Das in Würzburg gegründete Projekt pics4peace soll Jugendliche wieder für Themen rund um Demokratie und Freiheit begeistern – und vor allem sie dazu bewegen sich dazu zu äußern. Zum Auftakt waren zehn Studenten der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt im Dezember mit dem Berliner Künstler Winfried Muthesius und einem zwei auf zwei Meter großen Bild durch die Würzburger Innenstadt gezogen und haben sich in einem Kunstworkshop mit der Bedeutung historischer Orte auseinandergesetzt.
Sonderausstellung im Museum für Franken
Für ihre eigenen Arbeiten rund um das Thema Demokratie hatten die Studenten sechs Wochen Zeit. Am 9.März eröffnet nun die Sonderausstellung mit ihren Werken im Museum für Franken auf der Festung. „Es war ein längerer Prozess“, erklärt Magdalena Skala, die im ersten Semester im Master Informationsdesign studiert. Schließlich galt für alle Teilnehmer ihre Werke im „pittura oscura“-Stil von Muthesius umzusetzen.
„Die Technik ist grundsätzlich fotografisch“, erklärt der 22-jährige Jannis Maroscheck, der im dritten Semester im Bachelor Kommunikationsdesign studiert. Der Berliner Künstler fotografiert ein Gemälde von sich an einem historischen Ort. Dieses Foto bemalt er dann wiederum und schafft so verschiedene Ebenen übereinander.
Würzburg neu entdecken
Magdalena Skala ist aus Regensburg – und hat für ihr Werk Würzburg neu entdeckt. Gibt es Bereiche, wo weggesehen wird und sehen wir Dinge zu oft und stumpfen ab? Das sind die Fragen, die die 23-Jährige beschäftigen. Sie erschrickt über die hohe Zahl von Menschen, die Opfer häuslicher Gewalt werden: „Die meisten von uns wachsen in behüteten Verhältnissen auf. Menschen, denen so etwas widerfährt, verdienen einen Platz im Rahmen des Projekts.“
Fündig wird sie direkt vor ihrer Haustüre. Dort trennt eine Mauer die enge Nebenstraße von der Polizeidienststelle Würzburg-Stadt. „Die Polizei verbinde ich mit der Würde des Menschen und der Freiheit des Einzelnen“, sagt sie. Die Mauer hingegen zieht eine Grenze. „Man läuft an einem Problem vorbei, macht die Augen zu und sieht es nicht mehr“, so die 23-Jährige über die Symbolik. Diese unscheinbare Mauer sieht sie auch im Alltag. „Was spielt sich nebenan eigentlich ab?“, fragt sie. Skala fotografiert die Mauer, am Computer legt sie mehrere Ebenen übereinander. Mit farblichen Lichtverläufen will sie das „Wegschauen“ signalisieren.
Die Geschichte lässt ihn nicht los
Der 22-jährige Maroschek hat sich hingegen an einem ganz konkreten Fall orientiert: In seiner Recherche ist er über das Stolperstein-Verzeichnis auf Heinrich Fuchs gestoßen. „Er war Schlosser, hatte aber psychische Probleme, weshalb er in verschiedenen Pflegeanstalten war“, sagt er. „1941 wurde er abgeholt und ermordet.“ Die Geschichte lässt den Studenten nicht mehr los. Bei seiner Recherche stößt er auf Krankenakten aus der NS-Zeit und findet seitenweise Tabellen mit Namen. „Das grafische Element der Tabelle hat eine hohe Aussagekraft über Norm und Bürokratie“, so Maroschek.
Sein Foto macht er schließlich am damaligen Wohnort von Fuchs am Ingolstadter Hof – wo bis vor kurzem noch ein Gebäude der Sparkasse Mainfranken stand. Auf der Baustelle legt er Blätter mit aufgedruckten leeren Tabellen ab und wartet für sein Foto darauf, dass sie der Wind durch die Luft wirbelt. Das entstandene Bild kombiniert er schließlich noch mit einer leeren Tabelle und bemalt es mit schwarzer Farbe.
Was ist heute normal?
Die genaue Bedeutung seines Werks will Maroschek gar nicht erklären. „Das Ende seines Lebens war nicht die Folge seiner Krankheit, sondern das Ergebnis einer krankhaften und für uns heute verdrehten Gesellschaft“, sagt er über das Thema. Was ist heute normal? Wie gesund sind wir als Gesellschaft? Fragen, die Maroscheck beim pics4peace-Projekt stellt.
Die beiden FH-Studenten sind neugierig auf die Ausstellungseröffnung – und fragen sich, wie ihre Bilder wirken werden. „Die ganze Zeit hat man sie ja nur am Bildschirm gesehen“, so Skala. Die Studenten finden es wichtig, dass es eine Aktion wie pics4peace gibt und sind gespannt, wie sie ankommt.
„Viele junge Menschen sind nicht uninteressiert an Politik sondern haben Respekt vor den großen Zusammenhängen und Angst, etwas falsch zu machen“, mutmaßt Maroscheck. Beide hoffen, dass das Projekt Jugendliche dazu animiert sich zu äußern – schließlich habe dabei jeder auf seine ganz eigene Art und Weise die Chance das kreativ zu tun.