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WÜRZBURG: Raum und Zeit für kleine Forscher

WÜRZBURG

Raum und Zeit für kleine Forscher

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    Tierische Freunde: Esel Paul, der seit ein paar Wochen auf der Kinder- und Jugendfarm lebt, macht der Trubel nichts aus. Er lässt sich gerne von den Kindern streicheln.
    Tierische Freunde: Esel Paul, der seit ein paar Wochen auf der Kinder- und Jugendfarm lebt, macht der Trubel nichts aus. Er lässt sich gerne von den Kindern streicheln. Foto: Fotos: Theresa Müller

    Paul und Mina stehen im Stall und fressen Heu. Einige Meter von den Eseln entfernt, bewegt sich eine alte Ziege schleppend vorwärts. Hühner laufen frei herum. Es riecht nach nassem Fell und Kompost. Hinter einem kleinen Holzhäuschen liegt ein ausgetrockneter Bachlauf, dahinter erheben sich Hänge mit Weinreben und Mauern der Würzburger Festung.

    Die Kinder- und Jugendfarm an der Leistenstraße ist eine versteckte Idylle – und das direkt an einer Durchgangsstraße. Kinder und Jugendliche können sich hier eine Auszeit nehmen, vom Alltag, der schon Grundschulkinder immer stärker belastet und zeitlich eingeschränkt: durch Tests, Ganztagsschule und zusätzliche Termine wie Musikunterricht oder Vereinssport.

    Dass die Kinder trotz alle dem nicht den Bezug zu ihrer Umwelt verlieren, Platz zum freien Spielen und Ausprobieren haben, das sind seit inzwischen 35 Jahren die zentralen Anliegen der Kinder- und Jugendfarm Würzburg. „Der Grundgedanke sind die vier Elemente“, erklärt Astrid Sendke, seit 15 Jahren Leiterin der Farm. Es gebe eine Feuerstelle und im Winter den Ofen in einer der Stuben. Der Kübach verwandelt sich je nach Jahreszeit zum reißenden Strom oder ausgetrocknetem Graben. Eine Rutschbahn aus Lehm repräsentiert die Erde und die Luft? „Hier gibt es Gerüche, die bekommt man nicht aus dem Computer.“

    Das Gelände ist verwinkelt, überall gibt es kleine Nischen und Verstecke. Bretter, Balken und Werkzeuge können sich die Kinder leihen. „Irgendwann im Leben muss man seine Hütte gebaut haben“, ist Sendke überzeugt und zeigt stolz, was Kinder auf dem Gelände bereits eigenständig geschaffen haben. Kinder würden in der Natur zu Physiker werden. „Sie können noch nicht reden, da sind sie schon Forscher.“

    Eine Schaukel und ein Piratenschiff sind die einzigen fertigen Spielgeräte auf dem Gelände. „Der Hintergrund ist der, dass die Kinder sehen, was andere bereits selber gemacht haben.“ Außerdem sollen die Kinder lernen, sich Risiken bewusst zu werden. „Kinder nehmen Gefahren dann ernst, wenn sie die Dinge selbst ausprobieren und Erfahrungen machen“, sagt Sendke. Zum Beispiel: Kann ich über den Steg laufen, wenn eine Latte locker ist?

    Abkühlung: Unter einer Regendusche macht das Toben auf der Kinder-und Jugendfarm viel Spaß.
    Abkühlung: Unter einer Regendusche macht das Toben auf der Kinder-und Jugendfarm viel Spaß.

    Was Kinder bräuchten, sei Raum und Zeit. Die Kinder würden auf der Farm sich selbst überlassen, aber nicht allein gelassen. „Es wird ihnen nicht alles abgenommen, was sie herausfordert.“ Ein Gelände wie die Kinder- und Jugendfarm sei auch ein Rückzugsort, wo die Kinder mit Gleichaltrigen zusammen kommen und, wo ihnen „Zeit eingeräumt wird, den Platz einzunehmen, den sie benötigen.“

    Sendke nimmt seit etwa sechs bis sieben Jahren wahr, wie die Kinder durch die Ganztagsschule und die Nachmittagsbetreuung so eingespannt sind, dass immer weniger von ihnen währen des Schuljahrs Zeit haben, zur Farm zu kommen. „Ich erlebe die Kinder aber immer noch als sehr offen und interessiert.“

    Auch der Umgang mit Tieren ist ein wesentlicher Bestandteil auf der Kinder- und Jugendfarm. Neben Eseln, Ziegen und Hühnern leben hier auch Ponys, Schafe und Kaninchen. Dass die Hühner frei herumlaufen, ist bewusst gesteuert. „So kapieren die Kinder, dass sie sich den Platz mit den Tieren teilen müssen“, erklärt die Farmleiterin.

    Da die Tiere einiges aushalten müssen, gleichzeitig aber keinen Schaden nehmen sollen, suchen Sendke und ihre drei Hauptamtlichen Kollegen ihre Neuzugänge sorgsam aus. Paul, der Esel, der seit wenigen Wochen auf der Farm lebt, hat beispielsweise schon Erfahrungen auf Kindergeburtstagen gesammelt. Die beiden Shetland-Ponys, „unsere uralten Veteranen“, wie Sendke sie nennt, stehen nicht mehr zum Reiten zur Verfügung. Um den Umgang mit Tieren zu lernen, seien sie aber immer noch wertvoll.

    Die Farm bekommt viele Anfragen von Kindergärten, Schulen und Betreuungen. Je nach Wunsch wird dann auf ein einzelnes Thema besonders eingegangen. „Wir hatten zum Beispiel schon das Thema Beet. Da lernen die Kinder, dass man mit dem Mist der Tiere Beete düngen kann und der Salat, der dadurch gedeiht, von den Menschen gegessen werden kann.“ Jahreszeiten und natürliche Kreisläufe sind ein wichtiger Bestandteil der Bildungsarbeit, die die Farm als wichtige Aufgabe ansieht.

    Trotz der zunehmenden Belastung der Kinder seien auch neue Kooperationen mit Betreuungseinrichtungen entstanden. Sendke beschwert sich daher nicht über fehlende Nachfrage. Für die Zukunft wünscht sie sich, „dass Zeit und Raum für Kinder weiterhin genutzt werden kann“. Bisher sei es der Stadt aber ein großes Anliegen. Es sieht also gut aus, dass sich kleine Forscher auch zukünftig auf der Farm austoben können.

    Die Kinder- und Jugendfarm

    Der Verein Kinder -und Jugendfarm Würzburg konstituierte sich 1979 aus Bürgerinitiativen der Stadt Würzburg. Die Farm wird von einer Kooperation des Vereins Kinder- und Jugendfarm mit der Stadt Würzburg und dem Sozialdienst katholischer Frauen getragen. Die Arbeit auf der Farm teilen sich derzeit vier hauptamtliche Teilzeitbeschäftigte und zahlreiche Ehrenamtliche. Seit 1999 ist Astrid Sendke als Farmleiterin im Dienst. Die 64-Jährige ist Agrarmanagerin, ausgebildete Schäferin und geprüfte Natur- und Landschaftspflegerin. Das Angebot der Farm richtet sich an Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 15 Jahren. In den Ferien können Kinder Montag bis Freitag von 10 bis 16 Uhr vorbeikommen.

    An Schultagen ist die Farm in der Leistenstraße dienstags bis freitags von 14 bis 18 Uhr sowie samstags von 10 bis 15 Uhr geöffnet. Weitere Infos:

    www.kinder-und-jugendfarm.de

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