Wer hat nicht schon einmal blau gemacht oder die Sau rausgelassen? Und am nächsten Tag lieber einen Zahn zugelegt, damit ihm die Felle nicht davonschwimmen? Hilfreich war dabei bestimmt der rote Faden, mit dem man alles im Griff behält.
Redewendungen wie diese sind Teil unseres täglichen Sprachgebrauchs. Wir verwenden sie, ohne darüber nachzudenken. Die beiden Autorinnen Eva-Maria Bast und Heike Thissen haben genau das getan: nachgedacht und recherchiert, was diese Redewendungen eigentlich bedeuten. Dabei haben sie auch in Würzburg Erleuchtung gefunden.
Für Redewendungen in ganz Deutschland unterwegs
Zusammen mit vielen heimat- und sprachbegeisterten Menschen aus Städten in ganz Deutschland haben sich die preisgekrönten Journalistinnen auf die Suche nach dem Ursprung von 50 Redewendungen gemacht und dabei so manche Kuriosität aufgetan. Das Buch stammt aus der Reihe „Geheimnisse der Heimat“, in der im Jahr 2014 auch der Band „Würzburger Geheimnisse – 50 spannende Geschichten aus der Main-Metropole“ erschienen ist.
Zusammen mit dem Heimatkenner Dirk Eujen erklären sie zum Beispiel am Zeller Tor in Würzburg, was es mit dem Begriff „Torschlusspanik haben“ auf sich hat. Die bekommen – so will es der Volksmund inzwischen – vor allem Frauen Ende 30, die noch immer nicht in den Hafen der Ehe eingelaufen sind. Denn in der Tat wird der Begriff vor allem im Hinblick auf den Wunsch, den passenden Partner zu finden, angewandt.
Wobei eine namhafte Internetseite für Partnersuche schreibt: „Früher bezeichnete Torschlusspanik eher die Angst, keinen Mann mehr abzukriegen. Inzwischen steht der Kinderwunsch im Vordergrund. Denn obwohl eine späte Mutterschaft für Frauen immer normaler wird, irgendwann wird es knapp, denn das Alter schreitet unerbittlich fort.“
Torschlusspanik an der Stadtmauer
Der Ursprung der Redewendung hat allerdings weder etwas mit dem Alter zu tun noch mit dem Wunsch, einen Partner zu finden – sondern schlichtweg mit der Notwendigkeit, nach Hause zu kommen. „Die mittelalterlichen Städte waren alle von dicken Mauern umgeben“, erzählt der stadtkundige Würzburger Dirk Eujen. „Wenn die Dunkelheit anbrach, wurden die Tore geschlossen, schließlich sollten sie die Stadt in der Nacht vor unliebsamen Besuchern schützen. Das war der sogenannte Torschluss.“
Draußen vor der Stadt bleiben zu müssen, mag sich ähnlich angefühlt haben, wie die Gefahr, keinen Partner mehr abzubekommen oder zu alt für ein Kind zu sein. „Insofern passt der Vergleich ja schon“, sagt Dirk Eujen, der sich persönlich um Torschlusspanik keine Gedanken machen muss. Mit seiner Frau Sabine ist er seit Jahrzehnten glücklich verheiratet, zur Familie gehören Tochter und eine Enkelschar. Die beiden leben nahe der wehrhaften Würzburger Stadtbefestigung.
„Es war früher extrem wichtig, bei Anbruch der Dunkelheit zu Hause zu sein“, sagt Eujen. Und das nicht nur, weil man, anders als heute, keine Möglichkeit hatte, sich in ein Hotel einzumieten. Nein, vor den Toren war die Gefahr ausgesprochen groß, Opfer von Wegelagerern oder streunenden Tieren zu werden. Kein Wunder, dass Torschlusspanik bekam, wer spät dran war.
Schlupfloch für Zuspätgekommene
Meistens gab es allerdings eine Möglichkeit für die Zuspätkommenden, noch in die Stadt hinein zu kommen – so auch in Würzburg. Dirk Eujen zeigt das Schlupfloch am Original erhaltenen Zeller Tor, in das eine kleinere Tür eingebaut ist. „Sehen Sie, hier konnten diejenigen eingelassen werden, die zu spät kamen. Sie mussten dann aber eine Gebühr bezahlen“, wird er in dem entsprechenden Beitrag in „Geheimnisse der Redewendungen“ zitiert.
Das Buch „Geheimnisse der Redewendungen – 50 spannende Erklärungen, warum wir sagen, was wir sagen“ hat knapp 200 Seiten, ist durchgehend bebildert und kostet 14,90 Euro. Erhältlich ist das Buch im Buchhandel, unter Tel. (0 75 51) 6 33 20 oder über die Homepage der Autorinnen: www.bast-medien.de