Auspuffschläge einer Dampflokomotive waren am Samstag im Maintal zu hören. Für kurze Zeit kehrte Bahnnostalgie ein. Ein Sonderzug machte auf dem Weg von Hanau nach Hersbruck in Ochsenfurt Station, um die Wasservorräte der Lok 01 150 aufzufüllen.
Schon die Nummer lässt die Augen von Eisenbahnfreunden leuchten: Sie ist eine Berühmtheit unter ihresgleichen, eine reife Diva mit 81 Jahren, aber immer noch flott und mit einer bewegten Geschichte – nicht nur, wegen der millionen Kilometer Schienen, die sie unter ihren Rädern hatte.
Das Spektakel am Samstag hatte nur wenige Zuschauer. Denn es war eine geschlossene Gesellschaft, die mit dem Dampfzug in historischen Reisezugwagen unterwegs war. Eingeweiht waren die Fahrdienstleitung und die Feuerwehr, die die Lok mit flüssigem Lebenselixier versorgte.
Maschine glänzt in der Sonne
Mit laut tutendem Signal rollt der Zug von Würzburg kommend auf Gleis 1 in Ochsenfurt ein. Die schwarze Maschine mit ihren roten Radspeichen glänzt in der Herbstsonne. Die Eleganz steht im krassen Kontrast zum längst verkauften Empfangsgebäude, dessen Verfall einen erbärmlichen Eindruck hinterlässt.
Der Zug kommt zum Stehen. Türen klappen auf. Fahrgäste strömen heraus, machen Bilder. Lokführer und Heizer bekommen ein silbernes Tablett mit belegten Brötchen auf den Führerstand gereicht. Feuerwehrleute legen Schläuche aus und kuppeln sie an den Wasserkasten des Tenders an.
Der fasst 34 Kubikmeter. Stolze 32 Kubikmeter füllt die Wehr nach. So hoher Verbrauch wäre auf der bisher zurückgelegten Strecke üblicherweise nicht nötig. Er ist den so genannten Scheinanfahrten geschuldet, die Fotografen und Filmern Volldampf vor die Linse bringen.
Während das Wasser in den Kasten läuft, überprüft der Lokführer Armaturen auf dem Kessel. Dann ertönt der Pfiff und der Ruf „alles einsteigen!“ Das Wasser reicht locker, damit auch die Zaungäste zu Volldampf-Bildern kommen, bevor der Zug in Richtung Marktbreit entschwindet. Bei der Rückfahrt am Abend füllt die Feuerwehr noch einmal Wasser nach. Diesmal reichen zwölf Kubikmeter.
130 Stundenkilometer „schnell“
Die Baureihe 01 wurde in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts für schwere Schnellzüge entwickelt. Rund 2000 PS und eine Spitzengeschwindigkeit von 130 Kilometern pro Stunde waren damals sensationell. Bis zur Elektrifizierung im März 1965 kamen „Nulleinser“ regelmäßig mit Schnellzügen auf der Relation Hamburg-München durch Ochsenfurt.
Die 01 150 wurde 1935 gebaut, nahm im gleichen Jahr schon in Nürnberg an der Parade zur Hundert-Jahr-Feier der Deutschen Eisenbahn teil. Nach dem Krieg war sie bei der DB bis 1973 im Dienst, zuletzt von Hof aus. Danach kaufte sie der Textilunternehmer Seidensticker. 1988 kaufte sie das DB-Museum Nürnberg zurück. Sie wurde betriebsfähig aufgearbeitet und absolvierte Sonderfahrten.
Im Museumsdepot Nürnberg-Gostenhof wurde sie im Oktober 2005 Opfer eines Großbrands, war nur noch ein Haufen verglühten Stahls. Im Ausbesserungswerk Meiningen wurde sie für 700 000 Euro praktisch neu aufgebaut. Ermöglicht wurde dies durch die Eisenbahnstiftung Joachim Schmidt, die Spender und Sponsoren dafür gewinnen konnte. Seit 2013 fährt die Lok unter Regie der Stiftung.