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EIBELSTADT: Im Seelhaus entstehen drei Ferienwohnungen

EIBELSTADT

Im Seelhaus entstehen drei Ferienwohnungen

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    Fest verankert: Der zum Seelhaus gehörende Turm hat endlich wieder ein Dach. Zimmerer Alexander Schmidt schraubt die Balken zusammen.
    Fest verankert: Der zum Seelhaus gehörende Turm hat endlich wieder ein Dach. Zimmerer Alexander Schmidt schraubt die Balken zusammen. Foto: Foto: THOMAS OBERMEIER

    Nach jahrzehntelangem erfolglosem Bemühen um eine Wiederbelebung des heruntergekommenen Anwesens vermelden die Bauherren nun ein „Happy End“.

    Katja und Alfons Deen haben einen Hang zum Historischen. Seit 15 Jahren leben sie in Eibelstadt und verdienen ihr Geld als Vergolderin und Fassmalerin beziehungsweise Restaurator. Als sie sich entschieden, dem Seelhaus wieder Leben einzuhauchen, ahnten sie noch nichts von den ermüdenden Scharmützeln mit dem Landesdenkmalamt, die ihnen bevorstanden. Denn die Denkmalschützer wollten nicht so, wie das Ehepaar aus Eibelstadt wollte.

    „Als wir hier anfingen, war das Gebäude eine Ruine“, erzählt Alfons Deen. Die Fenster fehlten, die Balken hingen herunter. Alfons Deen und seiner Frau, denen die Gemeinde das Anwesen für 60 Jahre kostenlos überließ, schwebte der Bau mehrerer Ferienwohnungen vor. Eine davon befindet sich nun in dem zum Seelhaus gehörenden runden Turm. Dass auf den Turm ein zweites Stockwerk gesetzt und außen eine Treppe angebaut werden durfte, ist den hartnäckigen Nachforschungen von Franz Schicklberger zu verdanken.

    Der Archivar fand heraus, dass es dieses Stockwerk früher auch schon gegeben hatte. Nur war nichts mehr davon übrig, weil viele Generationen zuvor Eibelstädter Bürger die wertvollen Steine aus dem verlassenen Turm entwendet und anderswo verbaut hatten. Diese Selbstbedienung belegt ein gemeindliches Verbot weiteren Diebstahls, das Schicklberger im Archiv entdeckte.

    Auch die vormalige Existenz der überdachten Außentreppe konnte Schicklberger anhand von Bürgermeisterrechnungen nachweisen. „Das Landesdenkmalamt musste seinen vierseitigen Ablehnungsbescheid Punkt für Punkt wieder zurücknehmen“, erzählt Bürgermeister Heinz Koch mit zufriedenem Lächeln. Am 8. August 2011 konnten die Deens mit dem Bau beginnen. In diesem Sommer soll alles fertig sein. Dann befinden sich im Turm und im eigentlichen Seelhaus drei Ferienwohnungen: eine große für vier Personen und zwei kleinere für jeweils zwei Gäste.

    Gäste beherbergte das um 1550 an dieser Stelle erbaute Seelhaus auch in seinen alten Tagen schon. Nur zu ganz anderen Bedingungen. Was Franz Schicklberger über die damaligen Gepflogenheiten erzählt, macht nicht eben Lust auf die „gute alte Zeit“. Im Seelhaus konnte unterkriechen, wer obdachlos oder krank oder beides war. Allerdings nur für 24 Stunden am Stück. Nicht erwünscht war ein Ableben mittelloser und kranker Menschen, denn die Beerdigungskosten blieben in diesem Fall an der Gemeinde hängen.

    Und so entwickelten die Gemeinden am Main im 17. Jahrhundert die unangenehme Angewohnheit, ihre Kranken allabendlich nach Eibelstadt zu karren in der Hoffnung, sie mögen im dortigen Seelhaus das Zeitliche segnen. Hatten diese Unerwünschten die Nacht überstanden, wurden sie alsbald wieder aus Eibelstadt weggeschafft. Wie Franz Schicklberger herausgefunden hat, brachte es ein einziger Fährmann einmal auf 100 solcher „Gebrechenhaftsfuhren“ im Jahr.

    Immerhin konnten die Bürger das Los der Armen mildern, indem sie Geld spendeten. Der eigentliche Zweck dieser Übung war, durch die Spenden das eigene Seelenheil zu sichern – daher der Begriff Seelhaus. Später wurde das Seelhaus mehr und mehr zu einer Unterkunft für bedürftige Familien. Noch nach dem Zweiten Weltkrieg, sagt Heinz Koch, hätten dort hin und wieder Leute gewohnt. Dann aber standen Haus und Turm leer und verfielen. Bevor das Ehepaar Deen die Renovierung des Seelhauses anpackte, hatten sich bereits einige Vorpächter daran versucht. Allerdings verliefen alle diese Versuche im Sande. Nun aber, vermeldet Bürgermeister Koch stolz, verfügt Eibelstadt über ein weiteres Kleinod.

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