Es wird sogar einen Liveticker geben. Wenn am kommenden Montag, 17. Juni, in Berlin die Preisverleihung zum „Spiel des Jahres 2017“ läuft, können Spieleverrückte live dabei sein. Drei Neuheiten stehen in der Endauswahl, dazu drei Nominierte für die Kategorie „Kennerspiel des Jahres“.
Monatelang haben sich die Mitglieder der Jury durch einen Berg an Spielen gearbeitet und an einer laut dem Juryvorsitzenden Tom Felber „fast unmöglichen Aufgabe herumgeknobelt“. Der Aufgabe nämlich, den aus hunderten von neuen Gesellschaftsspielen bestehenden Berg auf eine sinnvolle Zahl von herausragenden Titeln zu reduzieren.
Unzählige Test- und Beratungsrunden liegen hinter den Juroren, die für die beiden Kategorien insgesamt 17 Neuheiten auf ihre Empfehlungs- und Nominierungslisten gesetzt haben. Die unabhängigen Fachleute haben den Anspruch, eine möglichst große Vielfalt an verschiedenartigen Spielsystemen abzubilden. Deshalb ähneln sich die aus der Flut gefischten Neuheiten kaum. Chef-Juror Tom Felber zumindest, Spielekritiker und im Hauptberuf Gerichtsreporter in Zürich, bezeichnet die drei für den Preis „Spiel des Jahres“ nominierten Spiele als „extrem unterschiedlich“.
Weil dies so ist und Geschmäcker bekanntlich unterschiedlich sind, wird es bei der Preisverleihung am Montag ziemlich spannend. So manch ein Spieler gibt im Vorfeld zwar gerne einen Tipp ab. Letztlich, so die Erfahrung der Vorjahre, lässt sich das Ergebnis der Jury aber nicht vorhersagen. Reiner Knizia, ein bekannter und preisgekrönter Autor, der es mit seiner Erfindung „Wettlauf nach El Dorado“ in die Endauswahl geschafft hat, sieht die drei nominierten Spiele, ihre Autoren und Verlage gar in einer Lotteriesituation. Mal habe man Glück, mal habe man es nicht. Der Spieleerfinder, der 2008 für „Keltis“ den Preis gewann, gibt sich fair und diplomatisch: „Ich denke, jedes der nominierten Spiele hat es verdient, „Spiel des Jahres“ zu werden.“ Ein Spiel zu erfinden sei ein stetiges Herantasten, sagt Knizia, der aus Illertissen bei Ulm stammt: „Man entwirft, spielt, passt an, spielt, passt an – oft über Wochen, Monate oder sogar Jahre hinweg.“
Das „Spiel des Jahres“ wird seit 1978 vom gleichnamigen Verein ausgezeichnet, den Kritikerpreis für das Kennerspiel gibt es seit seit 2011. Aktuell sitzen sieben Männer und eine Frau in der Jury. Sie testen pro Jahr und insbesondere in der Zeit von Oktober bis Juli rund 200 bis 300 Neuheiten. Die Mitglieder der Jury arbeiten als Journalisten, berichten über Spiele, besuchen die großen Spielemessen und sind unabhängig von den Verlagen. Für „Spiel des Jahres“ sind sie ehrenamtlich tätig. Untereinander tauschen sie sich in einem Internetforum und bei Tagungen aus.
Die Idee zu dem Preis kam Spieleautoren und Journalisten übrigens auf der Spielwarenmesse in Nürnberg. Sie wollten damit zeigen, dass es ersten jedes Jahr neue Spiele gibt und zweitens dass es jedes Jahr herausragend neue gute Spiele gibt. Eine wichtige Abgrenzung zum damals verbreiteten Glauben, es gäbe als Brettspiele nur Mühle, Dame, Halma und Schach. Auf die Idee, dass der vorgeschlagene Preis einmal Aktienkurse von Unternehmen beeinflussen könnte, kam von den Initiatoren noch keiner. Mit einem Verein konnte man regeln, dass nur Personen, die nicht von Herstellung und Vertrieb von Spielen abhängig sind, Mitglied und damit wahlberechtigt werden konnten.
Und über die jedermann zugängliche, bei Gericht hinterlegte Satzung des Vereins wird das Wahlverfahren transparent gemacht. Die Unabhängigkeit und das strikt beibehaltene Prinzip sind wohl auch Gründe für die erstaunliche Wirkung, die der Preis mittlerweile national und international hat.
Das erste „Spiel des Jahres“ wurde übrigens zweimal gewählt: Bis zum Herbst 1978 schafften es die Initiatoren nicht, eine offizielle Preisverleihung zu organisieren. So wurde zwar gewählt, aber ohne Kür. Die erste Wahl mit Preisverleihung fand 1979 statt: Genau wie im Jahr zuvor gefiel „Hase und Igel“ von David Parlett, erschienen bei Ravensburger, den Juroren am Besten.
Seit 2001 gibt es auch das „Kinderspiel des Jahres“. Der Preis wird von einer getrennten Jury vergeben, und die hat ihr diesjähriges Urteil bereits am 19. Juni 2017 verkündet: Es ist „Icecool“, erschienen bei Amigo, von Autor Brian Gomez.