würzburg (epd) Immer mehr junge Menschen mit psychischen Erkrankungen kommen ins Agnes-Sapper-Haus. Inzwischen würden in Ausnahmefällen sogar unter 20-Jährige aufgenommen, sagte Leiter Arthur Hentschel dem Evangelischen Pressedienst. Die Übergangseinrichtung der Würzburger Diakonie in der Friedenstraße feiert am Freitag, 8. Juli, 20-jähriges Bestehen.
21 Menschen leben in drei stationären Wohngruppen. Immer wichtiger wird laut Hentschel das Betreute Wohnen mit derzeit 17 Klienten in sechs Außenwohnungen. "Wir könnten noch drei weitere Wohngemeinschaften bilden. Täglich erreichen uns neue Anfragen", so der Sozialpädagoge, der seit dem Start 1985 mitarbeitet. Allein die staatliche Finanzierung bremst das Engagement. Die Modell-Einrichtung betreut Personen aus ganz Franken und den angrenzenden Bundesländern Hessen und Baden-Württemberg.
Meist kommen Erwachsene nach der Behandlung in einer psychiatrischen Klinik ins Agnes-Sapper-Haus, weil sie sich nicht mehr allein im Alltag zurechtfinden. Häufig haben sie schon andere Rehabilitationsversuche hinter sich, ohne eine dauerhafte Stabilisierung zu erreichen. Maximal fünf Jahre können sie im Sapper-Haus lernen, ihren Alltag sinnvoll zu strukturieren und eine gesunde Lebensweise zu entwickeln.
Dabei stehen ihnen zehn Sozialpädagogen, eine Psychologin, zwei Ergotherapeuten, zwei Wirtschafterinnen und eine Krankenschwester zur Seite. Ein Nervenarzt und Praktikanten ergänzen das Team. Speziell geschulte ehrenamtliche Bürgerhelfer arbeiten beim Betreuten Wohnen mit.
Tragendes Element der Rehabilitation ist die persönliche Begleitung jedes Klienten durch einen festen Bezugstherapeuten. Das Therapieprogramm beinhaltet lebenspraktische Aufgaben wie Kochen oder Wäschepflege. In anderen Gruppen, darunter Gesprächsgruppen und Arbeitstraining, werden soziale Fertigkeiten und kommunikative Fähigkeiten trainiert. Im Lauf der Zeit sollen sich die Bewohner in kleinen Schritten vom "Sicherheitsnetz" der vorgegebenen Strukturen lösen und selbst Verantwortung übernehmen. Nach der Entlassung aus der Übergangseinrichtung können Klienten ins Betreute Wohnen wechseln.
Das Haus ist nach der sozial engagierten Kinderbuchautorin Agnes Sapper benannt, die 1852 in München geboren wurde. Ihr Vater Karl Brater gründete die Süddeutsche Zeitung. Nach dem Tod ihres Mannes 1899 zog sie mit ihren beiden Töchtern zu Mutter und Schwester nach Würzburg. Zu ihrer Zeit bekannt wurde sie als Autorin der "Familie Pfäffling". Ihr Honorar spendete sie vor ihrem Tod 1929 einem Säuglingsheim der evangelischen Kirchengemeinde, das als späteres Altenheim Sappers Tochter Anna beherbergte. 1985 wurde in dem Gebäude die Übergangseinrichtung für psychisch Kranke eröffnet.