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EISINGEN: Kinder malen Liebensbriefe, die zum Himmel fliegen

EISINGEN

Kinder malen Liebensbriefe, die zum Himmel fliegen

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    Botschaften an Verstorbene haben die Schüler auf Liebensbriefen verewigt. Foto Wilma Wolf Foto
    Botschaften an Verstorbene haben die Schüler auf Liebensbriefen verewigt. Foto Wilma Wolf Foto

    Heftig flattern sie im stürmischen Herbstwind. So als wollten sie in den Himmel fliegen. Die 200 Liebensbriefe der Eisinger und Waldbrunner Grundschüler. Sie erzählen von Tod, Trauer, Schmerz und Hoffnung.

    Liebensbriefe sind Botschaften aus dem Leben, so ist es auf der gleichnamigen Internetseite zu lesen. Botschaften aus dem Leben an Menschen, die nicht mehr auf Erden sind. Viele dieser Botschaften sind gemalt, zeigen Herzen, Blumen, Engel, Wolken, den Himmel und die Sonne. Andere haben Texte dazu.

    Kinder lernen Umgang mit dem Tod

    „Erfunden hat die Liebensbriefe die Kunstpädagogin Marielle Seitz aus München“, erläutert Hannelore Hübner, die an der Grundschule Eisingen katholische Religion unterrichtet. Als sie eine Fortbildung machte zur Thematik, wie Kinder den Umgang mit dem Tod lernen können, war für sie klar, diese Aktion auch in Eisingen durchzuführen. „Ich halte das für eine gute Methode, mit Kindern über den Tod ins Gespräch zu kommen“, sagt sie.

    Denn wenn Kinder dem Tod begegnen, fehlen ihnen häufig Worte, um über ihre Gefühle zu sprechen. „Mit dieser neuen kreativen Art können Kinder zum Ausdruck bringen, was sie bewegt und auch mit ihren Eltern reden“, meint Hübner. Eine sinnliche und sinnvolle Kommunikation zwischen Kindern, Verstorbenen und Lebenden.

    Regen auf den Bildern als Tränen der Trauer

    Im Juli 2017 haben sich die Eisinger und Waldbrunner Grundschüler in mehreren Unterrichtsstunden mit den Liebensbriefen beschäftigt. Mit weißer Ölkreide haben sie auf transparente Folien gemalt und geschrieben. Jetzt hat der Regen sein übriges dazugetan und die Zeichnungen mit einem Meer aus Wassertropfen übersät. Tränen der Trauer, die mit den Botschaften zum Himmel fliegen. Auf leichten transparenten Flügeln. „Das ist die Grundidee“, sagt die Lehrerin.

    Gerichtet sind die Briefe an verstorbene Großeltern, Geschwister und Eltern. Aber auch an Haustiere. Ein Kind hat eine Orgel gemalt, weil der Opa Orgel spielte, ein anderes einen Traktor, weil der Opa einen Traktor hatte. Ziel der Aktion sei, Kinder lebensstark zu machen. Ihnen zu sagen, der Tod gehört zum Leben dazu.

    Ganz neu war für Hannelore Hübner nicht nur dieses Projekt, sondern vor allem die Erfahrungen damit. „Wir haben viel über den Tod gesprochen“, sagt sie. Nachdem die Kinder wussten, dass ihre Bilder öffentlich ausgestellt werden, sei es nur so aus ihnen heraus gesprudelt. „Sie haben ganz offen und ganz schnell gemalt“, erzählt sie. Und: „Es gab auch ganz viele Tränen.“ Hier habe die Jugendsozialarbeiterin Beate Münker das Projekt sehr engagiert und liebevoll begleitet.

    Was tut gut, wenn wir traurig sind

    Und eine ganze Stunde hat Hübner mit den Kindern erarbeitet, was „uns gut tut, wenn wir traurig sind.“ Und was ist das? In eine Decke kuscheln, Kekse essen, spielen, den Kuschelbär oder die Freundin in den Arm nehmen, beten, Musik hören und reden. „Die Kinder durften einfach ausprobieren, was ihnen gut tut und mit wem sie reden können“, sagt sie. Denn: „Wir wollen ja nicht in der Trauer versinken.“

    Jetzt wurden die luftig leichten Liebensbriefe bei einer kleinen Feierstunde auf dem Friedhof in Eisingen an einem weißen Kunststoff-Band mit weißen Büroklammern aufgehängt. „So Gott will, hält das hoffentlich dem Wind stand. Das ist ein recht zugiger Ort“, sagt Hübner. Aber auch ein Ort, um die Besucher darauf aufmerksam zu machen. Gerade an Allerheiligen und Allerseelen.

    Feierstunde mit Liedern und Gedichten

    Zur Ausstellungseröffnung waren auch Schulleiter Thomas Blendinger, Bürgermeisterin Ursula Engert, die evangelische Pfarrerin Kirsten Müller-Oldenburg und der katholische Pfarrer Jerzy Jelonek gekommen. Die Kinder umrahmten die Feierstunde mit Liedern und Gedichten: „Es gehört zu meinem Leben immer auch das Abschiednehmen. Doch ich gehe meinen Weg nicht allein, denn es bleibt in mir alle Zeit mit dir.“

    Die ganze erste Novemberwoche ist die Ausstellung in Eisingen zu sehen, danach in Waldbrunn. Und anschließend werden die Briefe den Weg nach München antreten zur Initiatorin des Projektes. Seit 2013 läuft die Aktion und inzwischen hat Marielle Seitz schon 4000 Briefe gesammelt. Die Briefe aus Eisingen werden das Archiv wertvoll bereichern.

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