Es ist fast 20 Uhr am Donnerstagabend, bereits seit Mittag wurden in sechs Klassenzimmern des Matthias-Grünewald-Gymnasiums (MGG) fast pausenlos Diskussionen geführt. Der Name ist Programm: „Jugend debattiert“. Seit 2002 wird dieser bundesweite Wettbewerb an deutschen Schulen abgehalten, in diesem Jahr beteiligten sich mit dem MGG, dem Deutschhaus-Gymnasium und der staatlichen Realschule III erstmals Würzburger Schulen.
„Ich habe ,Jugend debattiert' als Referendar in Lohr kennen gelernt“, erzählt Daniel Roos vom MGG. Als er nach Würzburg an das MGG kam, rannte er bei Walter A. Neubeck, Rektor des MGG, offene Türen ein. Mitstreiter bei den den anderen beiden Schulen waren auch schnell gefunden. Roos stellte die Veranstaltung für den Würzburger Schulverbund auf die Beine.
Der Kontakt zur Hertie-Stiftung, dem Hauptsponsor des Wettbewerbs, wurde hergestellt. „Jugend debattiert“-Trainerin Heike Ahlsdorf kam, begann elf Lehrer der Teilnehmerschulen zu schulen. Anschließend gaben diese ihr Wissen an ihre Schüler weiter. „Das dauert etwa zwölf Unterrichtsstunden, also rund drei Wochen“, berichtet Ulrike Zimmermann vom MGG. Kosten für Trainer und Material entstehen den Schulen nicht.
Im Unterricht wird gezeigt, wie man richtig diskutiert. „Die freie Rede wird trainiert“, erläutert Ahlsdorf, „es geht nicht darum den Gegner abzuwatschen oder heiße Luft zu erzählen.“ Gewertet werden Sachkenntnis, Ausdrucksvermögen, Gesprächsfähigkeit und Überzeugungskraft. „Überzeichnen ist ok, um Pfeffer in die Debatte zu bringen, verletzen ist absolut tabu“, so Ahlsdorf.
Zwei Altersgruppen
Debattiert wird jeweils zu viert, zwei Teilnehmer argumentieren für die Fragestellung, zwei dagegen. Jeder der Teilnehmer hat zu Beginn zwei Minuten ungestörte Redezeit. Anschließend folgen zwölf Minuten Diskussion. Für das Schlusswort hat jeder eine Minute, dabei darf er seine Meinung auch ändern. Die Juroren sind Mitschüler, Lehrer oder ganz „normale“ Menschen. Bevor sie ihr Urteil sprechen durften, mussten sie eine drei Stunden umfassende Jurorenschulung durchlaufen, für die wieder Heike Ahlsdorf anreiste.
Eingeteilt werden die Schüler in zwei Gruppen, die Jahrgangsstufen acht bis zehn und elf bis 13. Die Themen wurden zehn Tage vorher bekannt gegeben. Die Jüngeren mussten sich mit der Frage beschäftigen, ob es sinnvoll sei, in Deutschland auch für PKW eine Autobahngebühr einzuführen, für die Älteren ging es darum, ob das aktive Wahlrecht bei allgemeinen Wahlen auf 16 Jahre gesenkt werden soll.
Sie machten ihre Sache sehr gut, alle acht, doch nur jeweils zwei konnten am Schluss gewinnen. Bei den Jüngeren waren dies Liesa Weigert und Stella Wesch vom Deutschhaus und bei den Älteren Stephanie Heckler vom Deutschhaus und Stella Wojdyla vom MGG. Die Siegerinnen reisen Mitte März zu einen dreitägigen Seminar nach Donauwörth. „Das ist schon ein Sprung in die höhere Ebene“, wusste Wolfgang Köppel, Landesbeauftragter der Hertie-Stiftung und des Kultusministeriums, der zum Entscheid gekommen war.
Am 27. März ist die nordbayerische Entscheidung in Lohr, am 1. Mai die Landesentscheidung in München und im Juni der Bundesentscheid in Berlin. Die Bundessieger kommen ins renommierte Alumni-Programm. Und: Bundespräsident Horst Köhler ist nicht nur Schirmherr des Wettbewerbes, er lässt es sich auch nicht nehmen, an jedem Bundesausscheid in Berlin die Urkunden zu überreichen.