Die Sportgeräte, mit denen junge Männer den Weg vom Gut Gieshügel nach Gerbrunn heruntersausen, sehen aus wie eine Kreuzung aus Gokart und Kinderdreirad. Der Eindruck täuscht nicht.
Das Drift-Trike kommt aus Neuseeland. Die Erfinder haben Kindheitserinnerungen ans gute alte Dreirad ausgebuddelt und daraus einen neuen Sport gemacht. Ziel dabei ist es, so arg wie möglich, mit der Hinterachse zu schliddern, Nervenkitzel inklusive. Gebaut werden die Drift-Trikes von den Fahrern selbst, aus alten Kinder- oder BMX-Fahrrädern. Nach Gerbrunn gekommen ist das Ganze Ende 2012. So wie sich neue Trends heutzutage verbreiten: über You-tube-Filme und soziale Netzwerke, übers Internet eben.
„Der Trick beim Driften ist, bis an den Punkt zu gehen, an dem man die Kontrolle verliert“, sagt Daniel Jelinek (Gerbrunn). Um genau das dann nicht zu tun, dazu gehört Übung. Und die holen sich die Mitglieder der Drift-Trike-Gruppe Würzburg in Gerbrunn, auf der Anliegerstraße zum Gut Gieshügel.
„Wir haben überall geschaut und gesucht. Aber so optimale Bedingungen gibt es sonst nirgendwo“, sagt Martin Sander (Würzburg). Optimal das heißt: abschüssig, nicht zu ruppig, wenig befahren, einigermaßen einsehbar und an den Seiten mit einer „natürlichen Schutzzone“ versehen. „Fliegt man hier von der Straße, landet man halt in der Wiese oder im Bach“, erzählt Jelinek und grinst: „Ist uns beides schon öfter passiert“. Bisher stets folgenlos. „Tatsächlich hatten wir in unserer Gruppe noch nie Verletzte“, sagt Patrik Henig aus Sulzdorf. „Ich glaube, da leben Mountain-Biker gefährlicher“, sagt Sander.
Für das Problem, dass auch auf wenig befahrenen Straßen durchaus Gegenverkehr möglich ist, haben die Triker ebenfalls eine Lösung: „Faust in die Höhe“, zeigt Jelink, „heißt für die Nachfahrenden: ,Achtung Gegenverkehr!‘“ Am Gieshügel hätten sie noch nie Probleme mit anderen Verkehrsteilnehmern gehabt, sagt er. Im Gegenteil: „Wenn die Leute uns sehen, freuen sie sich und fragen neugierig, was wir da machen.“ Trotzdem überlegt die Gruppe, künftig vielleicht Hinweisschilder oder Tafeln am Beginn der Strecke aufzustellen. Auch Bürgermeister Stefan Wolfshörndl sieht die Sache entspannt. „Die Zufahrt zum Gut Gieshügel ist keine offizielle Straße, sondern ein landwirtschaftlich genutzter Weg.“ Wenn dort durchschnittlich einmal im Monat die Triker ihren Spaß haben, sehe er da keine Probleme.
„Drift-Trikes haben keine Bremse.“
Daniel Jelinek, Drift-Triker
„Vor allem auch, weil sich die jungen Männer und Frauen trotz aller Freude am Risiko sehr umsichtig verhalten und versuchen, möglichst niemanden zu stören“. Würden sich die Aktivitäten der Drift-Triker allerdings verstärken, müsse man seitens der Gemeinde schon über klare Regelungen für die Abfahrten nachdenken.
Noch ist das nicht der Fall, noch bringt es die Gruppe meist nur auf ein Event pro Monat. Das allerdings Sommer wie Winter. „Klar, Eis und Schnee sind doch das Beste, was uns passieren kann: Je weniger Grip, umso besser.“ Wie Martin Sander das sagt, klingt es fast wie ein Credo.
Damit das Hin- und Herdriften bei bis zu 50 Stundenkilometern so richtig gut gelingt, ziehen die Triker abgeschnittene, glatte Plastikrohre über die Räder. Anfangs waren das Räder von Sackkarren, mittlerweile sind die meisten auf Gokart-Reifen umgestiegen. Die PVC-Rohre haben dafür genau die richtige Größe, „als seien sie extra dafür gemacht“, sagt Jelinek.
Auch wenn der Nervenkitzel, an die Grenze zu gehen, für alle dazugehört, sind sie vernünftig genug, sich zu schützen. Ohne Helm geht gar nichts. Auch Handschuhe und Schienbeinschoner oder „Brustpanzer“ wie fürs Mountain-Bike tragen manche. Ganz wichtig: feste Schuhe. Denn: „Drift-Trikes haben keine Bremse“. Gebremst wird mit den Schuhen, nicht anders als es Mütter von kleinen Bobby-Car-Rennfahrern kennen. Gelenkt hauptsächlich durch Gewichtsverlagerung.
Kaufen kann man Drift-Trikes für etwa 800 Euro auch. „Viel zu teuer“, findet nicht nur „Mutzi“ alias Matthias aus Eibelstadt. Denn eigentlich ist ja nichts dran an den Gefährten. „Jeder, der ein bisschen mit Schweißgerät und Flex umgehen kann, kriegt das hin,“ ist Henig überzeugt. Die Sitze kommen meist aus dem schwedischen Möbelhaus, wobei ergonomisch geformte sich besser bewährt haben, als gerade. „Da sitzt man dann gerne plötzlich mal auf der Straße“, so Jelineks Erfahrungen.
Neulinge und Interessenten sind immer gerne gesehen. Die Kommunikation läuft beinahe ausschließlich über Facebook. Weibliche Drifter gibt es derzeit drei in der Gruppe. Altersmäßig bewegen sich alle zwischen 17 und 40 Jahren und kommen aus ganz Unterfranken. Zum Ausprobieren nutzen sie ein Tandem-Trike. „Da haben wir unsere Mütter schon reingesetzt“, erzählt Jelinek. „Die hatten echt großen Spaß dabei“, versichert er. Scheint wahr zu sein, denn Jelineks Mutter schaut gerade vorbei – und würde am liebsten sofort wieder einsteigen.
Internet: www.facebook.com/ DriftTrikeWuerzburg und youtube-Kanal: Drift Trike-Würzburg