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Nicht alle bezahlen ihr Benzin

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Nicht alle bezahlen ihr Benzin

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    Viele nutzen den Aufenthalt zu
einer kurzen Inspektion ihres
Fahrzeuges.
    Viele nutzen den Aufenthalt zu einer kurzen Inspektion ihres Fahrzeuges. Foto: FOTOS (2) T. RUPPERT

    Der Familienvater ist nicht der Einzige, der heute schlecht gelaunt auf den Rastplatz kommt. Eine junge Frau keift im Restaurant ihren Freund an, weil sich dieser nicht entscheiden kann. "Die Laune unserer Kunden ist immer vom Verkehr abhängig", sagt der Pächter der Raststätten Würzburg Nord und Süd, Michael Berghammer.

    "Viele sind gestresst und brauchen jemanden zum quatschen."

    Irene Kolodziejczyk Betriebsleiterin

    Am Fenster im angenehm klimatisierten Restaurant sitzen Geschäftsleute. Über einen Laptop gebeugt arbeiten sie konzentriert. "Wir liegen in Deutschlands Mitte und sind so Treffpunkt für Geschäftspartner", erklärt Berghammer. Ein Glas frisch gepresster Orangensaft und eine Tasse Kaffee später verlassen die Männer den Raum.

    Kaffee wird an diesem Tag in rauen Mengen getrunken. 1 000 bis 3 000 Tassen werden täglich ausgeschenkt, weiß der Pächter. Und der Kaffeesatz findet ebenfalls reißenden Absatz. In kleinen Behältern ist er vor dem Rasthaus gestapelt und wird kostenlos an Gartenfreunde verschenkt. "Als Dünger."

    Auf dem Parkplatz läuft ein junger Mann mit Rucksack entlang und sucht eine Mitfahrgelegenheit nach Stuttgart. 20 Minuten später steigt er glücklich in einen dunkelgrünen BMW. "Hier gibt es auch viele Aussteiger, die mit Lkw-Fahrern durch Europa touren", erzählt Berghammer, der schon seit 1978 an der Raststätte arbeitet.

    An einen erinnert er sich besonders gerne. "Winfried hat sich immer zum Kaffee einladen lassen, aber nie ohne Gegenleistung", schmunzelt er. "Winfried hat sich immer einen Besen geschnappt und losgefegt."

    Aber nicht nur der "Autobahnfuzzi", wie Berghammer ihn nennt, bietet Gesprächsstoff. "Hier kommt es auch schon mal vor, dass ein Mann ohne seine Frau den Rasthof verlässt."

    Und das gar nicht mal so selten, bestätigt Markus Schlemmer, Polizeioberkommissar der Verkehrspolizeiinspektion Biebelried. "Es wurden auch schon mal Kinder vergessen, die Kollegen dann hinterher gefahren haben."

    In der Aral-Tankstelle machen Werner Glos und Frank Weller von der Autobahnmeisterei gerade ein Kaffeepäuschen. "Wir sind auch für den Müll zuständig, den die Leute liegen lassen." Gerade in der Ferienzeit ist der Müllberg besonders groß. Und außergewöhnlich "Wir haben sogar mal Schränke und Klamotten gefunden", erinnert sich Weller.

    Um die Männer in Orange herrscht Hektik. Ute Mantsch, Katrin Hausmann und Betriebsleiterin Irene Kolodziejczyk verkaufen Pizza, kassieren Geld für Benzin und haben ein offenes Ohr für alles. Menschen aus dem Ostblock würden sie vor allem als Helfer ansehen. "Wir helfen, wenn sie sich verfahren haben, jemand krank ist oder den ADAC braucht", sagt Kolodziejczyk.

    70 Prozent ihrer Kunden kaufen nicht nur Süßigkeiten, sondern tanken auch. Aber nicht alle bezahlen. "So manch einer vergisst es", sagt die Leiterin und beruft sich auf die Überwachungsvideos. "Wenn jemand Benzin klauen will, dann kommt er doch nicht erst in den Laden und schaut sich um."

    In der Toilettenanlage schwingt Waldemar Darst aus der Ukraine das Putztuch. Nach jedem Kunden wischt er die Brille sauber, kontrolliert, ob noch Klopapier da ist. Über die Klo-Gewohnheiten der Besucher wissen er und Irene Kolodziejczyk so einiges zu berichten. "Die türkischen Landsleute müssen sich vor dem Beten immer die Füße waschen und das machen sie hier, obwohl die Waschbecken dafür überhaupt nicht geeignet sind", sagt die Betriebsleiterin.

    Und auch Michael Berghammer weiß so einiges über kaputte Klobrillen zu erzählen. "Menschen aus arabischen Ländern stellen sich, wenn sie ihr Geschäft verrichten, oft auf die Brillen", sagt der 49-Jährige.

    "Es ist schwer für uns, immer sicher zu planen."

    Michael Berghammer Raststätten-Pächter

    Auf dem Rastplatz vertreten sich viele Trainingsanzugsträger die Beine, machen eine Brotzeit auf dem Autodach. Viele Holländer, Engländer, Italiener sind unterwegs, die alle etwas gemein haben: Sie genießen den wunderschönen Blick über Würzburgs Weinberge. "Das ist wirklich die schönste Raststätte in ganz Deutschland. Nicht zuletzt wegen diesem Ausblick", schwärmt eine Frau, die unterwegs in den Harz ist.

    1,2 Millionen Reisende werden pro Jahr am Rasthof Würzburg Nord rund um die Uhr bewirtet. Etwas weniger machen in Würzburg Süd Halt. "Das meiste ist an den Tagen nach Fasching bei uns los oder bei solchen Ereignissen wie dem Weltjugendtag", sagt Berghammer. "Deswegen ist es schwer, immer sicher zu planen."

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    Die 110 Mitarbeiter müssten ganz schön auf Zack sein und sofort für Nachschub sorgen, wenn etwas fehlt. Aber das käme zum Glück nicht allzu oft vor. "Und wenn wir doch mal überrannt werden, wie zum Beispiel jetzt am Weltjugendtag, dann müssen wir eben das Beste daraus machen", lacht er.

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