"Wein und Gesundheit - Von der Antike bis zur Gegenwart" lautete das Motto der Veranstaltung, zu der sich rund 50 Zuhörer eingefunden hatten. Der Erlös des Abends kommt der Gesellschaft für Aphasie Unterfranken zu Gute, deren Vorsitzender der Professor der Kinderheilkunde ist. Der Fränkische Weinbauverband stellte den Saal zur Verfügung.
Wein sei zu keiner Zeit nur Nahrungs- und Genussmittel gewesen, machte Gekle zu Beginn seines Vortrags deutlich. Neben seiner kultischen Bedeutung, etwa beim Abendmahl, habe er schon seit frühester Zeit Verwendung in der Heilkunde gefunden. Die ersten Aufzeichnungen über seine Heilkraft fänden sich bei Hippokrates, dem Urvater der Ärzte, um 460 vor Christus.
Das erste Wein-Therapie-Buch verfasste Gekle zufolge der katalanische Arzt Arnaldus de Villa Nova, der um 1300 an der Universität Montpellier wirkte. Dieser habe sogar dem Rausch "eine gewisse therapeutische Wirkung" zugesprochen. Derartige Empfehlungen hätten dazu geführt, dass im 15. Jahrhundert der Weinverbrauch in Deutschland pro Kopf bei 120 Litern im Jahr lag. Zum Vergleich: 2001 waren es 21 Liter. "Die Tagesration für Patienten im Krankenhaus soll bis zu sieben Liter betragen haben," erläuterte Gekle.
"Mit besonderer Hingabe wurde die Wein-Therapie natürlich von jenen Ärzten angewandt, die in Weinregionen ihre Praxis hatten," betonte er. Detaillierte Empfehlungen dazu gebe die 1838 der Universität Würzburg eingereichte Doktorarbeit von Engelhardt Keller zum Thema "Der Wein überhaupt und der Frankenwein insbesondere als Heilmittel betrachtet."
Dort heißt es, die Frankenweine würden unter anderem angewandt "in chronischen Nervenkrankheiten, in der Hypochondrie, Hysterie, Epilepsie, im Blödsinn, bei Gedächtnisschwäche und Schwerhörigkeit. Bei chronischem Rheumatismus, atonischer Gicht, bei Steinbeschwerden und bei Tripper, Impotenz und Unfruchtbarkeit." Und weiter: "Bei Blutverlust, Geschlechtsausschweifung und Erschöpften hat der Frankenwein eine ganz besondere Anzeige." Keller kam zu dem Fazit, Frankenwein sei Krankenwein.
Noch 1892 habe sich die Ortskrankenkasse Heidelberg entschlossen, "an unsere erkrankten Kassenmitglieder nach ärztlicher Verordnung Weiß- oder Rothwein verabfolgen zu lassen." Mit dem Siegeszug der Pharmaindustrie sei der Wein als Therapeutikum allerdings zunehmend entbehrlich geworden.
Die jetzige "Renaissance des Wein-Therapie-Gedankens" führt Gekle darauf zurück, dass die Wissenschaft in der Frage der Wein-Therapie zu Ergebnissen gekommen ist, die die alten Erfahrungen "in einem völlig neuen Lichte erscheinen lassen." So stehe hinter der Beobachtung, dass Menschen mit mäßigem Weinkonsum seltener an Herz-Kreislauf-Erkrankungen sterben als etwa Abstinenzler, nun die Entdeckung, "dass im Wein Stoffe enthalten sind, die eine schützende Wirkung gegen den Herzinfarkt besitzen."
Ernährungswissenschaftlern zufolge sei der gesündeste Wein der zum Essen getrunkene, egal ob Rot- oder Weißwein. Die Wein-Verträglichkeit sei abhängig von Geschlecht, Alter, Gewicht und körperlicher Aktivität, so Gekle. Bei einer Frau liege der moderate Weingenuss im Durchschnitt bei 0,2 bis 0,3 Liter Wein täglich, bei einem Mann bei 0,4 bis 0,5 Liter. Bei regelmäßiger Überschreitung dieser Werte komme es "zu einer Umkehr der bisher genannten positiven Effekte."