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GERBRUNN: Mirjam Dietrich war als Jugendbotschafterin in Japan

GERBRUNN

Mirjam Dietrich war als Jugendbotschafterin in Japan

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    Mirjam Dietrich in der japanischen Schule.
    Mirjam Dietrich in der japanischen Schule. Foto: Foto: Mirjam Dietrich

    Können 15 Tage einen Menschen verändern? Mirjam Dietrich, 18 Jahre, aus Gerbrunn beantwortet diese Frage uneingeschränkt mit „Ja“. „Ich habe sehr viel gelernt – vor allem auch über mich selbst“, zieht sie Resümee aus zwei eindrucksvollen Wochen, die sie vor Kurzem erlebte. Für sie wurde ein lange gehegter Traum war: Sie reiste als Teilnehmerin eines Programmes des Auswärtigen Amtes nach Japan. Gemeinsam mit 15 anderen jungen Menschen aus der ganzen Bundesrepublik war sie unterwegs als sogenannte Jugendbotschafterin. Aus Bayern war neben ihr nur noch ein Mädchen aus Miltenberg dabei.

    Youth for understanding

    Das Programm Jugendbotschafter von „Youth for understanding“ (YFU) hatte sie über ihre Mutter kennengelernt. Mit einer Klasse hatte die Lehrerin einen Zeitungsartikel über die Erlebnisse einer früheren Jugendbotschafterin gelesen. „Das wäre doch auch etwas für dich“, hatte sie ihrer Tochter vorgeschlagen.

    Mirjam geht in die zwölfte Klasse des Sieboldgymnasiums in Würzburg und war sofort begeistert: „Ich interessiere mich eigentlich schon immer für Politik und Weltgeschichte“, erklärt sie. Deshalb hielt sie die Augen offen und bewarb sich, als in ihrer Schule die Bewerbungsflyer für das Jugendbotschafter-Programm 2016 auftauchten. Wobei das Land, in das sie reisen und von dem sie anschließend berichten sollte, ihr eigentlich egal war, gesteht sie.

    Vor dem Besteigen des Flugzeuges nach Tokio galt es aber einige Hürden zu überwinden. Die Jugendbotschafter werden von den Kooperationspartnern sehr genau ausgewählt. Dabei wird nicht nur das geforderte mehrseitige Motivationsschreiben als Auswahlkriterium herangezogen. In dem sollten alle ihren Alltag in der Familien beschreiben und auch skizzieren, wie sich sich ihre Zukunft vorstellen.

    Bewerbungsgespräch

    Nach Durchsicht der 200 Bewerbungen, kamen 40 junge Menschen in die engere Auswahl, erfuhr Dietrich bei einem Anruf aus Hamburg. Am Telefon musste sie nun weitere Fragen beantworten. Dabei ging es um die persönliche Motivation für die Teilnahme ebenso wie um japanische Politik und Geschichte.

    „Ich glaube, entscheidend war, dass ich erzählt habe, dass ich bei einer Veranstaltung der Schule den japanischen Konsul getroffen habe und dass ich großes Interesse an der Politik habe“, erzählt sie. Denn obwohl sie längst nicht auf alle Fragen die richtige Antwort parat hatte, war sie am Ende unter den 15 Reisenden.

    Los ging es für die Gruppe vor dem Abflug mit einem Kennenlern-Wochenende. Begleitet wurden sie dabei – wie bei der Reise selbst – von zwei Japanwissenschaftlern.

    Nach dem zwölfstündigen Flug folgten acht Tage in Tokio mit vielen offiziellen Terminen – in der deutschen Botschaft oder dem Goethe-Institut beispielsweise – sowie Unterricht in Japanisch. „Wir sollten so weit kommen, uns vorstellen und nach den wichtigsten Dingen selbst fragen zu können.“

    Das war nötig, denn danach ging jeder Jugendbotschafter zur Schule und lebte vier Tage in einer Gastfamilie. „Nicht alle hatten solches Glück wie ich“, erinnert sich die Gerbrunnerin. Ihre Gasteltern sprachen Englisch, „zumindest einigermaßen“. Und die Gastschwester hatte ein Jahr in Deutschland studiert, so dass sie sich auf Deutsch miteinander verständigen konnten.

    Was genau hat sich für die deutsche Abiturientin seitdem geändert? „Die Art zu essen – rohes Ei und eingelegten Fisch zum Frühstück – will ich auf jeden Fall beibehalten“, sagt sie. Der gravierendste Unterschied allerdings, fährt sie fort, sei die Mentalität. „In Tokio dachten wir anfangs, das sei ja alles gar nicht so anders.“ Schnell wurde das Gegenteil deutlich: Wie in Deutschland Individualität zu zeigen und zu allem und jedem seine eigene Meinung kund zu tun, ist in Japan nicht üblich und nicht erwünscht.

    „Und auch sonst gibt es unzählige Regeln und es drohen zahlreiche Fettnäpfchen“, berichtet die Jugendbotschafterin. Beispielsweise benutzen Japaner eigene Pantoffeln, wenn sie die Toilette aufsuchen. „Mit diesen aber durchs übrige Haus zu gehen, gilt als unfein und unhygienisch.“

    Höflich und freundlich

    Wichtig waren auch Höflichkeit und Freundlichkeit. „Das war wirklich krass. Es war fast ein Schock als das schon am Flughafen wieder losging, dass man von Fremden geschubst, gedrängt und unfreundlich angemeckert wurde“, berichtet sie und lacht. „Das ist in Japan undenkbar.“ Niemals würde dort ein Fremder unfreundlich abgewimmelt oder gar ohne Antwort stehen gelassen werden.

    Etwas, wovon sich die junge Deutsche selbst gar nicht freisprechen will. „Ich dachte immer, ich bin ganz anders als andere, überhaupt nicht typisch europäisch.“ Erst in Japan habe sie gemerkt wie europäisch geprägt sie in Wahrheit ist. Wobei sie das nicht negativ bewerten mag. Denn, das sei wohl das Wichtigste, was Jugendbotschafter lernen und anderen weitergeben können: „Unsere Art zu leben und die japanische sind anders. Nicht besser oder schlechter. Einfach nur anders.“

    Das Land hat sie fasziniert und sie will in jedem Fall wieder hinreisen. Vorläufig bietet sie an, Klassen, Jugend- oder anderen Gruppen von ihren Erfahrungen und Erlebnissen zu berichten. „Ich kann jedem nur empfehlen, teilzunehmen – solange es die Möglichkeit noch gibt.“ Die Robert-Bosch-Stiftung, die als Förderer dahinterstand, hat sich Ende 2015 zurückgezogen. Bis auf die Teilnahmegebühr von 150 Euro mussten die Botschafter trotzdem nichts bezahlen. Wie es allerdings weitergeht, sei noch offen, sagt Dietrich.

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