Alles neu in Thüngersheim: In nur zehn Monaten ist es Geschäftsführer Wendelin Grass zusammen mit dem Vorstandsvorsitzenden Ulrich Lutz gelungen, die wirtschaftlich angeschlagene Winzergenossenschaft total umzukrempeln. Augenfälligstes Zeichen ist der neue Name.
Künftig firmiert die Genossenschaft als Consilium Thüngersheim, was zu deutsch soviel heißt wie Versammlung. Die Etiketten und Verschlüsse der Bocksbeutel und Flaschen, die ein Herxheimer Designbüro entworfen hat, wirken edel, haben nichts mehr gemein mit dem bisherigen, recht angestaubten Image der Winzergenossenschaft, sagte Grass. Mit dem neuen Erscheinungsbild ging auch eine Straffung des Weinsortiments einher.
Hatten die Thüngersheimer bisher 180 bis 200 verschiedene Lagen im Angebot, künftig werden es nur noch um die 60 sein, erläuterte Grass bei einer Pressekonferenz in der Genossenschaft. Man verzichtete dabei auf Einzellagen wie Johannisberg, Scharlachberg, Benediktusberg oder Himmelstadter Kelter. Neuer Schwerpunkt im Angebot wird die Lage Thüngersheimer Ravensburg, so Grass. Mit 60 Lagenweinen wollen sich die Thüngersheimer übersichtlicher im Handel präsentieren.
Um Kosten zu sparen, lassen die Thüngersheimer künftig ihre Weine bei der Genossenschaft in Nordheim abfüllen. Nur der Ausbau des Weins erfolgt weiter im Thüngersheimer Keller. Gespart hat Grass auch bei den Mitarbeitern. Von einst 28 werden 17 Beschäftigte bleiben. Mit diesen Maßnahmen konnte Grass die Wirtschaftlichkeit der Genossenschaft steigern.
Ferner ist es den Thüngersheimern gelungen am Markt höhere Preise für ihren Wein zu erzielen (plus acht Prozent). Vorstandsvorsitzender Lutz meint dazu, „dass Preiserhöhungen auch im nächsten Geschäftsjahr unumgänglich sein werden“. Für eine höhere Wertschöpfung will die Genossenschaft den Direktverkauf steigern. Der soll künftig ein Drittel des Umsatzes bringen. „Dafür wird sich die Genossenschaft Partner suchen“, sagte Grass. Das meiste vermarkten die Thüngersheimer noch im Lebensmitteleinzel- und Fachhandel.
Hart durchgreifen will der Vorstand, damit die Mitglieder ihr Traubengut komplett abliefern. Zur ausreichenden Versorgung wird die Genossenschaft in diesem Herbst die Satzungsstrafe bei Nichtablieferung von Mitgliedsflächen empfindlich erhöhen. Auf einer außerordentlichen Generalversammlung im Juli wurde beschlossen, Verstöße mit bis zu 4500 Euro pro Hektar zu ahnden. Ablieferungspflicht besteht für alle Mitglieder auch für die, die bereits gekündigt haben.
Die Thüngersheimer rechnen wie viele andere fränkische Weingüter mit Ertragseinbußen durch die späten Fröste. Ferner hat es vor wenigen Wochen in den Thüngersheimer Weinbergen gehagelt.
Von der wiedergefundenen Wirtschaftlichkeit sollen, so Grass, auch die Mitglieder profitieren. Derzeit werden beim Traubengeld im Schnitt 85 Euro pro Hektoliter gezahlt. Der Geschäftsführer will diesen Betrag für die nächsten Jahre auf 100 Euro anheben. Aktuell hat die Genossenschaft 234 Mitglieder mit 189 Hektar Rebflächen. Langfristig rechnet Grass damit, dass die Thüngersheimer Genossenschaft auf 140 bis 150 Hektar Rebflächen schrumpfen wird. „Wir werden dennoch um jedes Mitglied kämpfen“, kündigte Grass an.
Im Weinjahr 2009/2010 (September einschließlich August) konnte die Genossenschaft einen Umsatz von 4,9 Millionen Euro erzielen. Dieses Ergebnis strebt Grass auch für das Geschäftsjahr 2010/2011 an.
Bio-Wein Terra Consilium
Am Markt behauptet: Was nur wenige wissen, die Winzergenossenschaft Thüngersheim, die jetzt unter dem Namen Consilium firmiert, gehört in Franken auch zu den Pionieren des ökologischen Weinanbaues. Drei Winzer produzieren seit 2005 nach den Regeln von Bioland. Dafür haben sie eine Fläche von zehn Hektar. Ihr Ansprechpartner in der Genossenschaft ist das Vorstandsmitglied Alfred Schwab. Der Bio-Wein macht fünf Prozent am Umsatz der Genossenschaft aus. Die Thüngersheimer Bio-Weine werden als Vollsortiment geführt vom einfachen Schoppen bis zur Auslese. Schwab spricht „von Terroir geprägten Weinen“. Bei internationalen Vergleichen behaupten sich die Bio-Weine in der Spitzenklasse, freut sich Schwab. Exportiert wird der Thüngersheimer Bio-Wein bis nach Japan. Künftig wird die Bio-Schiene als Terra Consilium vermarktet (bisher Terra Thu).