Saubere Energie aus Windkraft zu gewinnen ist ein Trend, der in den vergangenen Jahren immer mehr zugenommen hat. Aber nicht nur die Zahl der großen Windräder wächst, es gibt auch immer mehr Kleinwindenergieanlagen (KWEA) in Deutschland.
Die meisten KWEA setzen auf Windräder mit drei Rotorblättern, die im besten Fall etwa 50 Prozent der Windenergie in Strom umsetzen können. Diese Schnellläufer sind durch ihre hohen Drehgeschwindigkeiten relativ laut – ein Problem für den Einsatz in Wohngebieten.
Eine Alternative sind Langsamläufer mit mehr Rotorblättern, wie man sie von historischen Windrädern noch kennt. Diese Rotoren drehen sich deutlich gemütlicher. Bisher ging man davon aus, dass sie nur eine deutlich geringere Energieausbeute von etwa 30 Prozent bringen. Das wollte Walter Baur von der Fachhochschule für angewandte Wissenschaften in Würzburg genau wissen: „In der wissenschaftlichen Literatur stand die alte Zahl von 30 Prozent, und alle haben das so hingenommen“, sagt Baur.
Erfahrung mit Windrädern und erneuerbaren Energien hat der Professor an der Fakultät für Kunststofftechnik und Vermessung schon früh sammeln können – er ist auf einer Mühle aufgewachsen. Auch hat er in einem Pilotprojekt mit Studenten eine KWEA mit einem Langsamläufer auf dem „Alten Gut“ im Würzburger Stadtteil Heuchelhof installiert, die dort heute noch läuft.
Seit 2013 ging er beim Projekt „Optimierte langsam laufende Windturbine“ (OptiBine) der Frage nach, ob und wie man die Leistung dieser Windräder verbessern konnte. Dafür setzte das Forscherteam moderne faserverstärkte Kunststoffe ein, auch wurden die Aerodynamik und Festigkeit der Rotorblätter durch Simulationen im Computer getestet.
Das neu entwickelte Windrad mit neun Rotorblättern in einem Windkanal zu testen, wäre zu teuer gewesen – das Budget des dreijährigen Projekts „OptiBine“ betrug nur 230 000 Euro. Darum kam ein „fahrender Windkanal“ zum Einsatz – das Windrad wurde mit der Messelektronik auf einen Zug der Mainschleifenbahn montiert. Bei zahlreichen Testfahrten auf dem Bahngelände wurde gemessen, bei welchem Fahrtwind welche Energie vom Windrad erzeugt wird.
„Das war der angenehme Teil daran: Auf den Zug setzen, fahren und messen“, erzählt Diplom-Ingenieur Stefan Frosch, der maßgeblich an dem Projekt mitgearbeitet hat, bei der Abschlussvorstellung in Prosselsheim (Lkr. Würzburg).
Das erstaunliche Ergebnis des Forschungsprojekts: Bei einer Windgeschwindigkeit von 20 km/h erreicht der neu entwickelte Rotor einen maximalen Wirkungsgrad von 45 Prozent, um die Hälfte mehr, als bisher in der Wissenschaft angenommen. Damit kommt er bei der Ausbeute der Windenergie nah an die verbreiteten Drei-Blatt-Rotoren bei Kleinwindenergieanlagen heran.
Der Langsamläufer hat auch den Vorteil, dass er durch die geringere Drehzahl das Material weniger verschleißt. Auch fängt er schon bei geringeren Windgeschwindigkeiten an, Energie zu erzeugen.
Eine Einsatzmöglichkeit wäre die Stromerzeugung für Privathaushalte in dichter bewohnten Gegenden oder auf Bauernhöfen in windarmen Regionen. „Die Technik wäre auch ideal für Entwicklungsländer, um dort dezentral Strom zu erzeugen“, erklärt Baur. Die Forschung an der „OptiBine“ ist Ende Oktober beendet, ein Folgeprojekt ist zum Bedauern von Baur aktuell nicht geplant.