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"Ja, aber nicht wirklich"

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"Ja, aber nicht wirklich"

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    ... Theologe. Er leitet das evangelische Rudolf-Alexander-Schröder-Bildungszentrum in Würzburg.
    ... Theologe. Er leitet das evangelische Rudolf-Alexander-Schröder-Bildungszentrum in Würzburg. Foto: FOTO THERESA RUPPERT

    E in neues drahtloses Telefon wollte ich mir gönnen. In einem Elektronik-Markt versuchte ich, mich kundig zu machen.

    Etwas ratlos stand ich vor einem üppigen Regal mit Telefonen aller Art. "Kann ich Ihnen helfen?" fragte mich ein junger Angestellter. Erleichtert teilte ich ihm meinen Wunsch mit. Nein, ISDN hätte ich nicht. Halt nur ein schlichtes drahtloses Telefon sei mein Kaufziel. Ob das preiswerte Modell empfehlenswert sei, wollte ich wissen. "Na ja", lautete die zögerliche Antwort. Offene Rückfrage meinerseits: "Kennen Sie sich mit Telefonen aus?" Die spontane Rückmeldung des Jungverkäufers: "Ja, aber nicht wirklich!"

    So war ich - wie in der heutigen Einkaufslandschaft weithin üblich - auf mich zurückgeworfen. Kurz entschlossen entschied ich mich für das Sonderangebot, das bislang seinen Zweck durchaus gut erfüllt.

    Doch jenes "Ja, aber nicht wirklich" lässt mich nicht los. Es ist ein Kürzel für eine ehrlich gemeinte Botschaft, die ausführlich vielleicht so lautet: "Ach je, wir haben hier so viele technische Geräte, dass ich auch keinen genauen Überblick habe. Oberflächlich kenne ich mich aus, aber nicht im Detail. Aber da die Kunden erwarten, dass ich Bescheid wisse, tue ich halt so, als ob."

    Dieser Offenbarungseid des eigenen Nicht-Wissens darf natürlich im Geschäftsleben nicht laut werden, deshalb wohl dieses doppelbödige Kürzel.

    Nicht nur jenem Verkäufer geht es so. Auch sonst im Leben werden von uns Meinungen, Standpunkte und Urteile abverlangt. Und wacker schwadronieren wir dann daher, beziehen uns auf das, was wir irgendwo gelesen und gesehen haben. Diskurse über Politik und Sport, über Gott und die Welt sind gesellschaftliche Pflichtübungen. Nicht zu vergessen die Gespräche über abwesende Mitmenschen, die unermüdlich auf der Skala "gut" oder "schlecht" platziert werden.

    Da muss man schon notgedrungen Stellung beziehen, auch wenn die eigene Informations- und Wissensbasis nur sehr schmal ist. Weiß ich's genau? "Ja, aber nicht wirklich!" Will sagen: ich tue so, als wüsste ich Bescheid, denn es wäre ja blamabel, null Ahnung zu haben. Auch wenn ich nur Blabla von mir gebe: irgendwie muss ich Stellung beziehen, um nicht als Dummkopf dazustehen. Aber wenn ich ganz ehrlich zu mir bin: wie es "wirklich" ist, das weiß ich eigentlich nicht.

    Und die anderen wissen es auch nicht. Also tarnen wir uns, indem wir voreinander so tun, als wüssten wir es. Und als Sieger geht vom Platz, wer sein Nicht-Wissen am besten als Wissen verkaufen kann. Eigentlich schade. Viele Gespräche könnten anders laufen, wenn einer den Mut des alten Sokrates aufbrächte, der von sich bekannte: "Ich weiß, dass ich nichts weiß!"

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