Als es um die Zukunft der „Jet“ in der Rottendorfer Straße ging, lief dann doch alles ein wenig anders, berichtete die langjährige Pächterin Gerda Rausch. Dass etwas getan werden musste, war allen Beteiligten klar. Rein äußerlich hatte die Tankstelle das Ambiente der 50er Jahre und war schon fast nostalgisch zu nennen. Ansonsten war auf engstem Raum alles rein gepackt, was man sich nur vorstellen kann. Tanken, eine kleine Werkstatt, ein Getränkemarkt, ein Mini-Markt. Ein echter kleiner Nahversorger.
Die Geschäfte können nicht schlecht gelaufen sein, weil sich sogar ein Vertreter der Hamburger „Jet“-Zentrale nach Würzburg aufmachte . Die Entscheidung war bald gefallen. Man wollte an diesem traditionsreichen Standort am Rande des Stadtkerns bleiben und investieren, auch wenn die räumlichen Verhältnisse sehr beengt sind. Denn was hier bereits vorhanden war, passte in ein modernes „Jet“-Konzept. Das sieht eben Tanken und Nahversorgung im Bereich von Grundnahrungsmitteln und Getränken vor.
Seit über 30 Jahren führen Gerda und Rudolf Rausch nun schon die Tankstelle an der Rottendorfer Straße. Das ist genau die Zeit, in der sich die Tankstellen grundlegend verändert haben. Ehe sie in Würzburg selbstständig wurden, waren beide an der Autobahn-Tankstelle Haidt beschäftigt, Rudolf Rausch als gelernter Tankwart. Die Tankstelle an der Rottendorfer Straße war damals ausschließlich auf die Bedürfnisse des Autos fixiert. Neben verschiedenem Motorenöl und etwas Zubehör gab es auf einem Schreibtisch mit der Kasse, dem einzigen Mobiliar übrigens, gerade einmal ein Paar Kaugummis und etwas Schokolade.
1985 kam dann das erste Regal mit Zigaretten, im Jahr 1990, als die Benzinpreise in D-Mark so hoch waren wie heute in Euro, kamen dann Zeitschriften und weitere Süßigkeiten dazu. Dann wurde das Sortiment ständig größer, erinnert sich Gerda Rausch, es kamen schließlich Grundnahrungsmittel und ein Getränkemarkt hinzu. Das ganze hatte schon Flair, entsprach zuletzt aber doch nicht mehr heutigen Standards, vor allem für den Verkauf von Lebensmitteln.
Die neue Ausrichtung mit dem künftigen „Spar-Express-Markt“ auf 83 Quadratmetern Verkaufsfläche ist nach Meinung von Gerda Rausch, ganz abgesehen vom großen Vorteil der Nahversorgung täglich von 7 bis 23 Uhr, für die Tankstellenbetreiber dringend notwendig. Zumindest für die Pächter, die bei den Benzinpreisen ihre klaren Vorgaben haben, reicht der Tankbetrieb allein nicht mehr zum Überleben.
Sicher ist für Gerda Rausch, dass beim Benzinverkauf keine Steigerung mehr möglich ist. Bis auf die Ausnahmen der heute modischen Geländewagen schlucken die Autos heute keine 15 oder 20 Liter mehr wie früher. Seit Jahren brauchen die Autos immer weniger Sprit. Die Provision für Benzinverkauf war früher die Haupteinnahmequelle der Pächter.
Nun wird zum Leidwesen von Rudolf Rausch allerdings auch die Werkstatt aufgegeben, weil sie nicht ins moderne Konzept passt. Echte Reparaturen an den hoch elektronisierten Autos waren aber ohnehin kaum noch möglich.
Im Zuge des aktuellen Neubaus hat sich Gerda Rausch auch ein wenig um die Geschichte der Tankstelle an der Rottendorfer Straße gekümmert. Demnach handelt es sich hier um eine der ältesten, wenn nicht die älteste Tankstelle Würzburgs. Sie hatte schon Anfang der 20-er Jahre bestanden, als noch mit der Hand Gemische aus kleinen Säulen gepumpt wurden. Oft stammten die Zutaten sogar aus Apotheken, brachte sie in Erfahrung.
Während der NS-Zeit war hier eine sehr belebte Ausfallstraße in Richtung Flugplatz und Kaserne. Da gab es sogar noch eine zweite Tankstelle gegenüber, die bei einem schweren Unfall zerstört wurde, als ein Lkw in die Zapfanlage fuhr und diese zum Explodieren brachte. Im Krieg wurde der ganze Bereich völlig zerstört.