Bianca und Peter H. wollten vorsorgen, als sie das kleine Appartement in der Nähe ihrer Eigentumswohnung kauften und von Grund auf renovieren ließen. Eine Pflegerin sollte dort einziehen, die den beiden Senioren hilft, wenn sie mal nicht mehr alleine zurechtkommen. Und weil die 74-Jährige und ihr 77-jähriger Mann jetzt noch keine Unterstützung brauchen, haben sie die Wohnung in begehrter Lage im Stadtteil Frauenland im August 2017 erst mal vermietet: für 380 Euro inklusive Nebenkosten. Nun ist der Mieter über Nacht verschwunden und hat Chaos, Dreck, Zerstörung und Mietschulden zurückgelassen.
Damals, im Juli 2017, als der Mann sich vorstellte, machte er einen "guten Eindruck" auf das Senioren-Ehepaar. "Ein Herr um die 40 Jahre, Handwerker von Beruf, nach eigenen Angaben Nichtraucher", erzählt Bianca H. Seinen Arbeitsvertrag habe er gezeigt und aus der Lohnabrechnung sei hervor gegangen, dass er sich die 30-Quadratmeter-Wohnung leisten kann. Auch die 600 Euro Kaution, die die Vermieter haben wollten, seien kein Problem gewesen. "Ein polizeiliches Führungszeugnis haben wir nicht verlangt", sagt die 74-Jährige, "auf diese Idee sind wir gar nicht gekommen".
Die Mitbewohner in dem 16-Parteien-Haus beschwerten sich
Es wäre aber besser gewesen, wenn die Vermieter mehr über ihren Mieter gewusst hätten. Inzwischen hat das Ehepaar nämlich erfahren, dass der Mann "vorbestraft ist und als gewalttätig gelten soll". Kurz nach seinem Einzug sei schon die Polizei da gewesen und habe die Wohnung durchsucht.

Außerdem sei der Mann überaus rücksichtslos gewesen. Aus dem Keller habe er "eine Leitung außen am Haus hoch gezogen", "das Fernseh-Kabel" habe er "angezapft", auf dem Balkon "ein Zelt aufgebaut", seine Fahrräder "kreuz und quer im Treppenhaus stehen lassen". Die Mitbewohner in dem 16-Parteien-Haus, hauptsächlich ältere Leute, beschwerten sich, das Ehepaar H. stellte seinen Mieter zur Rede. Aber es änderte sich nichts.
Hilfe bei Wohnungssuche ausgeschlagen
Dann habe der Mann auch noch eine Frau bei sich einziehen lassen, erzählt Bianca H. "Das war uns nicht recht, das Appartement ist nicht für zwei Personen gedacht". Damit der Ärger ein Ende hat, hätten sie und ihr Mann dem Mieter bei der Suche nach einer neuen Wohnung geholfen. "Aber was wir ihm vorgeschlagen haben, hat er nicht mal angeschaut."

Inzwischen beklagten sich die Nachbarn über Gestank aus dem Appartement, der in die anderen Wohnungen ziehe. Als man ihr zutrug, dass der Mann Haschisch rauche, rief Bianca H. die Polizei. "Die Beamten haben mir gesagt, dass er ein Rezept habe, das ihm das erlaubt." Die 74-Jährige fühlte sich "allein gelassen".
Appell ans "soziale Gewissen" der Vermieter
Gespräche mit dem Mieter habe sie nicht mehr führen können, sagt sie. "Er ist uns aus dem Weg gegangen, hat keine Anrufe mehr beantwortet und die Tür nicht geöffnet." In ihrer Not machte Bianca H. den Bewährungshelfer des Mannes ausfindig und sprach mit ihm. "Ich erhoffte mir Hilfe." Aber Bewährungshelfer sind für entlassene Straftäter da, nicht für deren verzweifelte Vermieter. "Der Sozialarbeiter hat mir nur gesagt, dass er nicht zuständig ist und mich total ins Leere laufen lassen", erzählt Bianca H. und kämpft mit den Tränen.
Nachdem das Ehepaar dem Mieter die Kündigung geschickt hat, klebt er einen Zettel an deren Tür. "Da stand drauf, dass er an unser soziales Gewissen appelliert. Er würde ja obdachlos, wenn er hier ausziehen muss". Wenig später habe der Mann mitgeteilt, dass er ein anderes Appartement gefunden habe. "Zuerst war von einem Umzug Ende März die Rede, dann von April und schließlich von Juli."

Aber er blieb. Und das, obwohl er, so Bianca H., "seit Juli keine Miete mehr bezahlt hat". Das Ehepaar reichte eine Räumungsklage ein, erwarb einen Räumungstitel und damit das Recht, das Appartement von einem Gerichtsvollzieher zwangsräumen zu lassen. Bevor es dazu kam, verließ der Mieter Mitte September die Wohnung. "Er hat uns den Schlüssel und eine Kopie seines neuen Mietvertrags in den Briefkasten geworfen", sagt Bianca H. Allerdings habe er "die neue Adresse und den Namen des neuen Vermieters unkenntlich gemacht". Das Ehepaar H. weiß also nicht, wo der Mieter ist. Auch für die Redaktion war er nicht zu erreichen.
Das Bad ist mit Exkrementen verschmiert, die Dusche ist beschädigt, der Abfluss ist verstopft
Dabei müssten die Senioren dringend die Anschrift erfahren. Der Mann ist ihnen nämlich nicht nur ein paar Mieten schuldig. Er hat auch die Wohnung verwüstet. Das bei seinem Einzug frisch renovierte Appartement ist jetzt ein Drecksloch. Es stinkt erbärmlich. Das Bad ist mit Exkrementen verschmiert, die Dusche ist beschädigt, der Abfluss ist verstopft. Die extra für den Mieter neu gekaufte Mini-Küche ist total versaut, im Kühlschrank lagern vergammelte Lebensmittel. Die Wohnungstür hat irreparable Einbruchsspuren, überall liegt Abfall und Sperrmüll, das Parkett ist einem beklagenswerten Zustand. Bianca H. traut sich nur mit einer Atemmaske in die kleine Wohnung. Die 74-Jährige hat eine Immunschwäche und Angst, sich zu infizieren.
Allein das Streichen der Wände und Decken wird 1500 Euro kosten
Sie hat sich bereits erkundigt, was finanziell auf sie zukommt. "Allein das Streichen der Wände und Decken wird 1500 Euro kosten." Eine neue Wohnungstür samt Einbau schlage mit über 1000 Euro zu Buche, das Abschleifen und Versiegeln des Parketts mit mindestens 1000 Euro. Dazu kommen die Kosten für eine neue Dusche und einen neuen Küchenblock. Und die Entrümpelung und der Einsatz einer Putzkolonne sind auch nicht billig.
"Unsere finanziellen Mittel sind überschaubar", sagt die Frau, die an diesem Wochenende 75 Jahre alt wird, unter Tränen. "Wenn ich gewusst hätte, welch immense Schäden uns dieser Mieter hinterlässt, hätte ich nicht meine ganze Familie zu einem großen Fest eingeladen."