Mit einem anrührenden Stück und beeindruckenden schauspielerischen Leistungen des Ensembles, besonders der beiden Hauptdarsteller, verabschiedete das Würzburger Theater Chambinzky das alte Jahr: „The King?s Speech“, von Autor David Seidler nach wahren Begebenheiten geschrieben, feierte einen in Nummer eins der Silvester-Doppelpremieren kurz und heftig umjubelten Erfolg. Ein Abend, der die tragischen Seiten des Schauspiels gekonnt herausarbeitet, der witzig ist ohne ins Seichte abzugleiten.
Gleich die erste der vielen Kurzszenen zeigt einen zutiefst verunsicherten Mann, der für die sich durch das Massenmedium Radio wandelnden royalen Aufgaben nicht geschaffen ist. Thorsten Rock in der anspruchsvollsten Rolle des Abends gibt Herzog Albert, den zweitgeborenen Sohn des englischen Königs Georg V. und späteren König wider Willen, als den – auf den ersten Blick – personifizierten Schwächling. Sanftes Auftreten, hochgezogene Schultern, ängstlicher Blick, sachte Stimme, gehandicapt durch Stottern, das ihn seit seiner alles anderen als „Bilderbuchkindheit“ begleitet.
Er ist ein toller Kämpfer, ringt um Worte, Sätze, Luft, mit seinem eigenen Verhalten. Doch der von seiner Umgebung boshaft als B-B-Bertie verspottete Herzog, über den der Hofstaat lästert, weil er nicht einmal „Fish and Chips“ fehlerfrei bestellen könnte, ist nicht nur das Gegenteil seines leichtlebigen Schürzenjäger-Bruders David (Horst Fuchs).
Er ist auch pflichtbewusst und hat mit Elizabeth (Mo Marten) eine nach außen kühl-distanzierte, ihm gegenüber aber warmherzige Frau an seiner Seite. Sie hält zu ihm und bringt ihn dazu, die Hilfe des australischen Sprachtherapeuten Lionel Logue (mit Norbert Straub trefflich besetzt) anzunehmen. Langsam, ruckelnd, mit zeitlichen Unterbrechungen nähern sich die beiden ungleichen Männer einander an.
Auf der einen Seite der Royal, der, wie er selbst er- und bekennt, „aus Angst“ immer wieder „Zuflucht in königliches Verhalten“ sucht, auf der anderen der trotz seines Misserfolgs als Schauspieler stets selbstbewusst-charmante, auf Augenhöhe mit seinem Klienten agierende Therapeut mit den unkonventionellen, letztlich aber erfolgreichen Methoden.
Die setzt Regisseurin Martina Esser köstlich um, etwa wenn Elizabeth als Therapiehilfe agierend auf dem Bauch ihres Mannes sitzt, wenn Bertie fluchend, singend oder tanzend das stotterfreie Reden übt, wenn Logue sich bei der Probe zur Krönungszeremonie in den Thron setzt und auch eine Kontroverse mit dem politisch ambitionierten, intriganten Erzbischof von Canterbury (Oskar Vogel) nicht scheut.
Kurze Szenen zeigen immer wieder auch die historisch-politischen Dimensionen um die Krönungsgeschichte: die eingespielte Hitler-Rede als Kontrast zum Stotterer, die Gespräche zwischen der von Winston Churchill (Joachim Vogt) und Premierminister Stanley Baldwin (Oscar Vogel) vertretenen politischen und der klerikalen Elite. In die Doppelrolle als Lyonels Frau Myrtle, die mit ihrem Mann in die Heimat Australien zurückkehren möchte, und Wallis Simpson schlupft Sabine Lazarus.
Erwähnenswert ist auch das dreigeteilte Bühnenbild (Entwurf: Martina Esser), das königlichen und öffentlichen Raum sowie Logues Wohnung zeigt.
Nächste Vorstellungen von „The King?s Speech“ im Theater Chambinzky: 2., 3,. 6., 7., 8., 9., 10. Januar. Karten unter Tel. (09 31) 5 12 12.