Nach dem Legionellen-Alarm herrscht Verunsicherung im Würzburger Posthochhaus. Die Beschäftigten dort hoffen, dass die Bakterien rasch beseitigt werden – am einfachsten über eine Erhitzung des Wassers auf über 70 Grad. Ob das reicht? Oder muss den Legionellen aufwändig und über Wochen der Garaus gemacht werden? So wie im Hochhaus in Rottendorf im Landkreis Würzburg. Dort gibt es mittlerweile Entwarnung.
Vermieter wie Mieter in der Rottendorfer Wohnanlage, Frankenstraße 1, können aufatmen. Die gute Nachricht: Das Gesundheitsamt Würzburg hat das am 9. August erlassene Duschverbot in dieser Woche aufgehoben: „Die Anlage ist Legionellenfrei“, bestätigte Hygiene-Inspektor Ulrich Thomas.
Grund für das Duschverbot war seinerzeit die extrem hohe Legionellen-Belastung, die bei einer Routinekontrolle des Wassers entdeckt worden war. Das gleiche Prozedere spielt sich nun auch im Posthochhaus am Würzburger Hauptbahnhof ab. Duschverbot, thermische und gegebenenfalls chemische Desinfektion.
„Alte Anlagen unterliegen einer potenziellen Gefährdung.“
Jörg Pfertner
Geschäftsführer Hausverwaltung
Ab einer Konzentration von 10 000 Kolonien bildenden Einheiten pro 100 Milliliter (KBE/100ml) muss das Gesundheitsamt handeln. Beim Ablauf des Warmwasserbehälters im Rottendorfer Hochhaus lag der Wert bei 20 000. Im Rücklauf waren es immerhin noch 10 400 KBE/100ml. Ähnliche Werte wurden bei Kontrollen auch in der Würzburger Anlage erreicht. Die Bewertung „legionellenfrei“ gilt erst, wenn 100 KBE/100ml unterschritten werden.
Mit dem Duschverbot in Rottendorf begann eine mehrwöchige Leidenszeit, die vielen Bewohnern an den Nerven nagte. Auf einmal war nichts mehr wie vorher. Eine Mieterin: „Wir hatten richtig Panik.“ Ihre Familie und weitere Bewohner hätten sich nicht richtig informiert und von Hausverwaltung und dem Gesundheitsamt allein gelassen gefühlt. „Da waren keine klaren Aussagen.“ Und dann sei auch noch der Hausmeister drei Wochen in Urlaub gewesen.
Jörg Pfertner, Geschäftsführer der Hausverwaltung, äußerte sich auf Anfrage dieser Zeitung moderat. „Wir sind vielleicht etwas naiv rangegangen“, sagte er zum Krisenmanagement. Die Aufträge zur Behebung des Problems habe man kurzfristig ausgeschrieben. „Alte Anlagen unterliegen einer potenziellen Gefährdung“, sagt Pfertner. Mit dem Gesundheitsamt sei man ständig in Verbindung gewesen: „Die sind richtig gut“, zollt Pfertner der Behörde großes Lob.
Das sehen Hausbewohner nicht ganz so. „Es waren zwar immer Zettel am Aufzug und im Info-Kasten gehangen, aber niemand hat das so richtig verstanden,“ schildert ein Mieter, der noch ein anderes Problem lösen muss: Er hat eine Mietminderung geltend gemacht und 200 Euro pro Monat abgezogen. Jetzt hat er Stress mit der Wohnungseigentümerin. Auch andere hätten zu dieser Maßnahme gegriffen, erzählt er.
Zu viele Ungereimtheiten seien zutage getreten – wie etwa der Rat des Gesundheitsamtes, statt der Dusche die Badewanne zu benutzen, meinen Hausbewohner. „Aber da dampft's doch auch“, argumentiert eine Frau. Wenn sie bade, sei der Spiegel ebenso beschlagen wie nach dem Duschen.
Diese Bedenken hatte Hygiene-Inspektor Ulrich Thomas allerdings schon vor einigen Wochen relativiert. Ein Badeverbot habe nie bestanden, weil nur beim Duschen Wasser vernebelt werde, klärte er Anfang August auf. Beim Duschen bestehe die Gefahr einer Aerosolbildung. Das heißt, in der Raumluft könnten Legionellen vorhanden sein und eingeatmet werden. „Der ist gut...“, sagt ein Mieter dazu. Er habe eine Riesenschüssel als Badewanne. Da werde viel mehr Wasser als beim Duschen verbraucht.
„ Der Kaffee schmeckt damit wirklich viel besser.“
Betroffene Mieterin zum Einsatz von Supermarkt-Wasser
Dann war da auch noch die Sache mit dem Filter. Dieses Teil wird am Duschschlauch installiert. Es handele sich um einen „endständigen Filter“, erklärt der Hygiene-Inspektor. Damit könne legionellenfrei geduscht werden. Allerdings müsse dieses Teil alle paar Wochen ausgetauscht werden.
Für die Mieter war das irritierend. Denn laut einem Aushang der Hausverwaltung seien nur bestimmte Personen oder Gruppen berechtigt gewesen, einen solchen Filter zu beziehen, berichtet eine Bewohnerin: Senioren, Kranke und Kinder. „Mein Mann muss sich nach der Arbeit jeden Tag duschen“, schimpfte sie. Allerdings sei inzwischen Abhilfe geschaffen worden und weitere Filter in Umlauf gebracht.
Geschäftsführer Pfertner räumt ein, dass die Filter „relativ spät“ angeboten worden seien. Aber: Auf dem Markt gebe es diesbezüglich auch unseriöse Anbieter. So habe sich die Hausverwaltung, die im Raum Würzburg und Nürnberg rund 160 Wohnanlagen betreut, erst einmal informieren müssen.
In der Zeit bis zum verspäteten Einsatz der Filter sei es schon schwierig gewesen, blickt eine Mieterin zurück. Zwar seien sie von Verwandten zum Duschen eingeladen worden – „aber wir wollten niemand belästigen.“ Was blieb ihnen also übrig? Dreimal die Woche ging's ins Freibad. Zum Kochen und für den Kaffee gab's Wasser aus dem Supermarkt – mit einem positiven Nebeneffekt: „Der Kaffee schmeckt damit wirklich viel besser.“
Wie geht's nun weiter? Auf alle Fälle werde das Wasser im Hochhaus in den nächsten Woche weiter mit Chlordioxid versetzt, um ein erneutes Auftreten der Legionellen zu vermeiden, sagt Jörg Pfertner. Zusätzlich würden ständig Proben genommen und untersucht. Bei aller Erleichterung: Eine Kröte muss – von wem auch immer – geschluckt werden. Die wochenlange Aktion im Rottendorfer Hochhaus ist nicht billig. Jörg Pfertner schätzt die Kosten der Desinfektion grob auf 40 000 bis 50 000 Euro.
Desinfektionsverfahren
Thermische Desinfektion: Hygiene-Inspektor Ulrich Thomas vom Würzburger Gesundheitsamt rechnete im Fall Rottendorf dafür mit einem Zeitraum von fünf bis sechs Wochen, weil das Verfahren bei Hochhäusern schwierig sei. Das Wasser wird dabei auf über 70 Grad Celsius erhitzt, da Legionellen bei 60 Grad absterben. An allen Zapfstellen der 80 Wohneinheiten musste dafür das Wasser mindestens drei Minuten lang laufen.
Chemische Desinfektion: Reicht das nicht aus, hilft nur noch die Anreicherung des Wassers mit Chlordioxid. In Rottendorf griff diese Maßnahme schließlich. Laut Bewohnern wurden dafür die Kalt- und Warmwasserhähne aufgedreht. „Da kam Chemie rüber und ein unangenehmer Chlorgeruch“, schilderte eine Mieterin.