Wer würde da nicht gerne zugreifen? Auf einem Silberteller steht ein mit Weißwein gefüllter Römer bereit. In seinem Glas bricht sich das Licht. Daneben liegt eine frisch aufgeschnittene Zitrone, die nur darauf zu warten scheint, dass man sie zum Verfeinern eines Gerichts verwendet. Das Festmahl scheint vorbereitet. Doch es herrscht Stille, leblose Stille, Totenstille. Beinahe beiläufig hat der niederländische Maler Pieter Claesz 1640 in seinem „Stillleben mit Römer“ das Lebensgefühl des Barocks auf der Leinwand eingefangen: Alles ist nur Lug und Trug, so wie das ganze Leben.
Für die Kunstgeschichtsstudentin Maria Schabel steht jedoch nicht die Vergänglichkeitssymbolik, sondern das „altmeisterliche Können“ des niederländischen Malers aus der Blütezeit der Stilllebenmalerei im Vordergrund: „Es ist sogar zu erkennen, dass es sich bei dem Römer um ein ,Spessart-Glas' handelt, das bis nach Holland exportiert wurde“, schwärmt sie. Mit neun Kommilitonen hat sie seit Oktober in regelmäßigen Treffen den Bestand von insgesamt 40 Stillleben, die in der Galerie und dem Depot des Martin-von-Wagner-Museums der Uni in der Residenz aufbewahrt werden, erfasst und beschrieben.
Eine Auswahl der Bilder ist vom 5. Juli bis 7. Oktober in einer Sonderausstellung zu sehen. Außerdem erarbeiten die Studenten derzeit einen neuen, hochwertigen Katalog sowie eine Netzseite, auf der alle Bilder online abrufbar sind. Bis dahin müssen sich Besucher und Forscher mit einem, so Seminarleiter Dr. Meinolf Siemer, „vorsintflutlichen“ Katalog mit Schwarz-Weiß-Reproduktionen in „Briefmarkengröße“ zufrieden geben. Aber auch die alte, vor 30 Jahren gehängte Ausstellung hat kaum mehr zu bieten als den Namen des Künstlers und den Titel des Werks.
Für den Kunsthistoriker ist dies einer der Gründe, dass die Galerie mit 570 Gemälden weder in Öffentlichkeit noch Wissenschaft bekannt ist. Dabei hält er sie für eines der wichtigsten Museen für alte Kunst „zwischen Frankfurter Städel und Alter Pinakothek“. Viele der aus den privaten Sammlungen Würzburger Professoren stammenden Arbeiten seien „absolute Meisterwerke“.