Der Kunde steht im Supermarkt vor der Obstschütte mit Äpfeln. Er reißt sich eine der kleinen Folientüten ab, die neben der Waage hängen. Dann kämpft er ein paar Sekunden, um die aneinander klebenden Folienteile auseinander zu ziehen, bis eine Tüte mit Henkeln daraus wird – stabil genug für mehrere Äpfel und trotzdem ultraleicht.
Immer weniger Folie verbrauchen – manchmal eine Herausforderung für die Kunden. Aber vor allem für die Folienhersteller. Frau und Mann in Alltagshektik verlassen sich auf Tüten und leicht transportable Gebinde mit Folien. Äpfel auf einer Pappunterlage in Folien gehüllt. Im Discounter landen oft ganze Paletten in Kartons – alles in Folie verpackt. Umzugsunternehmen verpacken Möbel in elastische Folie, damit sich die Schubladen nicht lösen und Schranktüren sich nicht öffnen.
Die Firma Octagon Process Technology, mit Sitz im Würzburger Gewerbegebiet Ost, bietet die Mess- und Regeltechnik zur Herstellung von Folien an. Und zwar der Folien, die aus thermoplastischen Kunststoffen bestehen – sich also in bestimmten Temperaturbereichen verformen lassen. Bei den Kunden von Octagon werden sie mit Hilfe eines Luftstroms in Form geblasen.
Blasfolienextrusion nennt sich das im Fachjargon. In einer eher überschaubaren Marktnische an der Schnittstelle von Maschinenbau und Kunststofftechnik verkauft man seit beinahe 30 Jahren weltweit die selbst entwickelten Systemkomponenten.
Auch wenn sich nicht jeder darüber freut: Folien sind quasi überall. In Plastiktüten, der Babywindel, Blutkonservenbeutel bestehen daraus, genau wie die Wärmefolien auf den Spargelfeldern. Folien verpassen Auto und Garagentor ein neues Outfit. „Folien und Plastikverpackungen gehören zu unserem täglichen Leben“, fasst es Octagon-Geschäftsführer Rüdiger Wander zusammen. Bedenken hat er selbst angesichts des ktitisch diskutierten Plastikkonsums nicht.
Im Gegenteil: „Die Daseinsberechtigung unserer Firma besteht darin, unserem Kunden Technik zu bieten, die die Qualität seiner Folie verbessert und vor allem den Einsatz von Kunststoffgranulat – das ist der teure Rohstoff bei der Folienherstellung – reduziert“.
Folien sind für Wander – selbst in Zeiten von Meeren voller Plastikmüll – ein wichtiger Bestandteil des Alltagslebens. Allerdings immer in dem Bestreben, weniger zu verbrauchen, betont der Geschäftsführer. Deutschland hält er im Vergleich zu vielen anderen Ländern für vorbildlich im Umgang, Verbrauch und in der Entsorgung von Produkten, die aus Kunststoffen hergestellt werden. Wander: „Folien machen ja nur einen Teil aus. Verpackungen von Hygieneartikeln werden meist in Spritzgussanlagen hergestellt.
Die Firma Octagon stellt ihre Messgeräte für ganz spezielle Anlagen her. Dort werden zähflüssige härtbare Kunststoffe durch eine speziell geformte Düse gepresst. Solche Maschinen stehen bei den Octagon-Kunden im In- und Ausland. Um die Folien immer gleich herzustellen werden spezielle Mess- und Wiegegeräte gebraucht.
Die Arbeitsgänge beginnen mit dem Einfüllen des Rohstoffs Kunststoffgranulat ganz unterschiedlicher Formen, Farben und Konsistenzen in vorgesehene Vorratstrichter. Die Octagon-Messsysteme ermöglichen „das äußerst genaue Verwiegen“ der Masse, erläutert Wander. Das Material wird im Extruder, einer Art Schneckenform, komprimiert und aufgeschmolzen, so dass eine honigartige Schmelze entsteht. Im Blaskopf, dem Herzstück der Produktionsanlage, können aktuell bis zu elf unterschiedliche Folienschichten zu einem nur 70 Micrometer starken Folienverbund zusammengefügt werden. Durch den Ringspalt eines voll automatischen Kühlringes aufgeblasen, wird die frisch produzierte Folie im Online-Prozess thermisch beeinflusst, mit dem Ziel, die Foliendicke und Gleichmäßigkeit automatisch zu regulieren.
Um das zu erreichen, arbeiten bei Octagon Menschen, die Ideen haben, entwickeln, zeichnen, kalkulieren, konstruieren, einkaufen, Qualitäten prüfen, fertigen, verpacken, verzollen, verschicken, aufbauen, in Betrieb nehmen, reparieren, beraten, verhandeln und verkaufen. Das hat seinen Preis, sagt man bei Octagon.
Octagon hat Kunden auf der ganzen Welt, vor allem Märkte in Asien (China, Japan, Thailand), Südamerika (Brasilien, Argentinien, Chile) und natürlich überall in Europa – nicht zuletzt in Deutschland selbst. Die Exportquote liegt bei knapp 60 Prozent. Octagon-Mitarbeiter reisen viel um für ihre Produkte zu werben und Service zu bieten. Den sieht man bei Octagon mit als wichtigen Grund, warum sich Kunden gegen billigere Wettbewerber aus Fernost entscheiden.
Bei Inbetriebnahme, Wartung und Reparatur der Systeme greift man außerdem auf sämtliche moderne Kommunikationsmittel zu. Verschiedene seiner Mitarbeiter beherrschen neben Deutsch und Englisch auch Französisch oder Persisch als Muttersprache. Das erleichtere die Kommunikation mit den Kunden durchaus, erklärt Wander.
Auf nationalen und internationalen Messen ist Octagon regelmäßig vertreten – auch um ein „Stück seiner mainfränkischen Identität in alle Welt zu tragen“, betont Rüdiger Wander. Dabei befinde sich die Firma im ständigen Wandel, brauche aber „aufgrund von Selbstfinanzierung kein Fremdkapital,“ sagt der Geschäftsführer und ist darauf durchaus ein bisschen stolz.
Octagon Process Technology GmbH
Gründung: 1987 als GmbH durch Prof. Dr. Veit-Holger Karl, Besitzer und alleiniger Gesellschafter
Geschäftsleitung: Rüdiger Wander, Geschäftsführer, Jürgen Geiger, technischer Leiter
Geschäftszweck: Entwicklung, Fertigung und Vertrieb von Mess-und Regeltechnik in der Blasfolienextrusion.
Website: www.octagon-gmbh.de
Umsatz: durchschnittlich 2,5 und 3 Millionen Euro p.a.;
Mitarbeiter: 20;
Adresse: Würzburg, Nürnberger Straße 119.