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OCHSENFURT: Neuland für alte Schriften

OCHSENFURT

Neuland für alte Schriften

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    Ein eingespieltes Team beim Umzug des Stadtarchivs Ochsenfurt sind (von links) Ulli Schmidt, Susanne Lang, Bernhard Kittel und Peter Wesselowsky, die hier gerade Bücher aus dem Karton holen, um sie im historischen Apothekenschrank zu verstauen.
    Ein eingespieltes Team beim Umzug des Stadtarchivs Ochsenfurt sind (von links) Ulli Schmidt, Susanne Lang, Bernhard Kittel und Peter Wesselowsky, die hier gerade Bücher aus dem Karton holen, um sie im historischen Apothekenschrank zu verstauen. Foto: Foto: Klaus L. Stäck

    Ein weißer Kastenwagen steht mit geöffneter Hecktür im Hof vor der Tür des Stadtarchivs an der Kellereistraße. Zwei Männer einer Umzugsfirma schaffen Schrank um Schrank, Kiste und Kiste aus dem Haus und verfrachten sie in den Wagen. Weit müssen sie nicht fahren, nur wenige hundert Meter bis an die Ecke Sterngasse/Zwinger. In der ehemaligen Zehntscheune, die früher die Feuerwehr beherbergte, brechen für das Stadtarchiv moderne Zeiten an.

    Es ist nicht der erste Ortswechsel. Anfangs befanden sich die historischen Dokumente im Dachgeschoss des Neuen Rathauses. In den siebziger Jahren wechselte das Archiv in den Bau an der Kellereistraße, nachdem die Polizei von dort in das ehemalige Gesundheitsamt am Strickleinsweg umgezogen war. Räume im Erdgeschoss konnten ab 1986 mit genutzt werden.

    Optimal war die Unterbringung nie.

    Den heutigen gesetzlichen Anforderungen genügt sie nicht. Die muss die Stadt aber erfüllen, weil Archivpflege eine kommunale Pflichtaufgabe ist, etwa wie Wasserversorgung oder Kinderbetreuung. Das Gebäude ist nicht barrierefrei. Der Brandschutz kann nicht sichergestellt werden. Das schwere Mobiliar und dessen Inhalt rührten an der statischen Belastbarkeit.

    Feuchtigkeit drang durch Dach und Wände, was dem wertvollen Archivgut schaden könnte. Große Investitionen wären nötig gewesen. Handlungsdruck entstand zusätzlich, als beim Freistaat Überlegungen aufkamen, das Palatium mit Nebengebäuden zu veräußern.

    Das „Gedächtnis der Stadt“, wie das Archiv auch genannt wird, brauchte eine neue Bleibe. Mehrere angebotene Objekte wurden mit dem damaligen Kreisarchivpfleger Peter Wamsler in Augenschein genommen. Wegen der günstigen Lage und des Raumangebots wurde die ehemalige Zehntscheune ausgewählt. Die hatte ein privater Investor erworben, modernisiert und umgebaut. In die Obergeschosse kamen Wohnungen.

    Die Räume im Erdgeschoss hat die Stadt unbefristet gemietet – zu ortsüblichen Preisen, wie Bürgermeister Peter Juks betont. Auf gepackten Koffern sitzt das Archiv schon seit Jahren. In den alten Gemäuern an der Kellereistraße warten viele zentnerschwere Kartons, nummeriert und mit Stichworten versehen, auf Abholung.

    Ein paar Bilder und alte Landkarten hängen noch an den Wänden. Die Männer der Umzugsfirma bringen weiterhin fleißig Möbel und Kartons in die Zehntscheune. Dort ist Stadtarchivar Peter Wesselowsky bereits in seinem Element. Im ehemaligen Feuerwehrschulungsraum haben die historischen Apothekenschränke ihren Platz gefunden, in die Bücher verstaut werden.

    Die ehrenamtlichen Helfer Bernhard Kittel und Ulli Schmidt packen aus und sortieren ein. Wesselowsky sorgt dafür, dass alles an den richtigen Platz kommt „Das ist Stadt Ochsenfurt, das kommt in das linke Fach. Das ist Franken, das kommt in dieses Fach daneben.“ Es geht alles flink, Hand in Hand. Das Team ist bereits gut eingespielt.

    Nicht nur alte Schränke werden gefüllt.

    In einem der Depoträume stehen stählerne Rollregeale. Es sind gebrauchte aus dem Rathaus. Für den zweiten Depotraum sind neue Rollregale bestellt. In ihnen sollen empfindliche Dokumente geschützt überdauern können. Solche historischen Schätze hat die Stadt reichlich.

    Zu den ältesten und wertvollsten zählen laut Peter Wesselowsky Urkunden ab Beginn des 13. Jahrhunderts, die Ganzhorn-Bibliothek, die kompletten Bürgermeister- und Baumeisterrechnungen ab dem 14. Jahrhundert, darunter alle, die mit den zahlreichen Brückenreparaturen zu tun haben. Die raumklimatischen Verhältnisse im neuen Archiv werden überwacht, um feststellen zu können, ob zusätzliche technische Vorkehrungen nötig sind.

    Zu einem modernen Archiv, das auch wissenschaftlichen Studien dienen soll, gehören Computer und Technik zur Digitalisierung. Die Stadt investiere ungefähr 100 000 Euro in die Sachausstattung, so Bürgermeister Juks. Neuland werde beschritten.

    Der Einstieg in die professionelle Archivarbeit habe mehr Personal erfordert. Susanne Lang wurde von der Stadt als hauptamtliche Teilzeitkraft für das Archiv eingestellt. Aufzuarbeiten gebe es genug. Der heutige Archivbestand sei längst nicht alles, so Juks. So liegen im Rathaus noch Protokolle aus 100 Jahren, die sachgerecht eingelagert werden müssen. Rein ehrenamtlich sei das nicht zu schaffen. Der ehrenamtliche Stadtarchivar sei dennoch unverzichtbar. Und der braucht seine Unterstützer.

    Die fördern aus den Kartons auch Dinge hervor, die man in einem Archiv eher nicht vermutet: säuberlich in Papier eingewickeltes Glas- und Porzellangeschirr, das aus der Schenkung Dr. Muß stammt und in einem Vitrinenschrank Platz findet.

    Schnell steht alles akkurat wie von Hausfrauenhand hinter der Scheibe. Fast blindlings können es die Helfer zuordnen. „Wie haben's ja auch selber eingepackt,“ sagt Ulli Schmidt. Man merkt, dass die Umzugshelfer Spaß an der Sache haben. „Es ist ja eine schöne Arbeit,“ sagt Wesselowsky und meint das auch als Ansporn. Weitere Freiwillige sind willkommen. Zu tun gibt es noch mindestens bis zum Ende dieses Jahres.

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