Üble rassistische Beleidigungen und ein blauer Fleck haben eine 62-Jährige aus einer Vorstadtgemeinde zum ersten Mal in ihrem Leben vor Gericht gebracht: Die Verwaltungsangestellte wurde zur Zahlung von 40 Tagessätzen zu je 50 Euro verurteilt.
Es ist eine dieser Geschichten, die das Leben schreibt: Eine lange Ehe ist zerrüttet, die Frau will das nicht so recht wahrhaben, der Mann hat bereits eine neue Partnerin. Irgendwann treffen die beiden Damen aufeinander. Im vorliegenden Fall geschah das dummerweise im ehelichen Schlafzimmer.
Dort habe die 62-Jährige ihre 30 Jahre jüngere Konkurrentin überrascht, mit ausländerfeindlichen Ausdrücken belegt und sie so hart am Arm gepackt, dass sich blaue Flecken bildeten, sagt der Staatsanwalt. Die kleine, rundliche Frau auf der Anklagebank schüttelt energisch den Kopf. „Das stimmt nicht, das muss ich von mir weisen.“
Als sie am Abend des 15. Juni nach einer Reise heim gekommen sei, habe ihr Mann in der Küche fern gesehen – und auf dem Ehebett habe eine ihr „unbekannte junge Frau“ gesessen. „Ich habe sie dann der Wohnung verwiesen, aber beleidigt oder verletzt habe ich sie nicht“, sagt die 62-Jährige. Sie sei sogar ganz stolz auf sich gewesen, dass sie in dieser Situation „so ruhig geblieben“ sei.
Die Richterin erkundigt sich nach dem Zustand der Ehe. Zur Zeit des Vorfalls im Schlafzimmer sei von Trennung keine Rede gewesen, sagt die Angeklagte. „Wir wollten zusammen alt werden und füreinander sorgen“. Man habe zusammen gewohnt, im selben Bett geschlafen. Zwar habe ihr Mann immer mal „Frauengeschichten“ gehabt. „Aber das interessierte mich nicht“, sagt die 62-Jährige. Die Frau, die da in ihrem Schlafzimmer gesessen hat, habe sie vorher „noch nie gesehen“. Dann erzählt sie, dass ihr Mann inzwischen die Scheidung beantragt habe – und schimpft auf ihn.
Seit fünf Jahren ein Paar
Nun tritt die Geliebte des Noch-Ehemannes in den Zeugenstand. Seit fünf Jahren seien sie und der Mann der Angeklagten ein Paar, erzählt die 32-jährige Chemikerin dem Gericht. Vier Jahre lang hätten sie zusammen gelebt, das nicht verheimlicht und sich auch in der Öffentlichkeit zusammen gezeigt. Da sie inzwischen in einer anderen Stadt arbeite, sehe sie ihren Freund nur noch an den Wochenenden. „Wenn seine Frau verreist war, haben wir in seinem Haus übernachtet, damit wir kein Hotelzimmer nehmen müssen.“ Die Tochter oder der Schwiegersohn hätten immer Bescheid gesagt, wenn die Mutter nicht da war.
Die Chemikerin, die den 62-Jährigen nach seiner Scheidung heiraten will, ist sich sicher, dass die Angeklagte sie kennt. „Sie weiß, dass wir zusammen sind“. Zumal alle drei denselben Arbeitgeber hatten.
Die Erinnerung der Zeugin an den 15. Juni ist noch sehr lebendig. „Dass sie mich Schlampe und Hure genannt und mich am Arm gepackt hat, war unangenehm“, sagt die 30-Jährige. Angezeigt habe sie die Frau ihres Freundes aber wegen der „politischen Ausdrücke“. So etwas sei für sie „nicht akzeptabel“.
Der Noch-Ehemann der Angeklagten bestätigt die Angaben seiner Geliebten. Und er sagt, dass die Ehe schon lange vor dem Vorfall am Ende war. Seine Frau und er seien „seit Jahren nur noch eine Zweckgemeinschaft“. Die Kommunikation habe „über Zettel“ stattgefunden, gemeinsame Nächte im ehelichen Schlafzimmer habe es nicht gegeben und man sei „aneinander vorbei gegangen“. Die Chemikerin habe er 2007 kennen gelernt, davor habe er eine andere Freundin gehabt. Als der 62-Jährige seine Aussage beendet hat, spricht seine Frau ihn an: „Ich hoffe, Du kannst mit diesen Lügen leben.“
Der Staatsanwalt ist überzeugt, dass der Mann und seine Freundin die Wahrheit sagen und fordert wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 50 Euro, insgesamt 2000 Euro. Die rassistischen und ausländerfeindlichen Sprüche der 62-Jährigen nennt er „unter aller Sau“. Die Angeklagte, die sich selbst verteidigt, spricht von einem „Komplott“.
Das Gericht verurteilt die 62-Jährige so, wie der Anklagevertreter es gefordert hat. Sowohl der Mann als auch seine Freundin hätten „glaubwürdige Aussagen“ gemacht und „keinen Belastungseifer“ gezeigt.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.