Easy gibt es seit neun Jahren. Es ist ein Kooperationsmodell von Apotheken, die in nicht unerheblichem Umfang auch Drogerieartikel anbieten.
„Easy, groß, grün“ – dieses Marketing funktioniert, sagt Thomas Mühling. Der 52-jährige Apotheker aus Höchberg betreibt die easy-Apotheke in Marktheidenfeld – die einzige zwischen Aschaffenburg und Coburg. Ausgerechnet er bestritt einen Musterprozess, der zumindest für die knapp 100 Apotheken der Easy-Apotheken Holding AG relevant ist. Den Prozess am Verwaltungsgericht Würzburg hat das Landratsamt Würzburg verloren.
Begonnen hatte alles im Jahre 2013. Damals ordnete das Landratsamt Würzburg an, Mühling müsse seine Marktheidenfelder easy-Apotheke umbauen. Die prüfende Pharmazierätin hatte moniert, dass Rezepte erst im hinteren Bereich des Ladens eingelöst werden können. Um dorthin zu gelangen, zum Offizin, wie die Ladentheke im Apotheker-Latein und Juristen-Deutsch genannt wird, müssen Kunden erst einen Slalomlauf durch Drogerie-Regale absolvieren. Die Apothekenbetriebsordnung allerdings schreibt vor, dass „eine Apotheke bereits beim Eintreten als solche erkannt werden und dass der Offizin zur Arzneimittelabgabe und Beratung auf direktem Weg erreicht werden können müsse“. So wird es im Urteil zitiert.
Noch vor dem Prozess hatte Mühling, der in Höchberg die Bavaria-Apotheke nebst Filiale betreibt, reagiert, niedrigere Regale (1,30 Meter hoch) aufgestellt, so dass der Blick auf die Beschriftung „Rezepte – Beratung“ über dem Offizin schon von der Türe aus erkennbar ist. „Das wollten wir ohnedies machen“, räumt Mühling ein. „Regalschluchten sind nicht mehr up to date.“
Das Landratsamt aber bestand darauf, dass es auch einen direkten Weg zum Offizin geben müsse, „eine drei Meter breite Schneise“, so der gebürtige Würzburger, Apotheker in vierter Generation. Dies hätten übrigens alle Landratsämter von allen easy-Apotheken gefordert, führt er aus – allerdings nur die bayerischen. „Barrierefrei“ müsse der Zugang sein, so die Argumentation des Landratsamts. Doch diesen Zahn hat das Gericht den Behörden nun gezogen.
„Wenn unter barrierefrei zu verstehen ist, dass jedes Ziel direkt erreichbar ist, dann müssten viele Behörden und Gerichte auch geschlossen werden“, spottet Mühling im Gespräch mit der Main-Post. Auf diese Argumentation allerdings ließ sich der Würzburger Richter nicht ein. Die freie Sicht auf den so genannten Handverkaufstisch (HV-Tisch), an dem die Kunden fachmännisch beraten werden und Medikamente gegen Rezepte erhalten, reicht aus, entschieden die Richter. Ein „Sichtkorridor“ genüge, ein „Laufkorridor“ sei nicht erforderlich.
Mühling wurde auserkoren, sich gegen den Bescheid des Landratsamts mit einer Klage zu wehren. Die Kosten übernahm die Holding – unterm Strich immerhin um die 20 000 Euro, wie deren Vorstand Lars Horstmann sagt. Alleine wäre ihm das zu teuer gekommen, versichert der Höchberger. Frei verkäufliche Medikamente seien in easy-Apotheken zehn bis 30 Prozent billiger, erläutert Mühling.
Er weiß, wovon er spricht: Betreibt er seine Apotheken in Höchberg doch konventionell. Dort machen rezeptpflichtige Medikamente noch 75 Prozent des Umsatzes aus – in Marktheidenfeld nur 20 Prozent. Jeweils 40 Prozent machen in Marktheidenfeld frei verkäufliche Medikamente beziehungsweise Drogerieartikel aus. Letztere fallen in Höchberg mit fünf Prozent kaum ins Gewicht.
Die günstigeren Preise erreichen die easy-Apotheken durch höheren Umsatz. Laut Horstmann kommen in eine herkömmliche Apotheke im Schnitt täglich 150 Kunden, in easy-Apotheken hingegen „über 400“.