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WÜRZBURG: Kandidat Berthold Haustein: Der FDP-Youngster gibt sich gelassen

WÜRZBURG

Kandidat Berthold Haustein: Der FDP-Youngster gibt sich gelassen

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    „Politiker schielen zu sehr auf die Medien“: Jurist Bertold Haustein kandidiert trotzdem.
    „Politiker schielen zu sehr auf die Medien“: Jurist Bertold Haustein kandidiert trotzdem. Foto: Foto: Norbert Schwarzott

    „Es ist schon ein merkwürdiges Gefühl, sich selbst auf einem Wahlplakat zu sehen.“ Für Berthold Haustein ist öffentlicher Wahlkampf in eigener Sache Neuland. Der 23-jährige tritt als Direktkandidat der FDP zur Landtagswahl für den Stimmkreis Würzburg-Stadt an. Und ist überzeugt davon, dass die Liberalen „sehr sicher wieder in den Landtag kommen“. Möglicherweise auch er selbst, denn Haustein steht hinter dem Abgeordneten Karsten Klein aus Aschaffenburg auf Platz 2 der unterfränkischen FDP-Liste. Von einem Gewinn des Direktmandats gegen den großen Favoriten Oliver Jörg (CSU) geht er nicht aus.

    Bleibt die Chance über die Liste. „Hauptsache, die Liberalen der Region stellen künftig einen zweiten Vertreter im Maximilianeum, das muss nicht ich sein“, spricht er einen typischen Politikersatz, wonach es immer nur um Sache und Partei und weniger um die Person gehe.

    Beim Journalistengespräch in sommerlicher Sonne vor dem Uni-Café räumt der Jung-Jurist – nach kürzlich bestandenem Staatsexamen ist Haustein wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Würzburger Uni – aber ein, dass die Partei ihn natürlich nicht zur Kandidatur schieben musste: „Ich bewerbe mich, ich möchte das Ganze machen“, sagt Haustein, der schon in noch jüngeren Jahren politisch interessiert und aktiv war – vergangenes Jahr wurde er bundesweit jüngster FDP-Kreischef.

    Angefangen hat's in Jena, wo der gebürtige Göttinger aufwuchs. Schon dort engagierte er sich schulpolitisch, in Würzburg später hochschulpolitisch. 2005 trat er den Jungen Liberalen bei, wo er unter anderem Bundesarbeitskreisleiter für Innen- und Rechtspolitik ist, ein Jahr später wurde er FDP-Mitglied. Warum gerade die Liberalen? „Weil sie das Spannungsfeld zwischen gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Freiheit gut kombinieren und dabei immer die Bürgerrechte im Blick haben.“

    Dass es keine Netzsperren und die Vorratsdatenspeicherung gebe und Teile der Antiterrorgesetze zurückgenommen wurden, daran habe schließlich die FDP maßgeblich mitgewirkt. Ebenso an Steuererleichterungen sowie am von Landeschef Horst Seehofer verkündeten Schuldenabbau. „Wir waren es doch, die die CSU damit genervt und ums Einsparen eines jeden Euro gekämpft haben“, sagt Haustein. Selbstbewusst ergänzt er: „Die gute Haushaltslage in Bayern geht zu einem überwiegenden Teil auf das Konto der FDP.“

    Die liberale Partei sei beileibe nicht nur Mehrheitsbeschaffer oder ein Anhängsel der CSU-Regierung. Im Gegenteil, man habe zu mehr Demokratisierung in Bayern beigetragen. Einen großen Fehler habe die FDP allerdings gemacht: „Wir haben die eigene Arbeit oft schlecht verkauft.“

    Nach Jahren der schlechten Stimmung und Personaldiskussionen bei den Liberalen macht Haustein eine Trendwende aus. „Das dreht sich. Ich muss nicht mehr Häme und Spott ertragen, nur weil ich bei der FDP bin.“ Viele Leute bemerkten mittlerweile das „eigenständige Parteiprogramm“, auch steige die Mitgliederzahl, rund 150 sind es in Würzburg.

    Seine politischen Ziele? Vor allem „Bildung, Bildung und Bildung“, was nicht zuletzt den Fortbestand des mehrgliedrigen Schulsystems bedeute. „Wozu eine Einheitsschule, es gibt schließlich auch keine Einheitskinder?“ Zudem ist Haustein der Schuldenabbau bei den Kommunen ein Anliegen. In diesem Zusammenhang merkt er an, dass Würzburgs Defizit teils auch hausgemacht sei. Hier werde viel zu viel Geld für die Planung von Projekten ausgegeben, die dann doch nicht verwirklicht werden. „Allein bei der Frankenhalle hat das Dimensionen angenommen, als ginge es um die Oper von Sydney.“

    Und wie will der Jungliberale, der 2008 nach Würzburg kam, seine Botschaft an die Wählerin und den Wähler bringen? „Vor allem über den Wahlkampf vor Ort, auf der Straße. Infostände und das Gespräch mit den Leuten sind das A und O.“ Ihm ist klar, dass er sich als Neuling im Kandidatenkarussell bekannter machen muss als manch Etablierter. Dabei sollen Auftritte mit FDP-Promis wie Sabine Leutheuser-Schnarrenberger und Wolfgang Kubicki helfen.

    Der Youngster baut nicht zuletzt auch auf die Jungen. Es gebe bei ihnen nicht die häufig zitierte Politikverdrossenheit: „Die Mehrheit der jungen Leute hat ein gutes demokratisches Bewusstsein.“ Aber: „Sie engagieren sich lieber in Bürgerinitiativen als in Parteien.“ Schuld daran seien die Parteien und Politiker selbst. Sie schafften es häufig nicht, komplizierte Sachverhalte verständlich rüberzubringen, schielten zu ängstlich auf die Wirkung in den Medien.

    Und Haustein selbst? „Ich bin relativ unverkrampft, auch wenn es mit dem Landtag nicht klappen sollte“, sagt er im eineinhalbstündigen Pressegespräch. Ist er wirklich so gelassen, wie er sich gibt? Das ist wohl wie bei jedem Politiker: eine Glaubensfrage. Jedenfalls kommt der Obama-Fan locker, offen, selbstbewusst und bisweilen auch witzig „rüber“. Was ja nicht jeder hinkriegt.

    Kandidaten-Check

    Die drei wichtigsten Themen der Region in der nächsten Legislaturperiode?

    1. Die Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft unterfrankenweit, um die Region als Standort für innovative Unternehmen attraktiv zu halten. 2. Bildung, Bildung und Bildung: Der Erhalt der Vielseitigkeit der Schullandschaft gerade auch im ländlichen Raum.

    3. Nachhaltige Politik: Abbau von kommunalen Schulden (besonders in Würzburg), um kommenden Generationen politische Spielräume zu erhalten.

    Ein Politiker, den Sie bewundern? Immer noch, trotz allem: Barack Obama. Weil er Menschen für Politik begeistern kann und ihr Interesse an Politik weckt.

    Wie weckt man bei jungen Menschen Interesse an Politik?
    Indem man sich selber darüber im Klaren ist, dass Politik vor allem ihr Leben und die Zukunft betrifft – und das dann möglichst phrasenfrei erklärt.

    Wie überzeugen Sie einen Nichtwähler?
    Indem ich versuche mit ihm über die Alternativen zur Demokratie zu reden und dann darüber, was am politischen System in Deutschland besser werden kann und muss.

    Woher kommt Politikverdrossenheit?
    Ich glaube nicht an Politikverdrossenheit (Gerade nicht bei jungen Menschen!). Es gibt Parteienverdrossenheit und daran sind die deutschen Parteien allesamt mit schuld: Sie erklären ihre politischen Ziele zu schlecht.

    Ein politischer Gegner, den Sie besonders schätzen?
    Ich bewundere Gregor Gysi für seine klare Art über Politik zu reden, auch wenn ich quasi nie seine Meinung teile.

    Sie machen Politik, weil . . . … ich nicht nur zugucken will, sondern mich und meine Meinung einbringen.

    Heimat ist für Sie . . . … mehr ein Gefühl als ein Ort. Ich hab dieses Gefühl zum Beispiel, wenn ich in Würzburg am Bahnhof aussteige, trotz des Bahnhofes.

    Drei Dinge, die Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?
    Sonnencreme, gutes Buch, am wichtigsten wäre aber das Rückflugticket!

    Ihr schönster Moment bislang in diesem Jahr?
    Es gab da einen Brief, in dem stand, dass ich mein Studium erfolgreich abgeschlossen habe. Darüber habe ich mich schon sehr gefreut.

    Was können Sie richtig gut?
    Ich bilde mir ein, dass ich relativ gut kochen kann.

    Was sollten Sie besser lassen?
    Die Finger vom Baum im Kiliani-Festzelt.

    Wo findet man Sie im Urlaub?
    Wo das Meer nicht weit ist. Gerne auch direkt auf dem Meer, unter Segel und mit etwas Schräglage.

    Steckbrief

    Alter: 23

    Beruf: Jurist an der Uni Würzburg

    Ausbildung: Studium der Rechtswissenschaft in Würzburg

    Familienstand: ledig

    Geburtsort: Göttingen

    Wohnort: Würzburg

    In der FDP seit: 2006

    Politische Ämter: Kreisvorsitzender der FDP Würzburg

    Lieblingsessen: Lamm, Bohnen, Kartoffelgratin, Rotwein (sehr bürgerlich, ich weiß)

    Lieblingsmusik: Es gibt fast keine Musik, für die ich mich nicht begeistern kann.

    Lieblingsbuch: Italo Svevo, Zeno Cosini

    Lieblingsfilm: Aktuell: Dame, König, Ass, Spion mit Gary Oldman und Benedict Cumberbatch

    Lieblingsplatz/-ort in der Region: Die alte Mainbrücke

    Lieblingssport: Volleyball

    Lebensmotto: Ist von Samuel Beckett: Ever tried, ever failed, no matter. Try again, fail again, fail better.

    Wenn Sie die Wahl hätten … Weißwurst oder Blaue Zipfel: Weißwurst Münchner Bier oder Frankenwein: Frankenwein

    FC Bayern oder „Der Glubb“: Ich gönn‘ den Bayern das Triple und dem Club jeden Sieg, solange es nicht gegen Hannover 96 geht.

    Karl Valentin oder Erwin Pelzig: Karl Valentin („Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit.“)

    Neuschwanstein oder Residenz: Eindeutig die Residenz

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