Bestürzt und auch ein wenig verärgert ist die Vorsitzende der Würzburger Tafel, Isolde Welbers. Eine Kundin der Grombühler Tafel, Hartz-IV-Empfängerin Ute G., hatte im Bayerischen Fernsehen erklärt, ihr sei von Tafel-Lebensmitteln übel geworden.
Ein Fernsehteam hatte die arbeitslose Altenpflegerin mehrere Wochen lang begleitet. „Die Dauerkämpfer – Alltag mit Hartz IV“ war der Titel der Reportage. Auch beim Einkauf im Tafelladen Grombühl, wo sich Bedürftige mit von Supermärkten gespendeten Lebensmitteln eindecken können, war die Kamera dabei.
„Abgelaufen?“, fragt die Reporterin die Hartz-IV-Empfängerin, die sich daheim einen Camembert ansieht. „Im Prinzip ist mir das egal“, erklärt Ute G., „ich schaue immer rein, ob es noch ok ist“. „Schon mal was passiert?“, will die Reporterin wissen. „Ja“, antwortet die 51-Jährige, „dass ich mich die ganze Nacht übergeben musste, weil ich was gegessen hatte, was dann doch nicht mehr so ganz koscher war“.
Nach der Ausstrahlung haben sich zahlreiche Main-Post-Leser an die Redaktion gewandt. Die einen kritisieren, „dass in der Tafel verdorbenes Essen verteilt wird“. Die anderen schimpfen, dass durch Ute G.'s Äußerungen „die Arbeit der Tafel niedergemacht“ werde. Wieder andere behaupteten, „dass in der Tafel keine abgelaufenen Lebensmittel“ ausgegeben würden.
Im Gespräch mit der Redaktion bestätigt Tafel-Vorsitzende Isolde Welbers, dass ihr Verein auch Lebensmittel verteilt, deren Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) „höchstens ein bis zwei Tage überschritten ist“. Darüber würden alle Kunden schriftlich informiert. Weil die Sachen in den mit Kühlschränken ausgestatteten Ausgabestellen „vorschriftsmäßig gelagert“ würden, seien sie auch kurz nach Ablauf des MHD „durchaus noch genießbar“. Außerdem prüften die ehrenamtlichen Helfer diese Lebensmittel genau, bevor sie sie an Bedürftige verteilten. „Auf keinen Fall geben wir verdorbene Sachen aus“, versichert Isolde Welbert.
Seit Ausstrahlung der Reportage versucht die Tafel-Vorsitzende, Ute G. zu erreichen. „Ich möchte mit ihr sprechen und wissen, wovon ihr übel geworden ist“, sagt sie. Außerdem ist sie sehr erstaunt, dass Ute G. ihre nächtliche Übelkeit mit keinem Wort in der Tafel erwähnt hat. „Das war uns völlig neu und wir wollen der Sache nachgehen.“ Die Hartz-IV-Empfängerin habe sich im Tafel-Laden auch noch „nie beschwert.“ Deshalb wundert Isolde Welbers sich, dass Ute G. „die Tafel jetzt so negativ darstellt“. Die meisten Bedürftigen seien „sehr dankbar, dass es unsere Einrichtung gibt“.
Geärgert hat sich die Tafel-Vorsitzende auch über die Äußerung der Frau, dass diejenigen bei der Tafel leer ausgingen, denen die 1,50 Euro fehlten, die bei jeder Abholung als Spende erbeten werden. „Wer das Geld nicht hat, bekommt trotzdem Lebensmittel“, versichert die Isolde Welbers. Es sei durchaus üblich, dass Tafel-Kunden anschreiben lassen.
Laut Isolde Welbers hat die Leiterin des Tafelladens Grombühl ihrer Enttäuschung über die Reportage in einem Brief ans Bayerische Fernsehen Luft gemacht. Diesen Brief kennen Josef Lindner und Alexandra Brückner, die Macher der Reportage, noch nicht. Sie haben nur das Schreiben eines Mitarbeiters der Tafel Grombühl, der sich „für den schönen Beitrag bedankt“.