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Würzburg/München: Unterkunftskosten: Drohen Nachzahlungen für Flüchtlinge?

Würzburg/München

Unterkunftskosten: Drohen Nachzahlungen für Flüchtlinge?

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    In vielen Gemeinschaftsunterkünften leben bereits anerkannte Flüchtlinge, die sonst keine Wohnung finden. Das Bild zeigt die Gemeinschaftsunterkunft an Sommerberg in Lohr im Landkreis Main-Spessart.
    In vielen Gemeinschaftsunterkünften leben bereits anerkannte Flüchtlinge, die sonst keine Wohnung finden. Das Bild zeigt die Gemeinschaftsunterkunft an Sommerberg in Lohr im Landkreis Main-Spessart. Foto: Roland Pleier

    In Bayern müssen anerkannte Asylbewerber und Flüchtlinge mit eigenem Einkommen, die in öffentlichen Einrichtungen wohnen, derzeit keine Gebühren für die Unterbringung zahlen – das ist die Folge eines Gerichtsurteils von 2018. Doch schon bald soll sich die rechtliche Lage ändern.

    Das bayerische Innenministerium hat eine Änderung der Asyldurchführungsverordnung (kurz: DVAsyl) auf den Weg gebracht, die voraussichtlich im Herbst in Kraft treten soll. Das teilte Martin Scholtysik, ein Sprecher des Ministeriums, dem evangelischen Pressedienst mit.

    Höhe der Gebühren sei willkürlich gewesen

    Am 16. Mai 2018 stoppte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Praxis der Staatsregierung, anerkannte Flüchtlinge, die noch in einer Gemeinschaftsunterkunft wohnen, zur Kasse zu bitten. Die habe von den Bewohnern ohne ordentliche und vor allem transparente Kalkulation Gebühren für die Unterbringung kassiert, heißt es im Urteil. Grundlage der Berechnung waren die Durchschnittsmieten, die Hartz-IV-Empfänger in Bayern zahlen müssen. Doch Asylunterkünfte und Privatwohnungen können im Hinblick auf Ausstattung und Standard nicht verglichen werden, hieß es in dem Beschluss. Die Zahlungen seien "ins Blaue hinein" festgelegt worden.

    Ein Alleinstehender musste bis dahin für die Unterkunft 276 Euro zahlen, für Nebenkosten an Verpflegung und Haushaltsenergie berechnete das Ministerium weitere 170 Euro. Zusammen waren das 446 Euro im Monat für ein Bett in einem Zweierzimmer ohne eigenes Bad und Küche. Zahlen mussten die Gebühren alle anerkannten Asylbewerber, die noch in einer Gemeinschaftsunterkunft wohnen, sowie alle Flüchtlinge, die mit ihrem Job mehr als 177 Euro im Monat verdienten.

    Auch Nachzahlungen sind möglich

    Die Richter erhoben keine grundsätzlichen Einwände gegen die umstrittenen, weil vielerorts als deutlich zu hoch empfundenen Gebühren. Sie forderten aber solide Nachweise für die tatsächlich anfallenden Kosten in den Kommunen sowie eine sozialverträgliche Gebührenstaffelung.

    "Nach dem Entwurf für die neue Regelung werden zukünftig landesweit einheitliche Unterkunftsgebühren gelten. Ausgangspunkt sind hierbei die für die Unterbringung tatsächlich entstandenen Kosten", erläuterte Sprecher Scholtysik. Auf die so ermittelte volle Benutzungsgebühr werde bei der Gebührenfestsetzung dann in jedem Fall ein Sozialabschlag vorgenommen. Anschließend würden weitere Abschläge für Haushaltsangehörige und je Zimmerkategorie vorgenommen.

    Kritik vom Flüchtlingsrat

    Mit Spannung werden die Pläne der Staatsregierung erwartet, wie mit den entfallenen Einnahmen umgegangen werden soll. "Der Entwurf enthält eine Übergangsregelung für die Vergangenheit. Es können demnach auch für zurückliegende Zeiträume Gebühren erhoben werden", betonte der Sprecher. Wenn die Schuldner jedoch Hartz IV oder Sozialhilfe bezögen, würden diese Kosten vom Jobcenter oder Sozialamt erstattet. "Auch bei sonstiger finanzieller Überforderung sollten in aller Regel die Voraussetzungen dafür vorliegen, dass die entsprechenden Gebühren vom Jobcenter oder Sozialamt erstattet werden können."

    Der Bayerische Flüchtlingsrat kritisiert, dass die Regierung nun rückwirkend seit Anfang 2016 Gebühren erheben wolle. Das bedeute, dass Tausende Bescheide verschickt werden müssen und Tausende Menschen zu Ämtern laufen, um die Kostenübernahme zu beantragen, sagte Flüchtlingsrat-Sprecher Alexander Thal. Dadurch werde ein totales Chaos entstehen. Deshalb sollte die Regierung auf die rückwirkende Gebührenerhebung verzichten.

    Knapp ein Viertel der Asylbewerber in Unterfranken "Fehlbeleger"

    In Unterfranken wohnen derzeit rund 5500 Asylbewerber in staatlichen Unterkünften. Laut der Regierung von Unterfranken zählt dazu das Anker-Zentrum in Geldersheim (Lkr. Schweinfurt), in dem 652 Menschen leben (Stand Ende Juli 2019). Der Rest wohnt in 42 Gemeinschaftsunterkünften, die über alle Landkreise verteilt sind. Außerdem gibt es sogenannte dezentrale Unterkünfte, also Wohnungen, die von den Landkreisen vermittelt werden. Im Landkreis Würzburg gibt es davon zum Beispiel 26 Unterkünfte mit rund 400 Bewohnern, im Landkreis Main-Spessart 50.

    Für die geplante Neuregelung der Unterkunftskosten ist die Zahl der "Fehlbeleger" interessant. Damit sind Flüchtlinge gemeint, die bereits anerkannt sind, jedoch noch in einer staatlichen Unterkunft wohnen. Denn viele Flüchtlinge finden auf dem regulären Markt keine Wohnung und dürfen dann in der staatlichen Gemeinschaftsunterkunft bleiben.

    1591 Fehlbeleger gibt es in Unterfranken laut der Regierung zurzeit. Wie viele über ein eigenes Einkommen verfügen und damit für die Unterkunft zahlen müssten, ist jedoch nicht bekannt. Auch zu den Auswirkungen der neuen Regelung will sich die Regierung erst äußern, wenn sie in Kraft getreten ist.

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