Bis Ende 2012 lenkte der im Juli 1953 gegründete Verein Schifferkinderheim Würzburg die Geschicke der gleichnamigen Einrichtung in der Frankfurter Straße. Ab 1. Januar überließ die Organisation das Steuerrad der aus der Taufe gehobenen „Stiftung Schifferkinderheim“. Das Barvermögen wurde bereits übertragen, jetzt fehlt nur noch der Grundbucheintrag für das Grundstück und das darauf stehende Heim. Dies geht voraussichtlich spätestens Ende März über die Bühne, dann wird auch der Verein aus dem Vereinsregister gelöscht.
„Die Gründe für diese Maßnahmen liegen in der stark veränderten Belegungsstruktur des Schifferkinderheims in den letzten 30 Jahren und der damit einhergehenden reduzierten Mitgliederzahl“, erklärte Vereinsvorsitzender Rudi Weber, der seit über 22 Jahren als Kapitän auf der Kommandobrücke stand. Ursprünglich gab es 700 Mitglieder (Eltern von Schifferkindern, Gewerbetreibende), nun schrumpfte die Zahl auf 70, und eine weitere Verminderung ist zu erwarten.
„Infolge dieser Tendenz stellte sich die Frage der künftigen Behandlung des Vereinsvermögens“, fügte Weber hinzu. Es habe sicher nicht im Sinne der Gründerväter gelegen, die Verfügbarkeit über das Vermögen „am Ende einigen wenigen verbliebenen Mitgliedern zu überlassen“. Auf diese Situation habe der Vorstand reagiert und deshalb die Gründung der gemeinnützigen Stiftung in die Wege geleitet, um den Fortbestand des gut laufenden Heimbetriebs weiterhin sicherzustellen. Während der Feier aus Anlass des Trägerschaftswechsels betonte Weber, der Verein habe der Stiftung „eine finanziell gesunde und in allen Bereichen gut funktionierende Einrichtung übertragen“. Er erinnerte daran, dass man in den vergangenen 20 Jahren rund 1,5 Millionen Euro in die Sanierung der Einrichtung investiert habe. Unter anderen dankte er Erwin Kohorst, der über 32 Jahre lang Verwaltungsratsvorsitzender war.
Das Schifferkinderheim soll nach dem in der Stiftungssatzung unveränderlich festgeschriebenen Willen des Stifters in der „bisher bewährten Weise weiter betrieben werden“, informierte Johannes Solger, Vorsitzender des Stiftungsvorstands.
Es soll dabei jedoch auch für neue Anforderungen an die Unterbringung und Betreuung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen offen sein. „Wir müssen dem Strom der Zeit gerecht werden“, sagte Solger.
Das Heim dient der Erziehung und Betreuung der Kinder von Binnenschiffern sowie der Förderung der Berufsaus- und -fortbildung von Jugendlichen und Erwachsenen vor allem im Bereich des Handwerks. Dafür stellt die Stiftung im Schifferkinderheim Würzburg nicht nur preisgünstige Plätze zur Verfügung, sondern übernimmt auch deren pädagogische Betreuung.
Der Stiftungsvorstand besteht aus Johannes Solger, Manfred Dallner und Herbert Reiß. Die Verwirklichung der Stiftungsziele liegt nach wie vor hauptsächlich in den Händen der Verwaltungsleiterin Andrea Sailer sowie des Erziehungsleiters Tadeusz Wyrzykowski, der diese Tätigkeit schon seit 1989 ausübt.
Schifferkinderheim
Geschichte: Inbetriebnahme des Heims am 1. September 1958 mit 54 Plätzen. Aufgrund großer Nachfrage Erweiterung auf 72 Plätze. 1973: Die für Betreuung und Heimleitung zuständigen Armen Schulschwestern Unserer Lieben Frau ziehen sich wegen Nachwuchsmangels zurück. 1978: Zur Erhaltung der Wirtschaftlichkeit werden über die Stadt Würzburg Auszubildende ins Heim aufgenommen. 1982: Die Handwerkskammer übernimmt ein Stockwerk für Lehrlinge und Meisterschüler.
Aktuelle Nutzung im Kinderbereich: Ein Schifferkind und sieben vom Jugendamt zugewiesene Kinder; zwei Schifferkinder sind für 2015 angemeldet. Jugend-/Erwachsenenbereich: 70 Plätze, davon je ein Drittel von der Handwerkskammer, der Bauinnung sowie der Stadt Würzburg von der Josef-Greising- und der Franz-Oberthür-Schule.