Liedtke (Lindelbacher Liste, sechs Jahre, Mitbewerber um das Bürgermeisteramt 2017 und dann professioneller Stellvertreter), Oliver Kuhn (UWG, sechs Jahre, der Brandschutzfachmann) und Roland Marold (ödp, drei Jahre, die ökologische Stimme).
Detlef Aster nachgerückt
Stärkste Fraktion in der neuen Formation mit fünf Sitzen ist die CSU. Bruno Schmitt allerdings konnte sein Mandat nicht antreten. Er nahm die Wahl aus gesundheitlichen Gründen nicht an. Nachgerückt ist Detlef Aster.
Dass zwei stellvertretende Bürgermeister gewählt werden sollten, war keine Frage. Entsprechend ihrer Mandate beanspruchte die CSU das Amt des Zweiten Bürgermeisters und schlug Helga Burkert aus Lindelbach vor. Für die Grünen wurde Stefan Lutz-Simon vorgeschlagen, um die Vielfalt im Gemeinderat hervorzuheben. Unterstützung bekam Burkert von ödp-Fraktionsvorsitzendem Alfred Holl zugesprochen, da sie drei der vier Merkmale des Gremiums erfülle, die sich widerspiegeln sollten: Wohnort Lindelbach, CSU als stärkste Kraft, ökologisch und weiblich. Helga Burkert erhielt zehn, Lutz-Simon 7 Stimmen.
Bei der Wahl des Dritten Bürgermeisters verzichtete Lutz-Simon auf eine Kandidatur zugunsten von Matthias Henneberger (ödp), der mit 15 Stimmen (zwei ungültig) seine bereits zwölf Jahre als Dritter Bürgermeister aufstocken kann. Er wird wie früher schon den Partnerschafts- Kultur- und Sportausschuss leiten.
Drei Stunden Vorberatungen hatten Einigkeit hergestellt für Geschäftsordnung, Entschädigungssatzung, die Zahl, Art und Besetzung der Ausschüsse, die wie bisher arbeiten werden. Eine Wahl erforderte der Rechnungsprüfungsausschuss. Ihn wird Detlef Aster leiten. Die Stellvertreter sind Alfred Holl und Michael Rost. Der Marktgemeinderat Randersacker entschied, auch während der Corona-Pandemie vollzählig weiter in der Sporthalle Sonnenstuhl zu tagen.

Politisches Testament nach 36 JahrenNoch bevor Randersackers Bürgermeister Michael Sedelmayer den ausgeschiedenen Marktgemeinderäten seinen Dank fertig ausgesprochen hatte, war Dr. Peter Rosts Hand hochgeschnellt, um sein "politisches Testament für Randersacker" zu verlesen. Er sei der letzte in diesem Gremium, der noch ein Hakenkreuz in der Geburtsurkunde hatte, begründete er, dass es sinnvoll sei, sich zu erinnern. Und: Er mache sich Sorgen um Deutschland. Rost: "Wir müssen eindeutig Stellung beziehen. Gegen Brandstifter, verbale Mörder, Demokratieverachter , heimliche oder offene Nazis. Wir wehren uns gegen Menschen, die die von uns gewählten Vertreter in der Politik, sowohl der großen Politik wie auch der Kommunalpolitik aufs widerlichste beschimpfen bedrohen und sogar ermorden. Wir sind entsetzt, dass wieder Synagogen angegriffen werden. Wir, die wir Angst um Deutschland haben müssen uns empören. Ich hoffe ,Wir sind noch das Volk'. Empört euch, schweigt nicht!"Rost verabschiedet sich, wie man ihn kennt, mit dem Blick, der über Randersacker hinaus einordnet. Ein "herausragender Mensch", wie Bürgermeister Michael Sedelmayer sagte, der bei "politisch Andersgläubigen stets gefürchtet und doch gleichzeitig sehr hoch geschätzt war". Rost war 36 Jahre lang Marktgemeinderat und zuletzt Dritter Bürgermeister.(co)