Er hat seinen Bass mit im Schlepptau zum Sommerinterview an einem seiner Lieblingsplätze, dem Kranenkai mit Blick auf die Festung. Mit der Letzten Instanz gibt der in Veitshöchheim lebende Michael Ende seit vielen Jahren Vollgas auf deutschen Bühnen, sein Duo Inverted ist indes ein Stück Selbstverwirklichung. Außerdem arbeitet der 47-Jährige als Coach und Musikreferent für den Verband für christliche Popularmusik in Bayern.
Frage: Warum haben Sie diesen Ort hier am Kranenkai ausgewählt?
Michael Ende: Das ist ein Platz, an dem ich gerne bin. Hier am Wasser ist viel los, es herrscht mediterranes Flair. Man kann sich gechillt ein Bier holen oder ein Glas Wein. Der Blick in die Weinberge hoch und zur Festung ist fantastisch.
Fällt Ihnen spontan ein Lied zu diesem Platz ein?
Ende: Bei den heißen Temperaturen kommt mir direkt "Bacardi Feeling" in den Kopf. Aber noch besser passt ein Song, bei dem ich vor zwei Jahren mitgewirkt habe. Der Song heißt "Ein Hoch auf den Sommer" von der Nürnberger Band "Strand der Dinge". Ich habe dazu den Bass gespielt und die Drums bei mir im Studio aufgenommen.
Das heißt, Sie wohnen gerne hier?
Ende: Supergerne. Würzburg hat viel zu bieten: Das Stadtbild ist schön und die Menschen sind aufgeschlossen. Ich komme aus Hof in Oberfranken, da ist es auch ok (lacht), aber hier ist das nochmal eine andere Hausnummer und ein Mehr an Lebensqualität.

Warum gerade Bass?
Ende: Alle anderen Plätze waren schon besetzt (lacht). Ich bin in die Bassistenrolle unbedacht reingeschlittert. Im Alter von 15 wollte ich mit Freunden eine Heavy-Metal-Band gründen und alle wollten E-Gitarre spielen. Dann habe ich mir auf dem Schulhof einen kaputten E-Bass für 40 DM gekauft und ihn repariert. Erst im Laufe der Zeit habe ich gemerkt, auf was ich mich eingelassen habe. Der Bass ist ein sehr spezielles Instrument, er bietet einerseits viele Möglichkeiten, andererseits ist er limitiert.
Wenn es einen Warnhinweis gäbe, mit welchem wäre der Bass versehen?
Ende: 'Vorsicht Spieler: Dieses Instrument wird manchmal nicht ernst genommen, auch wenn es genial ist.' Man unterschätzt, was der Bass in einer Band alles leistet. Manchmal hat man das Gefühl, der Gitarrist zum Beispiel bekommt mehr Applaus als der Bassist. Da kann schon mal Frust enstehen. In meinem Fall habe ich ja noch mein Duo Inverted - da kann ich richtig auspacken, das brauche ich auch.
Welcher Bass-Spieler beeindruckt Sie auch als Solokünstler?
Ende: Momentanes Beispiel für eine weibliche Bass-Koryphäe ist die Polin Kinga Glyk, die auch beim Würzburger Hafensommer gespielt hat. Sie steht für eine Generation moderner Bassisten, die das Instrument aus seiner traditionellen Begleiter-Rolle herausholen.
Auf der einen Seite christliche Popularmusik, auf der anderen Seite Gothic-Rock mit der Letzten Instanz. Wie passt das zusammen?
Ende: Ich sehe da keinen Widerspruch. Die Fans der Letzten Instanz sind ja auch nicht per se unchristlich. Christentum und Gothic-Rock sind vielleicht auf den ersten Blick schwer vereinbar, aber man sollte nie voreilig von Musikgeschmack und Äußerlichkeiten auf das Innenleben eines Menschen schließen. Eine kleine Anekdote habe ich allerdings: Bei meinem allerersten Instanz-Konzert hatte ein Fan in der ersten Reihe ein umgedrehtes Kreuz auf der Stirn. Ich dachte: "Oh je, wo bin ich denn hier gelandet?" Und: Ich bin immer noch dabei.
Sind Sie gläubig?
Ende: Ja, aber als Wochenendarbeiter (lacht) schaffe ich es eher selten mal in die Kirche.
Passiert es Ihnen manchmal auf der Straße, dass Sie erkannt werden?
Ende: Eher weniger. Aber neulich im Zug hat mich eine junge Frau angesprochen, die mir gegenüber saß. Ich hatte zunächst mitverfolgt,wie sie sich mit ihrer mitreisenden Freundin immer mehr über Festivals und die Gothic-Szene unterhielt. Irgendwann hat sie mich dann gefragt, ob ich Bassist bei der Letzten Instanz bin.
Sind Sie privat auch die Rampensau, die Sie auf der Bühne sind?
Ende: Nein, das sind tatsächlich zwei völlig verschiedene Persönlichkeiten. Privat bin ich eher ruhiger. Ich bin ein positiver Mensch, fränkisch aufgeschlossen, niemand, der sich immer sofort in Szene setzt. Und ich mache ungern jemandem seinen Platz streitig.

Welche Werte sind für Sie in Ihrem Leben wichtig?
Ende: Vor allem Aufrichtigkeit, Empathie und Toleranz. Letzeres muss man mit fünf Ausrufezeichen dahinter sagen!!!!!
Sie spielen damit auf die Flüchtlingskrise an?
Ende: Ich finde es übel, wenn es heißt, 'ach die Flüchtlinge wollen alles von uns'. Wir sind mit das reichste Land der Welt - das kriegen wir schon hin. Jeder, der ein Problem damit hat, sollte sich mal in die Lage eines Flüchtlings versetzen. Außerdem sind wir Teil des Problems, indem wir dazu beitragen, dass in den Herkunftsländern schlechte Rahmenbedingungen herrschen, zum Beispiel durch wirtschaftliche Ausbeutung. Integration ist aber wichtig. Hier in Würzburg gibt es eine ganz tolle Musikarbeit mit Flüchtlingen rund um den Musiker und Musiklehrer Jonas Hermes. Das Projekt heißt "Willkommen mit Musik" und Träger ist das Theater am Neunerplatz.
Schafft es Musik Grenzen und Sprachbarrieren zu überwinden?
Ende: Auf jeden Fall, denn Musik verbindet uns auf emotionaler Ebene. Zusammen Musik machen, auch ohne die gleiche Sprache zu sprechen - gar kein Problem.
Was verbindet Sie mit Ihrem berühmten Namensvetter, dem Schriftsteller Michael Ende, der unter anderem Momo und die Unendliche Geschichte geschrieben hat?
Ende: Gibt man bei Google den Namen ein, erscheint zunächst er (grinst), gibt man zusätzlich Bass ein, komme ich ins Spiel. Ich kenne all seine Bücher, bin auch ein wirklicher Fan. Eine lustige Anekdote gab es in der Zeit, als ich in München wohnte. Er lebte in der Nähe von München, jedenfalls rief mich öfter mal die Post an, die ein Paket für den Schriftsteller Michael Ende abzugeben hatte. Einmal hatte ich eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter, dass das Gemälde, für das ich mich interessiere, nun doch verkäuflich sei...
Was ist Ihr Lieblingsurlaubsland?
Ende: Immer da, wo ich als nächstes hinfahre. Speziell im Winter finde ich La Gomera richtig toll. Da ist der Massentourismus zum Glück nicht angekommen, und es gibt eine nette Musikszene. Überhaupt bin ich Fan davon geworden im Winter wegzufahren. Über Weihnachten geht es dieses Jahr nach Thailand.

Wenn Sie auf Tour sind - wie halten Sie sich körperlich und mental fit?
Ende: Ich versuche das Feiern nach den Konzerten auf wenige Gelegenheiten zu bündeln, ansonsten nehme ich mich raus. Es ist schon krass, wenn man jeden Abend hundert Prozent auf der Bühne bringen muss. Da kann ich nachvollziehen, dass es Musiker gibt, die abdriften. Was nicht heißt, dass ich das gut finde.
Ich habe gehört Sie machen auch Yoga, um auf Tour zu entspannen?
Ende: Früher hatte ich meine Yogamatte immer dabei, heute setzt mich das eher unter Druck, jeden Tag noch Yoga einbauen zu müssen. Dann lieber mal spontan zwischendurch eine Asana (Anmerk. d. Red.: Yogaposition). Ich versuche schon vor einer Bandtour vorzubeugen, indem ich mich gesund ernähre und Sport mache. Außerdem: Es gibt Songs mit der Instanz, während denen ich drei Minuten lang nur am Hüpfen bin - da muss ich fit sein.
Musiker und Musikalltag: Wie muss eine Partnerin sein, die mit Ihnen zusammen lebt?
Ende: So wie meine (grinst), auch ein Freak sein, in dem was sie tut und es mit Leidenschaft tun. Dann ist gegenseitiges Verständnis da. Sonst ist es glaube ich schwierig mit einem Musiker zusammen zu sein, denn: Ein Musiker will auf die Bühne, sonst ist er keiner.
Was steht in den nächsten Monaten an?
Ende: Neben verschiedenen Workshops und dem Popimpulstag im Januar 2019 ist das beste Event das 20-jährige Bestehen der Letzten Instanz. Am 13. Oktober gibt es ein großes Jubiläumskonzert in Dresden. Mein Aufruf an die Würzburger: Kommt alle nach Dresden. Mit meinem Duo Inverted habe ich indes große Pläne, nächstes Jahr soll die erste CD erscheinen.
Haben Sie sich selbst ein Alter gesetzt, bis zu dem Sie auf der Bühne stehen wollen?
Ende: Meine Grenze ist 95,5 Jahre (grinst). Spaß beiseite, solange es eben geht. Mit dem Musiker ist es wie mit einem guten Wein: Je älter desto besser.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten für die Zukunft...
Ende: ...wünschte ich mir, dass die Guten gewinnen. Das sind die Toleranten und Weltoffenen, die dafür sorgen, dass Deutschland ein modernes, demokratisches Land bleibt.
Zur Person Der Bassist Michael Ende ist Diplom-Religions-Pädagoge (FH) und Diplom-Musiklehrer mit Studium in Würzburg und Hamburg. Konzerte und Tourneen führten den 47-Jährigen bis nach China und Russland sowie auf große Festivalbühnen wie Wacken, Mera Luna und Summerbreeze. Als Bassist und teilweise als Komponist, Produzent und Tontechniker hat er bei etwa 35 CD- Produktionen mitgewirkt. Er arbeitete live und im Studio für Künstler wie Orange Blue, Leo Sayer, die Nürnberger und Hofer Symphoniker. Mit seiner Band Letzte Instanz erreichte Ende acht Top 40-Platzierungen in den deutschen Albumcharts (z.B. 2016 Platz 4). Er ist Lehrbeauftragter für elektronische Musik, Bandarbeit und mediale Komposition an der Hochschule Ansbach und betreibt ein Gemeinschafts-Tonstudio in Würzburg.
Das Sommerinterview Für unsere Reihe "Sommerinterview" haben wir Prominente aus der Region Würzburg gebeten, sich mit uns an ihrem Lieblingsplatz zu treffen.