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WÜRZBURG: Mehr als 100 Jahre alte Glasnegative

WÜRZBURG

Mehr als 100 Jahre alte Glasnegative

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    Christoph Gundermann, Firmeneigner in vierter Generation, mit einem im Jahre 1907 aufgenommenen Glasnegativ im Format 24 mal 30 Zentimeter. Im Hintergrund Hunderte von sorgsam archivierten Glasnegativen in kleineren  Formaten.PRIVAT
    Christoph Gundermann, Firmeneigner in vierter Generation, mit einem im Jahre 1907 aufgenommenen Glasnegativ im Format 24 mal 30 Zentimeter. Im Hintergrund Hunderte von sorgsam archivierten Glasnegativen in kleineren Formaten.PRIVAT Foto: FOTO

    „Gottlob blieben bei der Zerstörung Würzburgs wenigstens unsere kunstgeschichtlich wertvollen Glasnegative heil“, sagt Christoph Gundermann, der Urenkel des Firmengründers. „Die Aufnahmen waren beim Wiederaufbau der historischen Gebäude Würzburgs nach 1945 eine große Hilfe“. Ein Opfer der Flammen wurde allerdings ein Teil der Portraitnegative, auch eine Aufnahme von Konrad Röntgen aus der Zeit des Firmengründers.

    Das Bestreben seines Nachfolgers, des Kunstfotografen Leo Gundermann, war es, alle mainfränkischen Schlossanlagen großformatig im Bild zu erfassen. Leo Gundermann galt auch als Experte für die Abbildung der Schnitzwerke Riemenschneiders und genoss überregionalen Ruf. Zahlreiche seiner Aufnahmen erschienen in allen möglichen Bildbänden.

    Verglichen mit der heute so einfach zu handhabenden Digitalfotografie legt das Archiv auch Zeugnis davon ab, welch abenteuerliches Unterfangen Fotografie früher mitunter war. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts beispielsweise beschichteten die Fotografen ihre Glasplatten in der Regel noch selbst und zogen mit großformatigen Holzkameras, schwarzem Zelt, einem Vorrat an Glasplatten und vielerlei Chemikalien über Land. Kein Wunder, dass der Fotografie zu dieser Zeit etwas Magisches anhaftete.

    „Man kann sich heute kaum vorstellen, welcher Aufwand mit der Verarbeitung solcher Plattengrößen verbunden war“

    Christoph Gundermann Urenkel des Gründers des gleichnamigen Fotoateliers

    Bereits vor 1900 kamen die in der Fabrik beschichteten Gelatine-Glasplatten in Umlauf, welche den Fotografen die Arbeit beträchtlich erleichterten. Aus dieser Zeit lagern mehr als 600 Negative vom Format 24 Zentimeter mal 30 Zentimeter in Gundermanns Archiv, die älter als 100 Jahre sind. „Man kann sich heute kaum vorstellen, welcher Aufwand mit der Verarbeitung solcher Plattengrößen verbunden war“, sagt Christoph Gundermann.

    Belichtet habe man sozusagen „aus dem Bauch heraus“; der fotoelektrische Belichtungsmesser sei erst in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts aufgekommen. Die Belichtung aber musste „sitzen“. Fehlbelichtungen konnte man sich beim Preis dieser Platten nicht leisten. Im Gegensatz zur Digitalfotografie war eine Aufnahme erst zu beurteilen, wenn sie aus dem Labor kam und da war es für eine Wiederholung oft zu spät.

    Zur Entwicklung setzten sich die Fotografen ihre Chemie bis in die Zeit nach dem Krieg noch selbst an, wobei sie auf ganz individuelle Rezepte zurückgriffen, welche sie nicht gerne preisgaben.

    Neben den genannten 24 Zentimeter mal 30 Zentimeter großen „Dinosauriern“ befinden sich im Gundermann-Archiv auch vielfältige kleinere Glasnegative bis hinab zum Format 9 Zentimeter mal 12 Zentimeter. „Diese ließen sich im Vergrößerer wesentlich leichter weiterverarbeiten“, sagt Christoph Gun-dermann. Mehr als 10 000 Glasnegative bilden heute den Kern seines Archivs, Aufnahmen, von denen eine große Anzahl die unverkennbaren Handschrift seines Großvaters Leo Gundermann tragen.

    Als um die Mitte des 20. Jahrhunderts die Feinkorntechnik immer kleinere Formate zuließ, stellten die professionellen Fotografen endgültig auf Film um. Aufnahmematerial von 9 Zentimeter mal 12 Zentimeter bis zum Kleinbild wurde gebräuchlich. Die in den 60er Jahren aufkommende Farbfotografie war schließlich nur noch auf Film üblich. Heute, nach jahrzehntelanger Dominanz der Farbfotografie, erlebt die professionelle Schwarzweiß-Technik eine ausgesprochene Renaissance.

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