Man könnte meinen, es gibt etwas umsonst in Erlach. Die Straßen in dem kleinen Ort sind komplett zugeparkt, im Hof hinter dem Gasthof „Schwarzer Adler“ drängen sich die Leute wie vor dem Fußballstadion beim WM-Endspiel. Nein, umsonst gibt es nichts an diesem Freitagnachmittag. Aber es gibt etwas zum – hoffentlich – günstigen Preis. Die RTL 2-Serie „Der Trödeltrupp“ ist zu Gast in Erlach und hat zum Hausflohmarkt geladen.
„Eigentlich wollte ich ja Sükrü sehen“, verrät Susanne Günther augenzwinkernd. Die Eibelstadterin guckt die Sendung liebend gern. Nicht nur des charmanten Trödelprofis Sükrü Pehlivan wegen, sondern weil sie es faszinierend findet, wie der Trödeltrupp Struktur in die Massen alter Sachen bringt, die aus so manchem Keller oder Dachboden zutage gefördert werden.
Denn das ist das Konzept der Sendung: Wer feststellt, dass seine Behausung bis unters Dach vollgestopft ist mit Sachen, die eigentlich kein Mensch mehr braucht, der kann den Trödeltrupp zu Hilfe rufen. Die Verkaufsprofis rücken an, sichten die Sachen und entscheiden, was davon gewinnbringend an den Mann gebracht werden kann. Beim Ausmisten helfen meist Freiwillige. In Erlach war unter anderem die Feuerwehr schon am Tag zuvor beim Trödelschleppen mit dabei.
Da sich gewöhnlich auch für den blassesten Ladenhüter noch ein Liebhaber findet, veranstaltet das TV-Team gerne Flohmärkte direkt vor Ort. Die Verkaufsprofis von RTL 2 sind ebenfalls anwesend und verhandeln mit den Interessenten. Nur der nette Sükrü, ausgerechnet der ist beim Erlacher Flohmarkt nicht mit dabei. Roland Günther lächelt milde, wenn seine Frau von Sükrü schwärmt. Für die Familie aus Eibelstadt war der Ausflug nach Erlach trotzdem keine Zeitverschwendung. Wenn so ein Fernsehteam schon in der Gegend gastiert, dann kann man sich das ruhig mal anschauen, finden die drei.
Ein Ehepaar aus Würzburg ist aus dem gleichen Grund gekommen. Einfach mal sehen, wie so etwas abläuft. „Wir sind nicht zum Kaufen hier, sondern zum Gucken“, sagt der Würzburger, der ebenfalls ein treuer Fan des Trödeltrupps ist. Ihn fasziniert an der Sendung vor allem das Einfühlungsvermögen der Trödler, die bei ihren Einsätzen nicht selten mit bewegenden Schicksalen konfrontiert werden. Die beiden Würzburger freuen sich außerdem über diesen speziellen Schauplatz: Genau hier, im Gasthof „Schwarzer Adler“, fand vor 37 Jahren ihre Hochzeitsfeier statt.
Der Nachbar auf der anderen Seite der Hofstelle überlegt derweil, wie er seine frisch angepflanzte Hecke vor dem Ansturm der Massen retten soll. Weil es keinen Zaun gibt, trampelt alles über seine Pflänzlein hinweg, um schneller zum Scheunentor des Gasthofs zu gelangen, wo die alten Sachen zum Verkauf angeboten werden. Schließlich entscheidet sich der Nachbar, der das Ereignis alles in allem ziemlich gelassen nimmt, für ein rot-weißes Flatterband. Wenn er früher gewusst hätte, dass mehrere hundert Menschen kommen würden, dann hätte er vielleicht über eine Würstchenbude vor seinem Haus mal intensiver nachgedacht.
In den Menschenmassen auf dem Hof und in der Scheune ist Burkhard Blasczyk kaum auszumachen. Der Eigentümer des „Schwarzen Adler“ wird gebraucht, wenn die Kamera gerade ein Verkaufsgespräch filmt oder ein Kunde Fragen zu einem der zahllosen Gegenstände hat. Blasczyk ist sehr zufrieden mit dem Verlauf des Hausflohmarktes. „Es läuft besser, als ich dachte“, sagt der 58-Jährige. Da er das Anwesen verkaufen möchte, will er möglichst viel von dem in vielen Jahren angesammelten Trödel vorher aus dem Haus haben. Seine Tochter hatte deshalb den Trödeltrupp um Hilfe gebeten.
Während andere noch Backformen begutachten und Steingutkrüge mustern, hat Simone Barrientos bereits Beute gemacht. Die Ochsenfurterin schleppt eine mannshohe Stehlampe Marke Nachkriegszeit vom Hof. 22 Euro hat sie bezahlt. Ob die Lampe tatsächlich Licht macht, weiß sie nicht. Ist aber auch nicht so wichtig, denn Simone Barrientos ist gelernte Elektrikerin. „Ich wollte einfach mal gucken“, sagt sie. Die Lampe, findet sie, passt gut in den Flur ihres Hauses.
Wenn der Hausflohmarkt vorüber ist, hat der Trödeltrupp noch immer keinen Feierabend. Bis Samstagabend ist das Team noch vor Ort in Erlach. Die vielen Besucher sind da aber längst wieder fort. Und die Hecke vor dem Nachbarhaus hat jetzt genügend Zeit, um sich zu erholen. Und die Erlacher auch.