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WÜRZBURG: Hochsaison für Friedhofsgärtner vor Allerheiligen

WÜRZBURG

Hochsaison für Friedhofsgärtner vor Allerheiligen

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    Alle Hände voll zu tun hat Friedhofsgärtner Philipp Ziegler, um rechtzeitig vor Allerheiligen die bestellten Pflanzen auf die Gräber des Hauptfriedhofs zu bringen.
    Alle Hände voll zu tun hat Friedhofsgärtner Philipp Ziegler, um rechtzeitig vor Allerheiligen die bestellten Pflanzen auf die Gräber des Hauptfriedhofs zu bringen. Foto: Fotos: Ivana Biscan

    Kräftiges Grün, feuchte Luft und der Geruch von nassem Gras. Ein leichter Wind weht durch die Baumkronen des Würzburger Hauptfriedhofs. An einigen Plätzen schuften fleißige Arbeiter in dunkelgrünen Overalls und befreien den Grabschmuck von goldgelben Laubblättern, die sich wie ein Teppich über die Blumen gelegt haben.

    Was für einen Plätzchenbäcker die Adventszeit ist, bedeutet für Friedhofsgärtner ohne Frage der Oktober. Kurz vor Allerheiligen ist Hochsaison auf Würzburgs Friedhöfen. Die Grabstätten werden für die Totengedenktage im November hergerichtet und auf den Winter vorbereitet. „Vor Allerheiligen ist die stressigste Zeit überhaupt, da gibt es regelrechte Völkerwanderungen“, sagt Friedhofsgärtner Philipp Ziegler, während er eine Mulde in die Erde gräbt und einen violetten Strauch Heidekraut in den Boden setzt. Um den Farbakzent herum reiht er kleine Wedel aus Zypressen, Kiefern und Nobilistannen. Ein saftiges Grün umhüllt nun ein lila-schimmerndes Blumenbett. Der 34-Jährige bepflanzt, gestaltet und pflegt seit vielen Jahren die Gräber seiner Kunden.

    Pfanzen, die bei Kälte lange durchhalten

    Hinter ihm und seinen Kollegen liegt eine intensive Zeit. Friedhofsgärtner erleben gerade den Ausnahmezustand ihres beruflichen Kalenders. „Die Friedhöfe sind den ganzen Oktober stark durch Gärtner und Fahrzeuge frequentiert“, sagt Christian Weiß, Pressesprecher der Stadt Würzburg. Die Gräber müssen nicht nur für die Feiertage hergerichtet werden. Sie sollten auch dem Winter trotzen und vor Schnecken und Kaninchen geschützt werden. Vor allem aber muss das Erscheinungsbild stimmen. Um das zu gewährleisten, ist viel Kreativität gefragt.

    „Die Kunst ist, Pflanzen zu finden, die bei Kälte lange durchhalten und trotzdem schön aussehen“, sagt Ziegler. Deshalb ist die eigentliche Herausforderung nicht das Bepflanzen an sich, sondern die langfristige Planung. Die Vorbereitung beginnt deshalb schon Monate vor Allerheiligen. „Ich habe jetzt schon die Stiefmütterchen für nächstes Jahr bestellt“, sagt der Gärtner. Die Organisation von Unmengen an Material, welches innerhalb von wenigen Wochen verarbeitet wird, sei logistisch sehr anspruchsvoll. Im jetzigen Endspurt gilt es Ruhe zu bewahren und den Überblick zu behalten.

    Der Juniorchef der Gärtnerei Ziegler kümmert sich zusammen mit seinen Kollegen um die Pflege von mehreren hundert Gräbern. Die Hauptarbeit fällt im Hauptfriedhof in der Martin-Luther-Straße an.

    „Ich kann Ihnen zeigen, wo Sie das Grab finden“, ruft er hilfsbereit einem orientierungslosen Rentner zu. Im selben Moment klingelt sein Handy zum wiederholten Male. „Das geht so den ganzen Tag“, sagt Ziegler.

    Neben seinem arbeiten noch sechs weitere Gärtnereibetriebe auf dem Hauptfriedhof. Sie alle müssen ihre Aufträge bis zum 1. November erledigt haben.

    Viel Betrieb auf den Friedhöfen

    Das christliche Würzburg hat an Allerheiligen besonders viel Betrieb auf den Friedhöfen. Ein rein unterfränkisches Phänomen ist dies aber nicht. „Das gibt es sowohl in Bayern, als auch in ganz Deutschland. Natürlich immer abhängig von der traditionellen Verwurzelung der Menschen in der Region“, erklärt Alexander Helbach von Aeternitas, der bundesweiten Verbraucherinitiative für Bestattungskultur.

    Zum Gedenken ihrer verstorbenen Angehörigen besuchen nun unzählige Menschen die letzten Ruhestätten. Dabei kommen anders als sonst ganze Familien an die Gräber. Klar, dass sich die Friedhöfe besonders herausputzen.

    „Allerheiligen ist der Tag mit den meisten Friedhofsbesuchern, noch vor Heiligabend und den Weihnachtsfeiertagen“, sagt Jörg Freimuth, Geschäftsführer des Bayerischen Gärtnerei-Verbandes.

    Grundsätzlich möchten viele Angehörige bunte Farben in den Gestecken auf den Gräbern sehen. Als Grundlage für Kränze und Gestecke liegen Tannenzweige, Wacholder und Moos im Trend. Bunte Heidekrautgewächse bilden häufig farbliche Akzente. „Es geht dahin, dass in Sachen Grabgestecke die individuellen Kundenwünsche im Vordergrund stehen“, weiß Julia Kätzel vom Bund deutscher Friedhofsgärtner. Demnach gäbe es sowohl Herz- und Engelformen als Grabschmuck, als auch aufwendige oder schlichte Bepflanzungen der Ruhestätten.

    Philipp Ziegler hat im Laufe der Jahre schon vieles erlebt. Ihm ist die Zufriedenheit seiner Kunden wichtig. Deshalb erfüllt er auch immer wieder skurrile Wünsche. „Wir haben auch schon Pflanzen in außergewöhnlichen Farben eingefärbt, wie Heidekrautgewächse in blau, orange und gelb. Und es gibt Angehörige, die pflanzen Salat und Radieschen auf die Gräber“, erinnert sich Ziegler. Schmunzelnd fügt er hinzu: „Auf dem Friedhof passieren schon auch lustige Dinge.“

    Abwechslungsreichr Beruf

    Dass sein Beruf abwechslungsreich ist, versteht er als klaren Vorteil seiner Tätigkeit. Trotzdem steht die Arbeit eines Friedhofsgärtners nicht gerade hoch im Kurs bei jungen Leuten.

    „Das Interesse an der Gartenbaubranche geht generell zurück“, bedauert Ziegler. Dabei sei das Gärtnern ein Beruf, bei dem „man Dinge wachsen und letztendlich Ergebnisse sieht“. Aktuell betreut er eine 16-jährige Auszubildende. Als einziger Betrieb in Würzburg bilden die Zieglers speziell Friedhofsgärtner aus.

    Die Hochsaison vor Allerheiligen und Allerseelen zieht Jahr für Jahr allerdings nicht nur Angehörige der Verstorbenen an. Die prachtvoll bepflanzten Gräber bieten für Diebe gefundenes Fressen. „Auf Friedhöfen wird leider viel geklaut“, weiß Ziegler. Die Gauner würden immer skrupelloser vorgehen. „Ich habe schon erlebt, dass Menschen einfach Blumen von fremden Gräbern gepflückt haben, um sie zum Geburtstag zu verschenken.“

    Kurz vor den Feiertagen erlebt Ziegler auch immer wieder spontane Wünsche seiner Kunden. Das führt nicht selten zu Engpässen beim Material. „Für solche Fälle gibt es dann schon ein paar Tricks“, sagt Ziegler. „Hauptsache, die Menschen sind zufrieden.“

    Und wenn sie zufrieden sind, dann sind es die Friedhofsgärtner auch. Und was macht ein Friedhofsgärtner eigentlich an Allerheiligen? „Endlich mal ausschlafen“, sagt Philipp Ziegler und atmet tief durch.

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