Angefangen hat alles am 9. August 1945, als Dr. Helmut Gura nach der Flucht aus Oberschlesien unter schwierigen Bedingungen in der Gartenstraße die Allgemeinarztpraxis Gura eröffnete. Zu den Hausbesuchen ging es damals nicht per Auto, sondern mit einem Zirkuspferd und Wagen.
Nach mehrmaligen Umzügen war die Praxis bis 1977 in der Rothenburger Straße und anschließend am Marktplatz im 1. Stock der Sparkasse untergebracht. Im Jahre 1975 kamen Sohn Dr. Christian Gura und 1977 Schwiegertochter Dr. Monika Gura-Seißer hinzu. In dieser Besetzung arbeitete das Trio bis 1997. Zu diesem Zeitpunkt musste der 85-jährige Dr. Helmut Gura altersbedingt den Kassenarztdienst abgeben. Im Frühjahr dieses Jahres starb der sehr populäre und für seine Heimatgemeinde stets engagierte Arzt 93-Jährig.
Zum 30. September verließ nun das Arztehepaar Gura endgültig die Praxis, nachdem zwei Nachfolger gefunden waren. Das war aber gar nicht so einfach, verriet Dr. Christian Gura unserer Zeitung. Zum einen herrscht aktuell ein Landarztmangel und zum anderen sollten es wegen der Größe der Praxis erneut ein Ehepaar oder zwei Ärzte sein, die harmonisch eine Gemeinschaftspraxis führen.
Dass sie mit Dr. Patrick Ball (36) und Dr. German Renner (35) ein perfektes Duo gefunden haben, davon sind beide überzeugt. Die beiden Internisten, die sich nach ihren Worten vor sieben Jahren im Juliusspital in Würzburg kennen- und schätzen gelernt haben, wollen das Leistungsspektrum noch ausweiten, wie etwa Ultraschalldiagnostik und die gesamte hausärztliche Versorgung in gewohnter Weise mit dem bisherigen Personal der Praxis Dr. Gura weiterführen.
In ihrem über drei Jahrzehnte währenden gemeinsamen Wirken als Landärzte sieht das Ehepaar Gura in der Zunahme der Bürokratie und der unumgänglichen Einführung der EDV die größten Veränderungen ihres beruflichen Werdegangs.
Dank neuer medizinsicher Techniken und Medikamente haben die Notfälle, vor allem nachts, stark abgenommen, so der 64-jährige Mediziner. Hierzu zählt er an erster Stelle die Asthmaanfälle. Das neue Spray sei eine große Verbesserung.
Trotzdem blicken beide auf eine schöne Zeit als Landärzte zurück. Gerade bei den Hausbesuchen sieht man das ganze Umfeld der Familie. Hatten sie in den letzten 30 Jahren wenig Freizeit, wollen sie sich künftig mit den schönen Dingen des Lebens beschäftigen. Dazu gehört in erster Linie, viel Zeit mit Enkel Boris zu verbringen. Da beide Kunstliebhaber sind, will sich Dr. Monika Gura-Seißer vor allem der Kunstgeschichte widmen und ihr Gatte will nicht nur Ausstellungen besuchen sondern auch aktiv malen.
Bei seinem kurzem Innehalten im Gewölbekeller, bedankte sich Dr. Christian Gura vor allem bei seinem gesamten Praxisteam, dem intakten Netz, das die Ärzte und Krankenhäuser der Region beinhaltet, für die sehr gute Zusammenarbeit.
Neben Dr. Peter Rost vom Hartmannbund und Luitgard Hubert (Kirchengemeinde) bedankte sich auch Röttingens Bürgermeister Günter Rudolf für die guten Dienste, die das scheidende Ärzteehepaar mit Vater Helmut in sechs Jahrzehnten für Röttingen und seine Region geleistet hat. In seinem Willkommensgruß an die beiden "Neuen" teilte der Rathauschef mit, dass für die beiden bereits Bauplätze reserviert sind.