Und wieder klingelt das Telefon bei Jörg Rosa, Geschäftsführer der Stepf Tabakwaren (Schweinfurt). Ein älterer Mann ist am Apparat und versteht die Welt nicht mehr. Plötzlich spucke der Automat keine Zigaretten mehr aus. Rosa erklärt, was zu tun ist, weist den Mann darauf hin, dass er nun eine Bankkarte braucht, auf der ein Altersmerkmal gespeichert ist. Während Nichtraucher die Aufregung um die „neuen“ Zigarettenautomaten nicht verstehen, sie als positives Zeichen im Kampf gegen den Glimmstengel werten, fühlen sich Raucher bevormundet. So auch der Würzburger Peter Hörner: „Ich habe einen Automaten direkt vorm Haus, aber mit meiner EC-Karte funktioniert er nicht.“ Hörner sieht nicht ein, extra deswegen eine neue Bankkarte zu beantragen.
„Alles was neu ist, erscheint erstmal fremd", erklärt Rosa die Unsicherheit vieler Raucher. In den vergangenen zwei Jahren rüstete er seine etwa 40 Automaten in der Stadt und 150 im Landkreis Würzburg auf. Kosten für den Einbau des Kartenlesegerätes und die Umstellung: 500 Euro pro Gerät. Jetzt kommen erhebliche Umsatzeinbußen dazu, „in den ersten Januar-Wochen waren es fast 70 Prozent“. Doch Rosa denkt positiv: „Der Automat wird wieder an Bedeutung gewinnen.“ Ziel sei nämlich ein bequemes und bargeldloses Einkaufen dank des aufgeladenen goldenen Chips auf der Bankkarte: „Karte rein, Zigaretten raus.“
Hinzu kommt – da stimmt ihm Klaus Müller-Wolf (Wolf-Tabakwaren) von der Konkurrenz aus Gerolzhofen zu: „Der Automat ist der sicherste Verkäufer in Bezug auf den Jugendschutz.“ Auch Müller-Wolf, der im Verbreitungsgebiet Franken insgesamt 5000 Automaten bedient, sieht momentan eine sehr rückläufige Tendenz. Zahlen will er noch keine nennen: „Viele Raucher haben sich erst jetzt eine neue Bankkarte bestellt und überbrücken die Zeit.“
Des einen Leid ist des anderen Freud: Würzburger Tabak-Geschäfte, Supermärkte, Drogerien und auch Tankstellen verzeichnen derzeit ein Plus im Verkauf von Glimmstengeln. „Oft haben unsere Kunden die vier Euro noch in der Hand, die eigentlich für den Automaten bestimmt waren", sagt Manfred Hebling vom Tabakwaren-Geschäft in der Theaterstraße. Oder sie kaufen statt einem Päckchen nun gleich mehrere. „Das merkt man besonders, wenn es aufs Wochenende zugeht“, so Hebling.
Den gestiegenen Umsatz hat auch Peter Köhler von „Lotto Köhler“ im K&L Ruppert bemerkt. „Ich schätze der Verkauf ist um 15 Prozent gestiegen. Die Kunden sind von den nicht funktionierenden Automaten genervt und kaufen oft mehrere Packungen auf einmal.“ Allerdings, so Köhler, müsse er seine Kunden vermehrt nach dem Alter fragen. „Denn Jugendliche unter 16 Jahren, die vorher problemlos am Automaten Zigaretten ziehen konnten, versuchen es nun bei uns.“ Köhler glaubt nicht daran, dass die neuen Automaten die Jugend vom Rauchen abhalten werden.
Über einen Anstieg des Zigarettenverkaufs freut sich auch Ilona Kirchner von der Esso-Tankstelle in der Randersackerer Straße: „Die Leute sind genervt von der Umstellung der Automaten und kaufen vermehrt bei uns.“ Ebenso an der Aral-Tankstelle in der Kantstraße: „Wir verkaufen etwa 10 bis 15 Prozent mehr Zigaretten. Ob ich mich darüber freuen soll, weiß ich nicht so genau. Rauchen ist doch so ungesund“, sagt Geschäftsführer Uwe Dinkel.
Auch bei den Banken herrscht Hochkonjunktur: So hat sich die 25-jährige Sabine gerade eine neue Karte bestellt: „Mit meiner hat es am Automaten nicht geklappt.“ Während das Altersmerkmal bei einigen Kreditinstituten schon seit längerer Zeit umgesetzt ist, gibt es Banken, die noch nicht entschieden haben, ob es überhaupt eingeführt wird. Dennoch existiert eine zweite Möglichkeit: Der EU-Führerschein. Auch mit diesem ist das Zigaretten-Ziehen möglich.
Für Kneipen und Restaurant-Betreiber mit einem hauseigenem Automat hat der Bundesverband die so genannte „Ziggi-Card“ ausgegeben, eine Checkkarte mit Jugendschutzmerkmal. Sie kann vom Besitzer an den rauchenden Gast ausgegeben werden.