Wenn es dunkel wird an der Festung Marienberg, wenn anderswo das Tagwerk verrichtet ist die Zugbrücke längst hochgezogen – dann beginnt für Andreas Wolter der spektakulärste Teil seiner Arbeit. Dann schlüpft er in die Rolle des Herzogs von Burgund und fungiert als rechte Hand des Kaisers Friedrich Barbarossa. Das Barbarossa Spectaculum auf der Festung biegt auf die Ritterturniergerade ein und lässt von Freitag bis Sonntag kleine und große Besucher mittelalterliches Treiben nochmals hautnah erleben. Und zu den Höhepunkten zählt das eigens für die malerische Kulisse des Burggrabens geschriebene Stück „Das Drachenzepter“. Das nächtliche Spektakel, das schon am vergangenen Wochenende über 5000 Zuschauer entzückte, bietet historische Szenen, fantastische Pyro-Effekte – und eben akrobatische Höchstleistungen von Andreas Wolter und seinen Kollegen.
„Allein die Dunkelheit sorgt für eine völlig andere Stimmung als bei den Ritterturnieren am Nachmittag“, sagt Darsteller Andreas Wolter. Rund ein Jahr hätten die umfangreichen Vorbereitungen für „Das Drachenzepter“ gedauert: „Wir versuchen, die vielschichtigen Charaktere und Handlungsstränge zu zelebrieren.“
Das nächtliche Treiben hat Auswirkungen, nicht nur aufs Publikum, sondern auch auf die insgesamt 84 Mitwirkenden, sechs Pferde und das Maultier. „Die Atmosphäre beeinflusst unsere emotionale Einstellung, wir versetzen uns ganz und gar in die Rollen hinein“, lässt der 31-jährige Stuntman einen Blick hinter den Vorhang seiner Gefühlswelt zu. Nach dem Auftritt dauert es eine Weile, bis er und die anderen Darsteller ihren Adrenalinspiegel wieder auf den normalen Pegel gesenkt haben.
„Was so spielerisch aussieht, ist harte, schweißtreibende Arbeit“, sagt Wolter. Jeden Tag trainiert er eine Stunde mit seinem Pferd, außerdem hält er sich durch Dauerläufe fit. Er ist schon zum vierten Mal beim Barbarossa Spectaculum in Würzburg mit von der Partie, dennoch verzaubert ihn der „einzigartige Turnierplatz“ auf der Festung immer wieder. „Keine Spielstätte ist hiermit vergleichbar.“ An immerhin 16 Veranstaltungsorten ist er jedes Jahr unterwegs – hat also Vergleichsmöglichkeiten.
Einer seiner dämonischen Widersacher im „Drachenzepter“ ist Alexander Junginger, der während der Aufführung die Fronten wechselt und – dem „Happy End“ sei Dank – zum Schluss mit seinen bösen Haudegen untergeht. „Meine Spezialität sind Stürze vom Pferd“, sagt Junginger. Zurzeit machen ihm diese Aktionen jedoch nicht soviel Vergnügen wie sonst, weil er seit zwei Wochen an einem Kreuzbandanriss im linken Knie leidet.
Der 27-Jährige präsentiert trotzdem Tricks auf und neben dem Pferderücken und liefert sich klirrende Schwertkämpfe. „Die sehen aber gefährlicher aus, als sie tatsächlich sind, weil wir uns an eine Choreografie halten.“
Bei Junginger fiel der Apfel nicht weit vom Stamm: Sein Vater Fritz gehört ebenfalls der Darstellergruppe „Compania Ferrata“ an, deshalb ist er schon seit seinem fünften Lebensjahr als Akteur mittendrin in mittelalterlichen Aufführungen. „Am Drachenzepter gefällt mir besonders, dass wir mehr schauspielern können“, sagt Junginger. Trotz seines riskanten Nebenerwerbs – im Hauptberuf ist er Hufschmied – will er Helm und Lanze auf keinen Fall an den Nagel hängen. „Es ist ein wahnsinnig schönes Gefühl, im Rampenlicht zu sein, und von den begeisterten Zuschauern bejubelt zu werden.“
Barbarossa Spectaculum
An der Festung verwandeln 150 Buden, Zelte und Stände den Graben in ein Heerlager mit Kaiser und Hofstaat, Rittern und Rössern sowie einem mittelalterlichen Markt mit Händlern, Gauklern und Spielleuten. An diesem Freitag, 17. August, wird die Zugbrücke von 16 bis 23 Uhr heruntergelassen, „Das Drachenzepter“ ist um 21 Uhr zu sehen. Am Samstag, 18. August, ist der Burggraben von 11 bis 23 Uhr offen, das Ritterturnier beginnt um 16.30 Uhr, die Abendshow um 21 Uhr. Am Sonntag, 19. August, ist kunterbuntes Treiben von 10 bis 19 Uhr, um 16 Uhr tragen die Ritter letztmals ihr Turnier aus.
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