Die Angeklagte mit den langen, blonden Haaren ist langjährige „Kundin“ der Justiz. Fahren ohne Führerschein, Betrug, verbotene Prostitution – die Liste ihrer Straftaten ist lang. 15 Verurteilungen hat sie seit 1990 kassiert, im Gefängnis saß sie auch schon. Nun hat eine unscheinbare Zeitungsannonce, mit der die 49-Jährige ihre Liebesdienste offeriert hat, sie wieder vor den Kadi gebracht.
Es meldete sich ein Interessent, sie bestellte ihn zu einer Apotheke auf dem Heuchelhof und lotste ihn mit dem Handy in ihre bereits schummrig verdunkelte Wohnung. Hier wurde erst mal verhandelt. 95 Euro Stundenlohn wollte die Frau von dem Freier. Aber statt der Scheine zückte der Mann seinen Ausweis und stellte sich als Polizeihauptkommissar vor.
Zwar ist Prostitution in Würzburg nicht verboten. Aber halt auch nicht überall in der Stadt erlaubt. Wer Geschäfte mit käuflicher Liebe machen will, darf das nur in fest umrissenen Grenzen außerhalb des Sperrbezirks tun.
Dass sie ihre „Traummassagen“ auf dem Heuchelhof verkauft hat, ist nicht das Einzige, was der 49-Jährigen zur Last liegt. Sie hat dem Arbeitsamt auch ihr Gewerbe verschwiegen und deshalb zu Unrecht weit über 16 000 Euro Arbeitslosengeld kassiert. Und sie hat den Gerichtsvollzieher bei der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, die man früher Offenbarungseid nannte, angelogen.
Nun sitzt die Blondine auf der Anklagebank, lässt ihren Anwalt reden – und das ist gut so. Bei ihren eigenen Verteidigungsversuchen, die der Jurist aus gutem Grund im Keim erstickt, wird nämlich klar, dass das Unrechtsbewusstsein der Frau nicht ganz so ausgeprägt ist, wie Gerichte das gerne sehen.
Ehemann in Heimat abgeschoben
Verteidiger Konrad Scheckenbach ist bemüht, seine Mandantin in einem guten Licht erscheinen zu lassen. Er erzählt, dass die 49-Jährige ihren kranken Vater pflegen müsse und deshalb keine feste Anstellung finde. Sie brauche aber Geld, weil ihr Mann nach einer Verurteilung vor zehn Jahren in seine Heimat abgeschoben worden sei, sie regelmäßig zu ihm reise und ihm auch finanziell unter die Arme greife.
Am Ende plädiert die Staatsanwaltschaft für eine zweijährige Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt werden soll. Der Verteidiger hält ein Jahr mit Bewährung für ausreichend.
Das Gericht beschreitet den goldenen Mittelweg und verurteilt die vielfach vorbestrafe Frau wegen verbotener Ausübung der Prostitution, Betrugs und falscher Versicherung an Eides Statt zu einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung. Die Angeklagte „mache einen guten Eindruck“, begründet die Vorsitzende die Entscheidung. Sie gehe davon aus, dass die 49-Jährige künftig „keine Straftaten mehr begehen“ werde. Als Bewährungsauflage muss die Frau 200 Stunden soziale Hilfsdienste leisten.
Das Urteil ist rechtskräftig.