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WÜRZBURG: Sehen und gesehen werden

WÜRZBURG

Sehen und gesehen werden

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    Gibt es das künftig in Bayern öfter? Sicherheitskamera an einem öffentlichen Gebäude.
    Gibt es das künftig in Bayern öfter? Sicherheitskamera an einem öffentlichen Gebäude. Foto: Foto: Thinkstock

    Mehr Videoüberwachung im öffentlichen Raum hat der bayerische Innenminister Joachim Herrmann vergangene Woche angekündigt. Vor allem die Kommunen und private Betreiber von Einkaufszentren, Konzerthallen und anderen öffentlich zugänglichen Einrichtungen sollen aufrüsten. Stehen wir also demnächst unter Beobachtung, sobald wir das Haus verlassen? Und was müssen Privatpersonen beachten, die ihre eigenen Grundstücke schützen wollen? Thomas Kranig, Präsident des Bayerischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht (BayLDA), gibt Antworten auf häufig gestellte Fragen zur Videoüberwachung durch Privatpersonen auf Privatgrundstücken und im öffentlich zugänglichen Bereich. Thomas Petri, Bayerischer Landesbeauftragter für den Datenschutz (BayLFD), erklärt, wann und in welchem Umfang Kommunen Überwachungskameras anbringen dürfen.

    In nicht öffentlich zugänglichen Bereichen

    Was muss ich beachten, wenn ich eine Videoüberwachungskamera auf meinem Privatgrundstück anbringen möchte?

    Das eigene Grundstück darf grundsätzlich jeder überwachen. Wichtig ist dabei aber der Kamerawinkel: Die Kamera darf nur das eigene Grundstück erfassen und keine öffentlichen Bereiche wie den Fußweg oder die Straße vor dem Haus oder gar die Haustür des Nachbarn.

    Um sehen zu können, wer am Gartentor steht, darf die Kamera aber ein bisschen darüber hinaus schauen können. Die Faustregel des Landesamts für Datenschutzaufsicht lautet daher: Der Bereich, den die Kamera erfasst, darf maximal einen Meter über die Grundstücksgrenze hinausgehen.

    Wie lange darf ich das Videomaterial von meinem Grundstück speichern?

    Wer nur sein eigenes Grundstück filmt, darf das Material so lange speichern, wie er möchte. Wer sein Material aber zum Beispiel im Internet veröffentlichen möchte, der muss die Erlaubnis desjenigen einholen, den er gefilmt hat. Andernfalls ist die Veröffentlichung unzulässig.

    Muss ich auf Videokameras auf meinem Grundstück mit einem Schild hinweisen?

    Nein, auf dem eigenen Grundstück ist das nicht nötig.

    Muss ich einer zentralen Stelle melden, dass ich mein Grundstück videoüberwache?

    Nein, eine Meldepflicht gibt es für Privatgrundstücke nicht.

    Wird kontrolliert, ob ich meine Videokamera rechtmäßig angebracht habe?

    In aller Regel nicht. Das BayLDA überprüft die Anbringung einer Kamera meistens erst dann, wenn eine Beschwerde eingeht. „Die häufigsten Beschwerden kommen von Nachbarn, die Angst haben, beobachtet zu werden“, so Kranig.

    Mit welchen Strafen muss ich rechnen, wenn meine Kamera falsch angebracht war?

    Eine unzulässige Videoüberwachung kann derzeit noch mit einem Bußgeld von bis zu 300 000 Euro belegt werden. In der Praxis sind die Bußgelder jedoch deutlich niedriger. Sie orientieren sich an der Zahl der Kameras, der Schwere des Verstoßes und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Betreibers.

    An wen kann ich mich wenden, wenn ich Fragen zur Videoüberwachung meines Hauses habe?

    Das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht berät zum Thema Videoüberwachung, gibt Auskunft über Gesetze und nimmt Beschwerden entgegen. Mehr Informationen gibt es auf www.lda.bayern.de.

    Im öffentlich zugänglichen Raum durch Privatpersonen

    Darf ich auch den Gehweg vor meinem Haus überwachen, wenn ich weiß, dass dort ein Kriminalitätsschwerpunkt ist?

    Nein, in dem Fall ist die Polizei zu unterrichten. Gegebenenfalls kann die Gemeinde oder die Stadt dort eine Kamera errichten, wenn die rechtlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind.

    Dürfen Einzelhändler oder andere private Betriebe öffentlich zugängliche Bereiche mit Videokameras überwachen?

    Ja, wenn die Überwachung zur „Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der überwachten Personen überwiegen“. Einzelhändler dürfen also zum Beispiel ihre Geschäftsräume und auch Eingangstüren zur Prävention von Ladendiebstählen und zur Dokumentation überwachen, wenn dabei die Persönlichkeitsrechte ihrer Kunden nicht verletzt werden. Wer unter diesen Voraussetzungen im öffentlich zugänglichen Bereich Videoüberwachung betreibt, muss aber deutlich durch Schilder auf die Videoüberwachung hinweisen. Das Videoüberwachungsverbesserungsgesetz, das im Frühjahr 2017 beschlossen wurde, gibt privaten Betreibern von Überwachungskameras im öffentlichen Raum sogar noch mehr Möglichkeiten.

    Bisher musste abgewogen werden zwischen den Interessen der Kamerabetreiber und den Interessen der Menschen, die von der Überwachung betroffen waren. Stattdessen steht jetzt die Sicherheitslage vom Vordergrund. „Der Schutz von Leben, Gesundheit oder Freiheit“ ist dabei von „besonderem Interesse“, so § 6b des Bundesdatenschutzgesetztes (BDSG). Dadurch wird beispielsweise die Überwachung von Rolltreppen von Einkaufszentren zulässig. Kranig steht dem kritisch gegenüber: „Es kommt hier zu einer Vermischung von Verantwortlichkeiten, weil private Betreiber im öffentlichen Interesse überwachen dürfen, sollen und eventuell bald auch müssen.“

    Müssen Überwachungskameras in öffentlich zugänglichen Bereichen bei einer zentralen Stelle angemeldet werden?

    Nein, eine Meldepflicht gibt es auch hier nicht.

    Wird kontrolliert, ob die Videokameras rechtmäßig angebracht wurden?

    In aller Regel nicht. Das Landesamt für Datenschutzaufsicht überprüft die Anbringung einer Kamera immer dann, wenn eine Beschwerde eingeht. In beschränktem Umfang führt das Landesamt aber auch anlasslose Kontrollen der Videoüberwachung durch. „Das machen wir aber nicht bei Privatpersonen, sondern zum Beispiel bei Einkaufszentren“, so Kranig.

    Wie lange darf Videomaterial von öffentlich zugänglichen Räumen gespeichert werden?

    So lange wie es erforderlich ist, sagt das Gesetz. Wenn keine besonderen Vorkommnisse gefilmt wurden, muss das Material nach 48 Stunden gelöscht werden, so die Faustregel des BayLDA. Hier kann es aber Ausnahmen geben: „Im Sinne des Datenschutzes ist es unser Ziel, dass so wenig Menschen wie möglich das Material anschauen“, so Kranig. Wenn also eine Ladenkette beispielsweise eine zentrale Person hat, die das Videomaterial für mehrere Filialen sichtet und daher etwa alle vier Tage das Material der Filiale X anschaut, darf die Filiale X das Material auch vier Tage speichern.

    Wann müssen private Betreiber von Überwachungskameras Videomaterial an die Polizei übergeben?

    Private Betreiber müssen Videomaterial dann an die Polizei übergeben, wenn sie dazu von der Polizei oder der Staatsanwaltschaft gezwungen werden. Sie dürfen das Material aber der Polizei übergeben, wenn sie damit Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten belegen können, die sie selbst betreffen.

    Was ändert sich ab 2018 durch die europaweite Datenschutzgrundverordnung?

    Die neue Datenschutzgrundverordnung wird alle bisher geltenden Datenschutzregelungen ersetzen. „Ab dann unterliegt die Entscheidung, wann eine Videoüberwachung zulässig ist, einer europaweit einheitlichen Interessenabwägung“, sagt Kranig. Dafür einheitliches Niveau zu finden, werde sehr schwierig werden, so Kranig, weil in europäischen Ländern unterschiedliche Vorstellungen von Datenschutz herrschten. In London werde man beispielsweise schon jetzt auf Schritt und Tritt von Kameras verfolgt, in Wien dagegen werde die Zulässigkeit von Videoüberwachung sehr streng beurteilt. „Ab 2018 muss aber an beiden Orten dieselbe Regelung gelten.“

    Im öffentlichen Raum durch Kommunen

    Unter welchen Voraussetzungen dürfen Kommunen öffentliche Plätze mit Videokameras überwachen?

    Wann und ob Videoüberwachung durch Kommunen zulässig ist, legt Artikel 21a des Bayerischen Datenschutzgesetzes fest. Die datenschutzrechtliche Freigabe dafür muss der behördliche Datenschutzbeauftragte geben. Eine Videoüberwachung ist nur dann zulässig, wenn sie in Erfüllung öffentlicher Aufgaben oder in Ausübung des Hausrechts, also zum Schutz von Personen und Objekten stattfindet. Die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen dürfen dabei nicht verletzt werden und es muss transparent gemacht werden, dass eine Überwachung stattfindet.

    Kommunen müssen daher immer zuerst eine Gefahrenanalyse des Bereichs machen und zeigen, dass eine Videoüberwachung diese Gefahren abwehren würde. Auch muss bewiesen werden, dass eine Videoüberwachung die beste Möglichkeit dazu ist. Erst wenn alle andere Maßnahmen ausgeschöpft sind, die mit einem geringeren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte verbunden sind, können Kameras eingesetzt werden.

    Im nächsten Schritt muss die Kommune den Standort jeder einzelnen Kamera und ihren Erfassungswinkel begründen. „Von der Kamera dürfen nur die tatsächlich gefährdeten Bereiche erfasst werden“, so Petri. Weiterhin darf die Kamera nur zu den Zeiten laufen, in denen tatsächlich mit Gefahr zu rechnen ist.

    Höchstpersönliche Bereiche, wie zum Beispiel Toiletten oder Umkleideräume, dürfen grundsätzlich nie videoüberwacht werden.

    Müssen Kommunen darauf hinweisen, wenn ein öffentlicher Raum videoüberwacht wird?

    Ja, die Kommunen müssen kennzeichnen, dass ein Bereich videoüberwacht wird und dass die Kommune als Betreiber dahintersteht. Auch die Zeiten, in denen die Kamera betrieben wird, müssen angeben werde.

    Wird geprüft, ob von Kommunen betriebene Kameras rechtmäßig angebracht wurden?

    Der Landesbeauftragte für Datenschutz prüft regelmäßig die allgemeinen Datenschutzbemühungen der Kommunen. In diesem Zusammenhang überprüfen die zuständigen Referate auch immer die angebrachten Überwachungskameras. „Darüber hinaus prüfen wir auch anlassbezogen, also wenn es eine Beschwerde oder Anzeige gibt“, so Petri.

    Wie lange dürfen kommunale Betreiber Videomaterial speichern?

    Wenn eine Aufzeichnung nach Artikel 21a Bayerisches Datenschutzgesetz zulässig ist, dürfen die Kommunen das Videomaterial solange aufbewahren, wie es erforderlich ist – längstens aber drei Wochen. Eine längere Aufbewahrung ist nur dann zulässig, wenn die Bilddaten konkret für die Verfolgung von erheblichen Ordnungswidrigkeiten, Straftaten oder zur Geltendmachung von Rechtsansprüchen benötigt werden.

    Wann darf oder muss gespeichertes Material an die Polizei weitergegeben werden?

    Das Material darf an die Polizei weitergegeben werden, wenn es zur Abwehr von Gefahren oder zur Verfolgung von erheblichen Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten erforderlich ist. Dabei muss immer abgewogen werden zwischen dem Schutzgut, also zum Beispiel der öffentlichen Sicherheit, und den Grundrechten der betroffenen Person. Das Material muss weitergegeben werden, wenn nach dem Polizeirecht eine Herausgabepflicht besteht oder der Verantwortliche ansonsten eine Strafvereitelung im Amt begehen würde.

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