„Mein Rückruf dauerte höchstens zwei Minuten“, beschwerte sich Anni Siedler. Sie wollte eigentlich nur mitteilen, dass ihr Ehemann gestorben sei und man ihm den Gewinn gar nicht mehr auszahlen könne. Unter der Rufnummer 0900-3001809 war jedoch nur eine Tonbandansage zu hören, deshalb legte sie nach kurzer Zeit wieder auf. Außerdem schickte sie einen Brief an die angegebene Adresse und versuchte, den Irrtum aufzuklären.
Damit war die Sache aber nicht erledigt. Es kamen weiterhin wöchentlich mehrere Briefe an ihren Ehemann. Darin waren persönliche Gewinn-Nummern aufgeführt, die „garantierte“ Preise zwischen 5000 und 50 000 Euro versprachen. Beigelegt waren Fotos von strahlenden Gewinnern. Innerhalb von 48 Stunden sollte man zurückrufen, um sich den Preis zu sichern. Absender war ein Friedrich Müller, Postfach 333 in Wien. „Ich habe diese Schreiben nicht mehr beachtet“, erzählte Anni Siedler.
Ihren Augen traute die 69-Jährige nicht, als sie ihre Telefonrechnung im Januar erhielt. Für ihren zweiminütigen Rückruf sollte sie 68,77 Euro bezahlen. Als sie diesen Betrag nicht überwies, kam am 10. Januar eine Mahnung von der Nexnet GmbH aus Berlin in Höhe von 70,77 Euro. „Ich fühle mich betrogen“, sagte Anni Siedler.
Daraufhin wandte sie sich an die Verbraucherzentrale, die für sie schriftlich Widerspruch einlegte. In dem Brief sei auch ein „technisches Prüfprotokoll“ angefordert worden. Seitdem hat Anni Siedler keine weitere Zahlungsaufforderung bekommen.
Die Anrufe hörten aber nicht auf. Fast täglich klingelt es bei ihr und das Tonband verkündet, dass ihr Mann ein glücklicher Gewinner sei. „Einmal hieß es sogar, dass aufgrund des Bahnstreiks der Preis per Hubschrauber eingeflogen würde“, erinnerte sich die 69-Jährige. „Bei jedem Anruf werde ich nervös“, meinte sie. Mittlerweile hört sie sich die Versprechen nicht mehr lang an, sondern legt schnell auf.
Nur selten würden wegen Gewinnbenachrichtigungen Anzeigen erstattet, informierte Wolfgang Glücker, Pressesprecher der Würzburger Polizei. Seine Recherchen ergaben, dass vor fünf Jahren sowie im Jahr 2007 jeweils ein Fall bei der Polizei gemeldet wurde. „Es ist schwierig, einen Betrug nachzuweisen“, erklärte er, wenn die Firma die für den Rückruf anfallenden Telefonkosten aufgeführt habe. Dass es sich dabei um „Abzocker-Telefonnummern“ handele, sei den meisten Bürgern klar. „Aber ältere Leute erkennen das in der Regel nicht.“ Glücker empfiehlt, solche Benachrichtigungen „sofort wegzuwerfen“.
Im Brennpunkt
Verhaltensregeln
Ein Informationsblatt der Polizei gibt Tipps zum Umgang mit Gewinnbenachrichtigungen: Briefe von unbekannten Firmen mit angeblich hohen Gewinn-Ankündigungen und der Aufforderung, umgehend eine teure Telefonnummer zu wählen, sind unseriös. Schonen Sie Ihre Nerven und Ihre Telefonrechnung. Finger weg vom Telefon!
Lesen Sie das Kleingedruckte genau durch und überlegen Sie kritisch, ob nicht von vornherein Tricks vorhanden sind, die den angekündigten Gewinn so reduzieren können, dass er nicht zur Auszahlung gelangt.
Behandeln Sie diese Briefe als Werbung und werfen Sie sie am besten sofort weg.
Geben Sie niemals Geld aus, um einen vermeintlichen Gewinn abzufordern - auch keine Telefonkosten.
Sind Sie bereits Opfer geworden, wenden Sie sich bei Verdacht eines Betruges oder einer sonstigen Straftat an die Polizei und/oder die Verbraucherzentrale.