Darüber sind sich die Dorfbewohner von Rieden einig: „Rieda is wallich ä schüans Flackla auf darra Wald.“ In dem beschaulichen Ortsteil der Gemeinde Hausen am nördlichen Zipfel des Landkreises Würzburg hat die Heimatgeschichte seit jeher einen hohen Stellenwert. In diesem Jahr nun, zum 875-jährigen Bestehen, wird die Dorfgeschichte aufgeführt – als Theaterstück beim Festkommers am kommenden Samstag, 16. September.
Natalie Dees hat sich intensiv mit der Riedener Geschichte beschäftigt. Sie gehört zum Festausschuss zur Vorbereitung des Dorfjubiläums. Als Mitglied des Vereins „Junges Theater Rieden“ lag es nahe, dass geschichtliche Daten, überlieferte Sagen und Eigenheiten der Dorfbewohner auf die Bühne gehören. Und zwar in Mundart und witzig aufgearbeitet.
Blick von oben auf das Dorf
Die heilige Ottilie (660 bis 720) war eine Äbtissin und ist Schutzpatronin des Elsass und des Augenlichts. Sie ist die Kirchenpatronin der Pfarrei Rieden. Als „Mama Ottilia“ steigt sie im Stück „Mit der heiligen Ottilia durch die Riedener Geschichte“ „amal vom Himmel zu euch no“.
Schließlich habe sie von hoch oben den besten Überblick auf das fränkische Dörflein und wisse allerlei darüber zu berichten.
Sieben Ws hätten in grauer Steinzeit wohl dazu geführt, dass sich die Ur-Riedener am Katzenbach nieder ließen. Das Wasser, der Wald und die Wiesen seien für die Sippen offensichtlich optimal für Weiden, Wild, Wein und Weizen angesehen worden. Urkundlich erwähnt wurde Rieden allerdings erst im Jahr 1142 in einer Schenkungsurkunde des Würzburger Bischofs Embricho.
Embricho stammte aus einer hochadeligen Familie im Rheingau. Bischof in Würzburg war er von 1127 bis zu seinem Tod 1146. Er gründete Klöster, darunter das Schottenkloster in Würzburg. Diesem Kloster übergab er den „Neubruch Wolvesdal neben Rieden“. Die Schottenmönche sollten „auf ewige Zeiten“ von den Gütern des Landstrichs profitieren.
Die Vogteirechte ihres Besitzes blieben zwar beim Bischof und damit unter dessen Schutz. Aber „zur Befreiung von ihrem Mangel“ schenkte Bischof Embricho den Mönchen „den Ort Wolvesdal neben Rieden zusammen mit allen Rechten an der Schweineweide im Wald, sowie die Seen und Bäche, sowie Einkünfte und Nutzungen aus den Feldern, sowie im Übrigen alles Denkbare, was auf diesen Gütern vorgenommen werden kann“.
1339 wurde Rieden erstmals als „Kirchort“ genannt, aber die Pfarrei wurde erst viel später im Jahr 1883 errichtet. Bis dahin war Rieden eine Kaplanei von Eßleben im heutigen Landkreis Schweinfurt gewesen. Dort hatte auch ein Adelsgeschlecht von Rieden seinen Sitz. Urkundlich bezeugt ist, dass die Ritter und Brüder Nolt und Hans von Ryeden sowie deren Vetter Eberhard von Ryeden 1369 und 1394 Besitz verkauft haben.
Das Theaterstück greift Szenen des Centgerichts Eichelberg (Ende des 13. Jahrhunderts bis 1731), die Auswirkungen der Pest im Jahr 1611, Plünderungen durch die Franzosen 1796, das Ende des Weinbaus im Ort wegen Mehltau im Jahr 1904, die Einrichtung einer Poststelle 1910 oder den Bau der Wasserleitung 1930 auf.
12-Uhr-Läuten im Radio
Spaßig ist die Szene über Kaplan Krapf, der sich 1834 beim Königlichen Landgericht in Arnstein über die „größte Unordnung“ hinsichtlich der Plätzebesetzung in der Riedener Kirche beschwerte. Thematisiert wird auch die Sage, dass eine adelige Frau sich im Wald verirrte und aufgrund des Glockengeläuts der Riedener Kirche wieder ihren Weg fand. Als Dank für ihre Rettung schenkte sie Rieden den Waldteil Lindig. Um das Recht auf seine Jagdverpachtung ist 1850 mit der Nachbargemeinde Hausen vor Gericht gestritten worden. Die mittelalterliche Sage machte das Riedener Glockengeläut berühmt. Es ist an diesem Sonntag, 17. September, zum Dorfjubiläums als 12-Uhr-Läuten auf den Radiosendern Bayern 1 und BR Heimat zu hören.
Das geschichtliche Theaterstück wird den Gästen des Kommersabends sicherlich Freude bereiten. Ehrengäste wie Landrat Eberhard Nuß, Vertreter des Amts für Ländliche Entwicklung und der Historiker Professor Dr. Helmut Flachenecker sind eingeladen. Musikalisch gestaltet wird der Abend vom Chor Chorisma. Er singt auch ein eigens geschriebenes Jubiläumslied.
Der Festkommers am 16. September beginnt um 20 Uhr. Davor werden bei einem Dorfrundgang ab 18 Uhr die Jubiläumsfahne gehisst und der Gedenkstein zur 875-Jahr-Feier enthüllt. An drei Stationen ist beim Zug vom Stockbrunnen durch das Dorf ein Programm mit Kindern und Musikanten vorbereitet.
Geplant ist auch ein Preiswiegen von Kürbissen auf der historischen Viehwaage in der Ortsmitte am Samstag, 23. September, um 11 Uhr. Tüchtig gefeiert wird das Dorfjubiläum vom 30. September bis 2. Oktober. Höhepunkt ist der Festsonntag am 1. Oktober mit einem traditionellen Erntedankfestzug um 13.30 Uhr durch das Dorf und einem ganztägigen Programm auf den Straßen und in den Höfen mit Führungen, Ausstellungen und Aktionen.