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WÜRZBURG/MWANZA: Jagd auf Albinos am Victoriasee

WÜRZBURG/MWANZA

Jagd auf Albinos am Victoriasee

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    Dass eine schwarze Frau ein hellhäutiges Kind zur Welt bringt, ist in Tansania keine Seltenheit. Das Africa Festival zeigt in diesem Jahr in einer Ausstellung Bilder von Diego Ravier, der Albinos in Afrika fotografierte.
    Dass eine schwarze Frau ein hellhäutiges Kind zur Welt bringt, ist in Tansania keine Seltenheit. Das Africa Festival zeigt in diesem Jahr in einer Ausstellung Bilder von Diego Ravier, der Albinos in Afrika fotografierte. Foto: FOTO Diego Ravier

    Etwa 40 an Albinismus leidende Menschen unterschiedlichen Alters sollen dort in den letzten zwei Jahren ermordet worden sein, berichten Einheimische in Mwanza. Bei Prof. Henning Grossmann, der im „Kilimanjaro Christian Medical Center“ (KCMC) in Moshi unweit von Mwanza Albinos aus der Kilimandjaro-Region betreut, stapeln sich die Zeitungsberichte über Albino-Verfolgungen und Tötungen auf dem Tisch.

    Spricht man mit Tansaniern über dieses Thema, macht sich sofort große Betroffenheit bemerkbar. Die Tansanier sind stolze Menschen und es ist ihnen peinlich mit solchen negativen Ereignissen Schlagzeilen zu machen. Das Thema der Albino-Verfolgung in Tansania wurde unlängst auch in einer deutschen Sonntagszeitung umfangreich behandelt. Dort wurde über einen Fall berichtet, bei dem einem Albino-Mädchen ein Bein und zwei Finger abgehackt wurden.

    Hexen-Doktoren

    Das ist kein Einzelfall. Aberglaube und Hexerei sind in Afrika immer noch weit verbreitet. In der Kilimandjaro-Region zählt die Sukuma-Ethnie zu den größten Volksgruppen und diese gilt als besonders anfällig für die oft bizarren Ansichten der so genannten witch-doctors (Hexendoktoren). Eine davon ist, dass Gliedmaßen von Albinos Reichtum erhalten oder vermehren.

    Oftmals werden auch aus Blut und anderen Körpersäften obskure „Medikamente“ gemixt, denen man besondere Wirkungen, beispielsweise Unsterblichkeit oder Heilung von HIV/Aids, nachsagt. Für Albino-Gliedmaßen und die „Arzneien“ wird viel Geld bezahlt. So sind es oft die Reichen, die im Glauben ihre materielle Situation noch weiter verbessern zu können, den witch-doctors auf den Leim gehen, die sich ihrerseits damit bereichern.

    Schutz und Hilfe

    Auf etwa 2000 Menschen kommt in Tansania ein Albino, schätzt Prof. Grossmann, in Europa ist das Verhältnis 1:20 000. Exaktes Datenmaterial gibt es bis jetzt noch nicht. Eine exakte Erfassung der Albino-Bevölkerung in Tansania soll demnächst erfolgen.

    Der Mediziner, der am KCMC das „Regional Dermatology Training Centre“ (RDTC) leitet, kümmert sich seit 1992 in einem Projekt um den Schutz und die Behandlung von Menschen mit Albinismus.

    Konkrete Maßnahmen

    Man müsse insbesondere im Sukuma-Land den Bildungsstand anheben, so Grossmann, dann sinke auch die Anfälligkeit gegenüber den witchcraft-Methoden. Deshalb schickt das RDTC beispielsweise Theatergruppen mit Albinos in Schulen, die die Albino-Verfolgung darstellen. Das habe schon zu ersten Erfolgen geführt, so Grossmann bei einem Gespräch in Moshi. Weil die breite Masse der tansanischen Bevölkerung keinen Zugang zum Fernsehen besitzt, werden Aufklärungsspots über das Radio verbreitet. Auch die Staatsregierung mit Präsident Kikwete an der Spitze engagiert sich sehr stark. So sind Gesetze geplant, durch die die Albino-Verfolgung drastisch geahndet werden soll.

    Das RDTC kümmert sich in erster Linie um die vorbeugende Maßnahmen zur Vermeidung von Hautkrebs, von dem Albinos häufig befallen werden, wenn sie ungeschützt der afrikanischen Sonne ausgesetzt sind. Eines von vielen Projekten ist die Einrichtung von Schneidereien, in denen Albino-Frauen in geschlossenen Räumen arbeiten können, ohne unter der Sonne zu leiden. Dort nähen sie spezielle Schuluniformen für Albino-Kinder. Die normale Schulkleidung besteht nämlich aus kurzärmeligen Hemden und kurzen Hosen, während die Albinos langärmelige Hemden und lange Hosen benötigen. Außerdem nimmt das RDTC Einfluss auf Lehrer, damit die häufig unter Sehschwächen leidenden Albino-Kinder in der Schule in den vorderen Reihen nahe an der Tafel sitzen dürfen.

    Die Augendefekte der Albinos lassen sich laut Grossmann noch etwas korrigieren, wenn sie rechtzeitig entdeckt und behandelt werden. Auch bei der Behandlung von Hautkrebserkrankungen konnte das RDTC gute Fortgeschrittene verzeichnen. Tumore treten dank frühzeitiger Behandlung im Kilimandjaro-Gebiet nicht mehr auf. Neben der Behandlung kümmert sich das RDTC auch um den Schutz der Albinos, indem beispielsweise die Gründung von Selbsthilfegruppen unterstützt wird.

    Einladung zum Africa Festival

    Bei der Tansania-Reise des Mwanza e. V. im Februar nahmen Mitarbeiter des Africa Festivals Kontakte zum RDTC auf und luden den Leiter des dortigen Albinoprojektes Dr. Alfred Naibury zum diesjährigen Festival ein. Er wird in Würzburg an einem Podiumsgespräch zum Thema Albinismus in Afrika teilnehmen und dabei aus erster Hand über die aktuelle Lage in Tansania berichten.

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