Ole steht hoch im Kurs. „Dabei ist er der hässlichste, den wir im Angebot haben“, scherzt Ludwig Sicheneder und beäugt den VW Bulli T3 aus dem Jahr 1986 eher kritisch. Nie hätte er gedacht, dass eben jener Bulli mit seiner braunen Lackierung und holzvertäfelten Innenausstattung am meisten gefragt ist bei den Kunden. Doch genau dies scheint Oles Charme auszumachen.
Unter dem Logo „Main Bulli – VW-Bus-Verleih“ firmiert der kleine Service, den Ludwig Sicheneder gemeinsam mit seinem Kumpel Manuel Cazzella in Estenfeld betreibt. Was anfangs von Familie und Freunden als Schnapsidee abgetan wurde, läuft seit den Osterferien so gut, dass die beiden bereits jetzt an Expansion denken. In den kommenden fünf Jahren sollen weitere fünf T3's angeschafft werden, um der Nachfrage Herr zu werden. Denn bislang stehen neben Ole nur vier weitere Bullis im Fuhrpark, die bis weit in die Sommerferien hinaus gebucht sind.
Idee anfangs auf Eis gelegt
Warum aber gerade der T3? „Der hat genau die Größe, um ihn am besten zum Campingbus ausbauen zu können“, erklärt Cazzella. Hinzu komme, dass die älteren Modelle in der Anschaffung noch erschwinglich sind. „Die neuen kann sich kaum jemand leisten. Außerdem hat Ludwig von Kindesbeinen an Erfahrung mit diesem Bus.“ Er sei mit seinen Eltern schon mit einem solchen in den Urlaub gefahren, sagt der 30-Jährige. Groß war die Trauer, als diese Urlaube wegen eines Motorschadens jäh endeten. Doch schon als 13-Jähriger habe er gewusst, irgendwann besitzt er seinen eigenen. Als er mit 23 schließlich Geld von der Großmutter bekommt, wird „Edeltraud“ angeschafft, mit der er sofort nach Schweden in den Urlaub fährt.
Auf dem Campingplatz trifft er ein Pärchen mit dem gleichen Gefährt, dass sie gemietet hatten. „Das machen wir auch“, fassen er und seine Frau Bernadette einen Entschluss, der daheim jedoch erst einmal wieder auf Eis gelegt wird, weil in Deutschland dann doch alles so kompliziert erscheint.
Busse sind über 30 Jahre alt
Einige Jahre später aber tritt Manuel Cazzellla in das Leben Sicheneders. Beide kennen sich bereits von der Sporteignungsprüfung vom Lehramtsstudium her. Und wie es der Zufall will, landen beide nach dem Referendariat an der gleichen Schule. Schnell stellt sich heraus, dass Cazzella die Leidenschaft sowohl fürs Camping als auch für den T3 teilt, ist er doch mit jenem Fahrzeug vier Wochen in Neuseeland unterwegs. Endlich, im Mai 2017, wird aus der Schnapsidee eine konkrete Unternehmensplanung. Im Herbst schauen sich die beiden im Internet nach Bullis um und werden nach und nach fündig. Ole ist der erste, den sie anschaffen. Schnell bekommt er Gesellschaft von Rudi, Winni, Dodo und Bruno.
Die über 30 Jahre alten Vehikels sind mittlerweile 15 000 bis 20 000 Euro wert – Liebhaberstücke eben. Und das wissen offenbar auch die Touristen, die mittlerweile sogar Anfragen aus Spanien und Portugal stellen, weil es dort einen solchen Service nicht gibt. „Das ist so schön, wenn Kunden kommen und sich ihren Main-Bulli aussuchen“, freut sich Cazzella. Schließlich haben sich die beiden bei der Namensgebung etwas gedacht: Main steht gleichermaßen für den Fluss wie auch für mein. „Die Leute sollen eine Verbindung zu ihrem Bus haben, und die meisten haben das auch sofort. Nicht zuletzt weil alle einen Namen haben.“ Vor allem für Ole schlägt das Herz der Camping-Fans.
Jede freie Minute wird den Bullis gewidmet
Der „alte Herr“ wurde von den beiden im vergangenen Herbst ebenso liebevoll restauriert und repariert wie die vier anderen. Selbst bei minus fünf Grad Celsius stehen Cazzella und Sicheneder im Hof der Würzburger Straße und schrauben neue Scharniere an, verlegen Teppich und statten die Busse mit allem aus, was zum Camping dazu gehört. „Leidenschaft hält warm“, so Cazzella zum stundenlangen Hantieren in der Kälte. Lediglich die Motoren werden von gelernten Kfz-Mechanikern überholt oder ausgetauscht. „Auch wenn die Technik in den T3-Modellen relativ simpel ist. Ob Batterie, Wasserpumpe oder Zündkerzen – alles ist sichtbar und selbst von Werkstätten in Albanien zu reparieren", versichert Sicheneder.
Apropos Werkstatt: Bleiben die Urlauber mit einem der Busse mal liegen, sind sie selbstverständlich versichert und können in jede Werkstatt fahren. „Im Fall eines Komplett–Ausfalls haben wir einen Bus immer in Reserve, so dass einer Urlaubs-Fortsetzung nichts im Wege steht“, so Cazzella, dem das Wohlgefühl der Touristen ebenso wie Sicheneder am Herzen liegt. Dementsprechend sind auch die Busse großzügig ausgestattet. Vier Erwachsene können locker auf zwei Liegeflächen schlafen und auch ein 1,90 Meter Hüne kann unter dem Falt- oder Hochdach noch bequem kochen.
Und so wird auch eine Fahrt mit dem „hässlichen Ole“ zu einem besonderen Urlaub. Noch immer stehen die beiden fassungslos vor dem Bus, der wegen seines Aussehens eigentlich gar nicht gekauft werden sollte. „Aber vielleicht liegt sein Reiz gerade in der Nostalgie“, meint Cazzella, dem just in diesem Moment die Idee kommt, den langweilig weißen Dodo in einen himmelblauen Bus mit Prilblumen zu verwandeln.
Main Bulli Der Estenfelder VW-Bus-Verleih verfügt derzeit über fünf Bullis T3, drei Dieselfahrzeuge und zwei Benziner. Der Verbrauch liegt bei einem Gewicht von 1,8 Tonnen zwischen sieben und neun Liter/100 km. Zur Komplettausstattung gehören ein Gaskocher, Kühlschrank, Spüle sowie Geschirr und Besteck. Der Mietpreis pro Tag beläuft sich in der Hauptsaison (1. Mai- bis 12. September) auf 89 Euro, in der Nebensaison (1. März bis 31. April und 13. September bis 15. November) auf 79 Euro. Kontakt: Main Bulli, Ludwig Sicheneder und Manuel Cazzella, Würzburger Straße 7a, 97230 Estenfeld, Tel. (01 76) 31 70 47 84 oder (01 70) 2 07 09 96; E-mail; mainbulli.info@gmail.com; Internet: www.mainbulli.com