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WÜRZBURG: Marmelade zwischen Fleisch und Wurst

WÜRZBURG

Marmelade zwischen Fleisch und Wurst

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    Innungsobermeister Horst Schömig mit seinem Sohn Franz-Holger vor dem Regal in seiner Würzburger Metzgerei mit selbst gemachten Marmeladen, Soßen und Kraut.
    Innungsobermeister Horst Schömig mit seinem Sohn Franz-Holger vor dem Regal in seiner Würzburger Metzgerei mit selbst gemachten Marmeladen, Soßen und Kraut. Foto: Foto: Herbert Kriener

    Sind selbstständige Metzgereien in der Innenstadt eine aussterbende Zunft? Die Schließung der Metzgerei Hein-Hofmann in der Maulhardgasse rückt (wieder einmal) diese Sorge ins Blickfeld. Zwei Jahre hatten die Inhabern Birgit und Siggi Hofmann nach Personal gesucht: ohne Erfolg. So blieb nichts anderes, als zunächst die Verkaufsstelle in Rottendorf zu schließen und das Personal in Würzburg einzusetzen. Doch auch das half nicht lange.

    Die Schließung hat bei vielen Kunden großes Bedauern ausgelöst. Nur ein paar Veganer konnten sich daran erfreuen. Einer, der diesen Niedergang hautnah verfolgt, ist Horst Schömig. Der Obermeister der Metzger-Innung Würzburg betreibt mit seinem Sohn Franz-Holger, der ebenfalls Meister ist, die Metzgerei Hermann Schömig in der Franz-Ludwig-Straße, benannt nach dem Vater, der das Unternehmen 1939 im neuen Hafen (heute Hafenschänke) gegründet hatte.

    Horst Schömig kennt die Nachwuchsprobleme seiner Kollegen zur zu gut. Dass seine Metzgerei, seit 1963 neben der Adalbero-Kirche, gesichert ist, liegt eben an der Mitverantwortung seines Sohnes und an der tatkräftigen Hilfe seiner Frau Ulrike und einer angelernten Hilfskraft.

    Ein „Nachwuchsproblem“ beschäftigt Horst Schömig aber auch: Seit 1997 ist er nun Obermeister der Metzger-Innung Würzburg-Stadt und -Land. Vor einem Jahr hat er, inzwischen 68, in der Kreisversammlung angekündigt, die Verantwortung in jüngere Hände legen zu wollen. Doch bisher hat sich kein Nachfolger gemeldet.

    In den 80er Jahren, als die Expansion der Supermärkte in der Stadt begann, waren in der Sanderau noch 14 Metzger, heute sind es drei. Neben Schömigs Betrieb sind das die Metzgereien Naser in der Friedrich-Spee-Straße und Scheiner in der Eichendorffstraße. So schaut die Entwicklung überall in der Stadt aus. Einstmals gab es in Würzburg 160 Metzgereien, alleine fünf in der Schustergasse. Heute findet man in der Innenstadt nur noch die Metzgereien Dotzel (Barbarossaplatz), Bernhard Schömig (Spiegelstraße), Martin (Semmelstraße), dazu Kirchner/Dees in der Zellerau, Kneuer in Grombühl, Gram und Linse in Heidingsfeld und Schömig in Lengfeld. Das ganze Dürrbachtal ist schon „fleischfrei“.

    Einen deutlichen Rückgang gibt es auch im Landkreis, wenn er auch hier nicht so stark ausgefallen ist wie in der Stadt. Heute zählt die Metzger-Innung 34 Mitglieder in Stadt und Land. In Schömigs Amtszeit hat sich die Zahl halbiert.

    Sehr schwierig sei es für alle Betriebe geworden, ausgebildete Verkäuferinnen oder Lehrlinge zu finden, weiß Schömig. Mindestens 20 Azubis könnten sofort in den genannten Betrieben ihre Lehre beginnen. Doch die jungen Leute schrecke heute der Gedanke an das Töten und das Blut ab. Dabei werde in den Metzgereien gar nicht mehr geschlachtet, sondern nur noch verarbeitet. Auch der Trend zur vegetarischen und veganen Ernährung spiele da eine gewisse Rolle, vor allem die Situation auf dem Arbeitsmarkt und Ausbildungsmarkt.

    Nach dem neuesten Bericht der Agentur für Arbeit haben sich von Oktober bis Mai bei der Berufsberatung zwar wieder etwas mehr Jugendliche als Bewerber für eine betriebliche Ausbildung vormerken lassen, und die Zahl der von den Betrieben gemeldeten Ausbildungsstellen ist leicht zurückgegangen. Dennoch entfielen auf jeden Jugendlichen mehr als eine Ausbildungsstelle.

    Dass die Betriebe bald Lehrlinge unter den Flüchtlingen finden, glaubt Schömig eher nicht. Da müssten die jungen Leute zumindest einmal Deutsch und Rechnen können, und das dauere nach Erfahrungen aus der Berufsschule drei Jahre. Auch Hilfe vom Arbeitsamt erwartet Schömig nicht. Die bisher von dort vermittelten Praktikanten hätten sich als völlig ungeeignet erwiesen. „Wenn man keinen Nachwuchs in der Familie hat, wird es schwierig. In allen Betrieben ist die Situation ähnlich“, zieht Schömig Bilanz.

    Um das Überleben seines Geschäftes gegen die starke Konkurrenz der Supermärkte zu sichern, haben Vater und Sohn Schömig ihre eigne Strategie entwickelt: Sie setzen auf persönliche Kundenbindung, auf Qualität und auf Individualität: „Einfach nur gute Produkte anzubieten, das reicht nicht, denn spätestens zwei Jahre später haben sie auch die Supermärkte.“

    So haben sich die Schömigs daran gemacht, neben der Vielfalt hauseigener Wurstsorten auch ihr eigenes Sauerkraut zu kochen, ebenso ein Rotkraut. Dazu gibt es ein buntes Sortiment selbst gemachter Soßen wie Papaya-Chili-Dip oder einen Rote-Zwiebel-Relish. Selbst eine Vielzahl eigener Marmeladen steht im Regal wie die Tomatenmarmelade mit Basilikum, eine Feigenmarmelade, ein Mango-Chutney oder ein Granatapfel-Gelee. Die Aprikosenmarmelade mit Singlemalt-Whisky hat eben den Innovationspreis Nordrhein-Westfalen gewonnen, den gleichen Preis gab es voriges Jahr schon einmal für Schömigs Paprika-Marmelade mit Chili. „Metzgerei ist eine Sache mit Herzblut“, bringt es Horst Schömig auf eine kurze Formel.

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