„Das war herzlos“, ärgert sich Wolfgang Paul Grimm über eine unliebsame Begegnung samt Knöllchen neulich mit einem städtischen Verkehrsüberwacher. Anlass: die versuchte Einfahrt in die Fußgängerzone. Der 79-Jährige ist schwerbehindert und war wegen einer Verletzung am linken Fuß in Behandlung – beim Facharzt in der Kaiserstraße.
Arztbesuche in der Fußgängerzone, auch für vorrübergehend Gehbehinderte, „das ist für viele ein Problem“, weiß Karl-Heinz Marx, der Behindertenbeauftragte der Stadt. Nicht zuletzt auf seine Initiative hin sollen jetzt am Kardinal-Faulhaber-Platz vier Parkplätze für Gehbehinderte ausgewiesen werden.
Auch Grimm konnte nur mit Krücke laufen, als ihn neulich nachmittags seine Tochter mit dem Auto an der Arztpraxis in der Kaiserstraße absetzen wollte. Wie Grimm schildert, „stoppte uns an der Einmündung Marcusstraße ein Verkehrsüberwacher.“ Der städtische Bedienstete untersagte die Weiterfahrt und habe auf die Frage, was sie jetzt tun sollten, geantwortet, sich notfalls einen anderen Arzt zu suchen. Dann stellte er ein Knöllchen von 20 Euro aus.
„Mir geht es nicht ums Geld“, betont Grimm. „Wir wussten, das wir nicht reinfahren dürfen.“ Ihn ärgert die „Hartherzigkeit“ des städtischen Bediensteten. Der 79-Jährige musste sich dann mühsam mit Krücke und ohne Hilfe zum Arzt schleppen.
Stadt sieht Interessenkonflikt
Vom „allgemeinen Interessenkonflikt in der Fußgängerzone“, weiß auch Georg Wagenbrenner. „Eine sensible Thematik“, erklärt der Rathaussprecher. Dem Wunsch von Menschen mit Behinderung, die Innenstadt bequem mit dem eigenen Auto erreichen zu können, stehe aber das Freihalten der Fußgängerzone entgegen. „Und das wird von Passanten und Geschäftsleuten immer wieder entschieden eingefordert.“
Bei den unregelmäßigen Kontrollen nenne „nahezu jeder einen Grund, warum er gerade jetzt und hier ausnahmsweise in die Fußgängerzone fahren musste“, so Wagenbrenner: „Arztbesuch, das Abholen einer Brille beim Optiker, der Transport von schweren Aktenordnern für die Anwaltskanzlei . . . “ Solche Argumente, die kein Einfahren in der Sperrzeit von 11 bis 18 Uhr rechtfertigten, „werden unseren Außendienstmitarbeitern sehr oft vorgetragen.“ Deshalb lasse sich vielleicht verstehen, falls der Verkehrsüberwacher im geschilderten Fall etwas ruppig oder genervt reagiert haben sollte.
Wer darf denn nun außerhalb besagter Sperrzeit in die Fußgängerzone fahren? Ausnahmegenehmigungen gibt es laut Stadt „in aller Regel nur für städtische Dienstfahrzeuge“. Und natürlich dürfen Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste einfahren – ebenso Taxis mit Krankenfahrten zum Arzt. Ein normaler Schwerbehindertenausweis reicht dagegen nicht.
Eine „Parkerleichterung für Schwerbehinderte“, die auch zur kostenlosen Nutzung eines Behindertenparkplatzes berechtigt, hilft zumindest teilweise. Außerhalb der Sperrzeit – also von 18 bis 11 Uhr – darf man so in die Fußgängerzone fahren und dort auch parken. Rund 4500 dieser Genehmigungen seien im Umlauf, sagt Werner Neun vom Fachbereich Allgemeine Bürgerdienste und „Fußgängerzonenspezialist“ im Rathaus.
Das eigene Auto ist tabu
Ob mit oder ohne diese Genehmigung: Tagsüber, in der Sperrzeit, sind Arztbesuche mit eigenem Auto tabu. Bei besonders schweren Fällen „helfen wir allerdings nach vorheriger Absprache, soweit wir können“, erklärt Neun. Er verweist darauf, dass „wir immerhin zwei Behindertenparkplätze am Rathaus haben“ und etliche andere am Rande der Fußgängerzone.
Das hilft den Leuten, die wie Wolfgang Paul Grimm nur vorrübergehend gehbehindert sind und zum Arzt müssen, wenig. Deshalb werden jetzt auf Antrag des Behindertenbeirats am Kardinal-Faulhaber-Platz vier Parkplätze für Gehbehinderte ausgewiesen. Die Anregung dazu hat dem Behindertenbeauftragtem die Stadt Aurich in Ostfriesland geliefert. „Bei Erfolg kann man das möglicherweise auch an anderen Stellen in Würzburg machen“, sagt Karl-Heinz Marx.
Diese Parkplätze sind rechtlich nicht den offiziellen Behindertenparkplätzen gleichgestellt, sondern ein Angebot wie Frauenparkplätze. Der Benutzer zahlt wie jeder andere Parkgebühren. Außerdem müssen Gehbehinderte hoffen, dass kein Missbrauch mit den Plätzen getrieben wird. „Nach meinen Informationen klappt das aber ganz gut“, sagt Marx.