Vielleicht war es Kalkül von Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP). Vielleicht wollte er einfach mal auf einem legendären „Münch“-Rennmotorrad sitzen. Oder vielleicht hätte er nicht gedacht, dass fränkischer Elektrotechnik so schnell ein internationaler Siegeszug beschieden sein würde. Als sich Brüderle am Montagabend in Berlin, unter den verdutzten Augen des Teams um den Würzburger Ingenieur Thomas Petsch, auf die Elektrorennmaschine „Münch TTE-1.2“ schwang, löste er ein lang gegebenes Versprechen ein: „Wenn ihr Weltmeister werdet, lade ich euch nach Berlin ein.“
Wie um sicher zu gehen, holte das Münch Racing-Team dann gleich zwei Weltmeistertitel (wir berichteten). Nach dem Gewinn des Konstrukteurstitels bei der FIM e-Power International Championship hatte das Team bei der zweiten internationalen e-Power Rennserie, dem TTXGP, in Albacete in Spanien auch die Fahrerweltmeisterschaft gewonnen. Der Sektempfang im Wirtschaftsministerium darf nun als dritter kleiner Ritterschlag gewertet werden. Und auch als weiterer Schritt dahin, die Elektromobilität aus der Nische zu holen. „Der Motorsport ist dafür ein idealer Werbeträger und treibt Innovationen voran, die später in der Serienproduktion verwendet werden können“, hofft Brüderle.
Noch viel Lobby-Arbeit nötig
Entwickler Thomas Petsch nickt. Auf dem Reißbrett könne man nicht alle Probleme voraussehen. Viele Kinderkrankheiten bei Motor und Batterie konnten erst unter realen Bedingungen ausgemerzt werden. Ob die Maschine jedoch tatsächlich irgendwann in Serie geht, ist offen.
Bis daran zu denken ist, ist noch viel Lobby-Arbeit zu betreiben. Wie Brüderle selbst, dürfte den meisten Menschen nicht bewusst sein, wie nah die Elektrotechnik den Verbrennungsmotoren leistungsmäßig bereits gekommen ist. Die 250 Kilometer pro Stunde, mit denen die Münch TTE-1.2 über den Asphalt rast, lassen nur noch wenig Platz für das Klischee vom Elektrokleinwagen für die Innenstadt. Nicht umsonst sicherte sich Thomas Petsch 1997 gerade den Markennamen Münch, als Reminiszenz an das in den 60er Jahren konstruierte Rennmotorrad „Münch Mammut“. Das schnellste und teuerste seiner Zeit.
Bei Rainer Brüderle geht das Konzept voll auf. „Das vereint Umweltfreundlichkeit und Fahrspaß“, sagt er nach seinem kurzen „Ritt“ auf der Maschine. Technisch gesehen will man in drei Jahren an der Benzinmotortechnik vorbeiziehen. Schon jetzt können die Elektrobikes mit ihrer Entsprechung in der 600 Kubik-Klasse fast mithalten. Der Fahrspaß, sagt Weltmeister Matthias Himmelmann, sei der gleiche. Seit 25 Jahren ist er im Motorsport aktiv, holte in Spanien für Münch Racing den Titel. Jetzt ist er auf der Suche nach einem Nachfolger. Doch das sei schwer. „Junge, talentierte Fahrer wollen lieber in den etablierten Rennserien einsteigen.“ Wohl auch, weil im Elektrorennsport mangels Sponsoren noch kein Geld zu verdienen ist.
Ob die Erfolgsgeschichte weitergeht, kann das Team im April beim nächsten Rennen in Magnycours in Frankreich herausfinden. Zuvor stößt Brüderle noch ein Mal „auf die Weltmeister“ an – mit fränkischem Silvaner Sekt aus Castell. Restbestände von Ex-Wirtschaftsminister Michael Glos, wie zu erfahren war.