Wie ein Bienenstock summte das Spitäle am Sonntagvormittag, als die VKU ihre Ausstellung zum 100. Geburtstag von Josef Scheuplein eröffnete. Fast zweihundert Menschen wollten das Werk des herausragenden fränkischen Künstlers erkunden, der einst eigenhändig dabei half, die Spitäle-Ruine in einen Galerieraum zu verwandeln.
Als Sohn eines Handwerkers 1916 in der Würzburger Pleich geboren, ließ sich Josef Scheuplein zunächst als Grafiker ausbilden, um später am „Polytechnischen Zentralverein“, dem Vorläufer der „Kunst- und Handwerkerschule“, bei Heiner Dikreiter und Willi Greiner zu studieren.
Meisterschaft hat Scheuplein in mehreren Disziplinen erlangt: Er malte Ölbilder, fertigte Zeichnungen, Holzschnitte, Radierungen, Reliefe und Skulpturen. Etliches davon befindet sich heute im Museum im Kulturspeicher sowie im Martin-von-Wagner-Museum. Bis zum 28. August zeigt die VKU nun einen Querschnitt durch Scheupleins reiches Schaffen, mit einem stilistischen Spektrum vom Expressionismus bis hin zur Neuen Sachlichkeit. Scheuplein knüpfte stets an die künstlerische Tradition an, öffnete sich aber auch der Moderne.
1945 aus einem italienischen Internierungslager ins zerstörte Würzburg zurückgekehrt, fand der junge Mann trotz aller Widrigkeiten die nötige Kraft und Ruhe, um Kunst zu schaffen. Immer wieder zeichnete und malte er seine kriegsversehrte Heimatstadt und lieferte späteren Generationen so wertvolle Dokumente. Neben einem Ölbild des zerstörten Würzburg mit Blick auf Neumünster präsentiert die VKU auch Scheupleins „Mappe 1948“ – zwölf kleinformatige Zeichnungen, deren Reproduktionen es bis in die Vatikanische Bibliothek geschafft haben.
Weitere Schwerpunkte setzen Porträts und menschenleere Landschaftsbilder. Scheuplein liebte herbe Landstriche, die er nicht detailverliebt nachschuf, sondern atmosphärisch übersetzte. Mit kraftvollem Pinselstrich und dem Kontrast von Dunkelblau und Orange inszenierte er zum Beispiel zwei Küstenstriche auf magische Weise. Inspiration für seine Landschaften fand er im Frankenwald, im Allgäu und der Rhön, aber auch in Spanien, Israel, der Normandie und auf dem Balkan.
Wie stark Kunstszene und Öffentlichkeit zu Scheupleins Zeit von Männern dominiert wurden, lassen die in der Galerie verteilten Infotafeln erahnen: Unter den von Scheuplein porträtierten Würzburgern ist keine einzige Frau. Ein zentral im Raum platziertes Bild in kräftigen Türkis-, Lila- und Blautönen lässt da regelrecht aufatmen: Die „Vietnamesin“, ein Ölgemälde aus dem Jahr 1966, erweitert in Farbwahl und Sujet den Rahmen der Ausstellung. Eindrucksvoll auch das Portait des 104 Jahre alten Rimparer Architekten Trost, dessen Blick eine erstaunliche Wachsamkeit und skeptische Gelassenheit offenbart.
Ein großer Totentanz-Zyklus dominiert die Spitäle-Empore. Mit den zwölf schwarz-weißen Holzschnitten wagte sich Scheuplein in seiner späten Phase an ein menschliches Urthema. Mit ihnen knüpft er erfolgreich an eine Reihe berühmter Werke an, die seit dem Mittelalter zu diesem Thema entstanden. Bei Scheuplein wischt der Tod dem Clown die letzte Träne vom Gesicht.