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WÜRZBURG: Oskar Martin-Amorbach: Maler und Mitläufer

WÜRZBURG

Oskar Martin-Amorbach: Maler und Mitläufer

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    Oskar Martin-Amorbach war in Würzburg ein weitgehend vergessener Künstler der Nachkriegszeit, bis in der Diskussion um die Erhaltung der unter anderem auch von ihm ausgeschmückten Mozartschule der Fokus auf seine Karriere im Dritten Reich fiel. Diese Zeitung berichtete darüber: Martin-Amorbach hatte bei den Propaganda-Ausstellungen der Nazis in München ausgestellt und erfolgreich Bilder verkauft. 1939 wurde er von den Nazis zum Professor gemacht. Für diese Vergangenheit wird er – unter anderem von Leserbriefschreibern – noch heute in Würzburg in Schutz genommen.

    Mit weiteren Recherchen möchte die Redaktion die Diskussion vertiefen: Zum einen durch das Einsehen der Spruchkammer-Akte von Martin-Amorbach beim Bayerischen Staatsarchiv in München. In dieser Akte ist er als NSDAP-Mitglied ohne Amt und Rang aufgeführt. Im sogenannten Sühnebescheid vom 17. Dezember 1947 wird der Kirchenmaler als Mitläufer eingestuft und mit einer Geldsühne von 1000 Reichsmark bestraft – eine nach Ansicht von Historikern milde Strafe.

    Weiterhin führten wir ein Gespräch mit Ilse Eichinger, einer langjährigen persönlichen Freundin des 1987 verstorbenen Malers, sowie ein Interview mit der Münchner Historikerin Sabine Brantl, die sich mit der Kunst im Nationalsozialismus beschäftigt.

    Bei der Gegenüberstellung der persönlichen Erinnerung und der wissenschaftlichen Betrachtungsweise geht es der Redaktion nicht um ein moralisches Urteil. Es ist lediglich der Versuch, Tatsachen darzustellen, die lange verschwiegen wurden. Fazit: Mehr als eine Annäherung an die Person Martin-Amorbachs kann 70 Jahre nach den Ereignissen des Dritten Reichs nicht gelingen.

    „In welchem inneren Zwang ein Künstler stand, steht auf einem anderen Blatt“

    Sabine Brantl Historikerin

    Sabine Brantl, geboren 1969, leitet das Historische Archiv im Haus der Kunst. In ihrem 2007 erschienenen Buch „Haus der Kunst, München. Ein Ort und seine Geschichte im Nationalsozialismus“ (Allitera Verlag) setzt sie sich mit der Geschichte des Hauses als Veranstaltungsort der „Großen Deutschen Kunstausstellung“ auseinander.

    Frage: Welche Bedeutung hatte die „Große Deutsche Kunstausstellung“, die von den Nazis von 1937 bis 1944 in München im Haus der Deutschen Kunst veranstaltet wurde?

    Sabine Brantl: Es war eine Leistungsschau der von Hitler favorisierten Kunst, die der Selbstinszenierung der nationalsozialistischen Machthaber diente. Vorgeführt wurden – neben Werken, die dem späten 19. Jahrhundert verpflichtet waren – rassistische und nationalistische Ideale. Ausgegrenzt wurden alle, die dem nationalsozialistischen Selbst- und Kunstverständnis nicht entsprachen oder entsprechen wollten. Gleichzeitig hatten die „Großen Deutschen Kunstausstellungen“ in der breiten Masse Akzeptanz gefunden und zogen Jahr für Jahr mehrere hunderttausend Besucher an. Zu der Eröffnungsausstellung 1937 kamen 500 000 Besucher. 1942 waren es schon an die 850 000.

    Was bedeutete es für einen Künstler, bei den Ausstellungen dabei zu sein?

    Brantl: Die Teilnahme brachte offizielle Anerkennung und hervorragende Verdienstmöglichkeiten mit sich. 90 Prozent des Erlöses der bei den Ausstellungen verkauften Werke ging an die Künstler.

    Wer stellte dort aus?

    Brantl: Die Künstler bewarben sich und reichten ihre Werke ein. Dann wählten Hitlers Leibfotograf Heinrich Hoffmann und Karl Kolb, der Direktor des Hauses der Deutschen Kunst, das aus, was dem Geschmack Hitlers entsprach. Auch Hitler selbst griff in die Auswahl ein. Insgesamt nahmen zwischen 1937 und 1944 fast 2500 Künstler an den „Großen Deutschen Kunstausstellungen“ teil. Der größte Teil von ihnen geriet nach 1945 in Vergessenheit

    Wie oft war Oskar Martin-Amorbach dabei?

    Brantl: Martin-Amorbach war auf allen, das heißt von 1937 bis 1944, vertreten. Von Hitler wurden diese Werke gekauft: 1938 „Erntegang“ für 12 000, 1939 „Abend“ für 15 000, 1941 „Im Tagwerk“ für 5500 und 1942 „Sie fahren den Tod“ für 22 000 Reichsmark.

    Kann der Maler Oskar Martin-Amorbach zum Mitmachen gezwungen worden sein?

    Brantl: Dieses Argument höre ich immer wieder vor allem von Angehörigen der älteren Generation. Halten lässt sich es sich nicht. Es ist auch nicht logisch, denn die Vorgehensweise war ja so, dass die Künstler sich beworben und Bilder eingereicht haben. 1937 wurden beispielsweise von eingereichten 15 000 Bildern 900 angenommen und ausgestellt. In welchem inneren Zwang ein Künstler stand, sich der NS-Kunstpolitik anzudienen, steht auf einem anderen Blatt.

    Eine Bekannte des Künstlers glaubt, dass Martin-Amorbach mit einem Malverbot belegt gewesen war. Kann das sein?

    Brantl: Das passt nicht in die Biografie des Mannes. Denn wenn er ausgegrenzt gewesen wäre oder ein Malverbot gehabt hätte, wäre er aus der Reichskammer der bildenden Künste ausgeschlossen gewesen und hätte nicht ausstellen dürfen. 1939, zum „Tag der Deutschen Kunst“ erhielt er den Professoren-Titel – das wäre mit einem Malverbot nicht möglich gewesen.

    Oskar Martin-Amorbach

    Der Maler Oskar Martin wurde am 27. März 1897 geboren. Als Künstler ergänzte er seinen Namen durch seinen Geburtsort Amorbach. Ab 1914 besuchte er die Kunstgewerbeschule in München.   Im Ersten Weltkrieg wurde er schwer verwundet. Nach seiner Heirat zog Martin-Amorbach nach Samerberg im Chiemgau. Er schloss sich der Künstlervereinigung „Die Welle“ an und wurde Kirchenmaler. 1937 bis 1944 war er bei den „Großen Deutschen Kunstausstellungen“ der Nazis beteiligt. 1939 wurde ihm der Professorentitel verliehen, 1943 wurde er zum Professor an der Berliner Kunstakademie bestellt. Nach 1945 lebte er im Chiemgau und in Würzburg, wo er das Neumünster renovierte und die Mozartschule ausschmückte. Er starb am 11. Oktober 1987 in Roßholzen.

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