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Würzburg: Nach Anschlag in Halle: Wie ist die Stimmung in Würzburg?

Würzburg

Nach Anschlag in Halle: Wie ist die Stimmung in Würzburg?

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    Das Shalom Europa in Würzburg ist Jüdisches Gemeindezentrum und Synagoge der Stadt. Nach dem Anschlag in Halle wird es zusätzlich von der Polizei gesichert.
    Das Shalom Europa in Würzburg ist Jüdisches Gemeindezentrum und Synagoge der Stadt. Nach dem Anschlag in Halle wird es zusätzlich von der Polizei gesichert. Foto: Thomas Obermeier

    Es war ein schwarzer Tag für die Juden in Deutschland. Am Mittwochnachmittag hat ein schwerbewaffneter Täter versucht, in einer Synagoge in Halle ein Blutbad unter Dutzenden Gläubigen anzurichten. Und auch in der Jüdischen Gemeinde Würzburg, Shalom Europa, herrscht Wut und Entsetzen. 

    Die jüdische Gemeinde in Halle entging am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur nur knapp einer Katastrophe. Der 27-jährige mutmaßliche Rechtsextremist Stephan B. wollte nach Angaben der Polizei die Synagoge stürmen, scheiterte jedoch. Danach soll er in einem nahen Döner-Imbiss zwei Menschen erschossen und mindestens zwei weitere Personen verletzt haben. 

    Würzburger Rabbiner fühlt mit den Angehörigen

    Auch in Würzburg feierten Gemeindemitglieder am Mittwoch Jom Kippur in der Synagoge. Einen Tag später zollen Unbekannte mit vor dem Würzburger Gebäudekomplex niedergelegten Kerzen und Blumen - roten und weißen Rosen - den Opfern ihren Respekt. 

    Im Eingangsbereich des Gebäudes haben zwei bewaffnete Polizisten Position bezogen. Gegenüber stehen Polizeibusse mit Beamten, die die Lage beobachten. Ein junger Mann steht vor dem Tor. Seine Hände versteckt in den Jackentaschen starrt er auf das Gebäude, dann wieder zu den Blumen. Immer wieder schüttelt er den Kopf: "So viel Hass", sagt er. "Warum nur gibt es so viel Hass auf der Erde?"

    "Solche Attentäter haben es nicht nur auf die Juden abgesehen, sie wollen die gesamte Menschheit vernichten."

    Jakov Ebert, Rabbiner in Würzburg

    Diesen Hass gibt es laut des Würzburger Rabbiners Jakov Ebert im jüdischen Glauben nicht. "Mir tut das sehr leid für die Angehörigen der Opfer." Er tut sich schwer mit dem Sprechen, seine Stimme ist heiser durch das viele Reden an den jüdischen Feiertagen."Solche Attentäter haben es nicht nur auf die Juden abgesehen, sie wollen die gesamte Menschheit vernichten."

    Auch in der Region Mainfranken hat die Polizei nach dem Anschlag von Halle/Saale ihre „präventiven Maßnahmen zum Schutz insbesondere von jüdischen Einrichtungen erhöht“, wie eine Sprecherin des Polizeipräsidiums bestätigte. Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdung gebe es jedoch nicht. Dennoch wurde am Donnerstag in Kitzingen auch eine Veranstaltung im städtischen Kulturzentrum der Alten Synagoge durch Einsatzkräfte bewacht.
    Auch in der Region Mainfranken hat die Polizei nach dem Anschlag von Halle/Saale ihre „präventiven Maßnahmen zum Schutz insbesondere von jüdischen Einrichtungen erhöht“, wie eine Sprecherin des Polizeipräsidiums bestätigte. Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdung gebe es jedoch nicht. Dennoch wurde am Donnerstag in Kitzingen auch eine Veranstaltung im städtischen Kulturzentrum der Alten Synagoge durch Einsatzkräfte bewacht. Foto: Michael Mößlein

    Doch Ebert macht klar, er mache sich keine großen Sorgen um das jüdische Volk, denn: "Wir stehen alle unter dem Schutz Gottes." Vielmehr kritisiert er das Benehmen unter den Menschen. "Der liebe Gott erwartet, dass wir Menschen gut zueinander sind, dass wir uns alle versöhnen."

    Spontane Mahnwache am Mittwochabend

    Bereits am Mittwochabend hatten sich rund 20 Menschen zu einer spontanen Mahnwache vor dem Shalom Europa versammelt. Trotz strömenden Regens hatten sie Kerzen angezündet, um ihre Solidarität mit der jüdischen Gemeinde zu zeigen. Mit dabei unter anderem die Bundestagsabgeordnete Simone Barrientos (Linke) und Pfarrer Burkhard Hose, der katholische Vorsitzende der Gesellschaft für christliche-jüdische Zusammenarbeit in Würzburg. Einige Vertreter der Antifa waren zuvor vom Marktplatz mit einem Banner „Gegen Naziterror“ zum jüdischen Gemeindezentrum gezogen.

    „Mir war wichtig, an einem Tag wie diesem nicht auf der Couch sitzen zu bleiben“, sagt Hose zu seinem Motiv. „Die Juden brauchen jetzt unsere Solidarität.“ Nach dem Gottesdienst, der zum Abschluss des jüdischen Versöhnungsfestes Jom Kippur in der Synagoge gefeiert wurde, suchten Vertreter der jüdischen Gemeinde Kontakt zu den Demonstranten. Mit dabei auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, und seine Familie.

    Würzburger Gemeindemitglieder sind der Polizei dankbar

    Auch Alexandra Golosovski ist Mitglied der jüdischen Gemeinde in Würzburg. Die Managerin des dortigen Büros war Zuhause, als sie von dem Anschlag erfuhr. Stundenlang saß sie vor ihrem Fernseher und verfolgte die Nachrichtenlage. "Ich wusste sofort, dass das alles einen antisemitischen Hintergrund hatte, auch wenn die Nachrichten zuerst nichts davon berichtet hatten", sagt sie auf ihrem Bürostuhl sitzend. Im Hintergrund hängt ein Magnet an der Wand. "Würzburg ist bunt", steht darauf geschrieben, und: "Demokratie und Toleranz."

    "Natürlich waren und sind immer Ängste da", erzählt sie, "es gibt zu viel Antisemitismus in Deutschland." Deshalb sei sie, und da spreche sie auch für all ihre Gemeindemitglieder, sehr dankbar, dass sie sich in Würzburg immer auf die Polizei verlassen könne. "Schon seit Jahren kommen sie immer bei Gottesdiensten und überwachen das Gebäude." Das gebe ein starkes Sicherheitsgefühl.

    Deshalb sei sie auch so erstaunt gewesen, als sie hörte, dass an Jom Kippur in Halle keine Polizeistreife vor Ort war. Auch Josef Schuster äußerte heftige Kritik an den Sicherheitsbehörden. "Das zeigt doch, wie blauäugig sie angesichts dieser potenziellen Gefahr sind", so Golosovski.

    OB Schuchardt: Die Zivilgesellschaft muss aufstehen

    Auch Würzburgs Oberbürgermeister äußerte sich zu den schrecklichen Vorkommnissen im über 300 Kilometer entfernten Halle. "Das Attentat macht uns sehr deutlich, dass in jeder beliebigen Stadt in Deutschland schreckliche Vorfälle und Attentate passieren können", sagt er. "Das macht uns auch deutlich, dass es nur ein kleiner Schritt ist zwischen einem Wort und der Tat." Als Zivilgesellschaft müsse hier aufgestanden werden. Er fordert die Menschen auf, Position zu beziehen. Sein Appell:  "Wir wollen uns einsetzen für einen Staat und eine Stadtgesellschaft, die Mitmenschlichkeit kennt."

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